Neurotransmitter, kurzkettige Fettsäuren – ohne die Stoffwechselprodukte unserer physiologischen Darmbakterien würden wir ziemlich alt aussehen. Vielleicht liegt es an meiner Hochachtung vor unseren mikrobiellen Mitbewohnern, dass ich hier auf ein ganz besonderes, bisher unentdecktes Talent von Kolibakterien eingehen möchte.
Sie sind es von mir gewohnt, dass ich in den höchsten Tönen von der Leistungsfähigkeit unserer Darmbakterien schwärme, natürlich stets im Kontext ihrer Funktion in unserem Körper. Jetzt aber kam ich doch ins Staunen, als ich im Ärzteblatt auf die Meldung stieß: „Kolibakterien können Abbauprodukte von PET-Flaschen in den Wirkstoff Paracetamol umwandeln“.*
Meine Neugier war geweckt, und ich las, dass es einem schottischen Forscher-Team gelungen war, „im Labor nicht-enzymatische Reaktionen und gentechnisch veränderte (Koli)bakterien“ zusammenzubringen. Mit dem verblüffenden Ergebnis, dass diese Bakterien aus der E. coli-Familie aus alten PET-Flaschen innerhalb kürzester Zeit eine medizinisch verwendbare Substanz gewinnen konnten!
Zwar gelang dies nur in einem komplizierten Versuchsaufbau, der die Verknüpfung natürlicher chemischer Reaktionen und synthetischer organischer Chemie vorsah (Details können Sie dem unten verlinkten Artikel entnehmen). Wegweisend ist diese Methode jedoch schon deshalb, weil Paracetamol bislang „aus fossilen Brennstoffen wie etwa Erdöl hergestellt“ wird.
Wie bitte? Ein Medikament, das vornehmlich Kindern ab vier Jahren zur Fiebersenkung verabreicht wird, basiert auf Erdöl – wussten Sie das??
Grund genug für die Forscher, den Nachhaltigkeitsaspekt ihrer Arbeit zu betonen: „Die Integration dieser abiotischen Reaktionen in lebende Systeme bietet eine elegante Lösung für die nachhaltige Synthese vieler industrieller Chemikalien aus erneuerbaren Rohstoffen“, zumal dabei „nahezu keine CO2-Emissionen“ entstehen. Okay, das ist eine gute Nachricht!

Ob es darum geht, ölverschmutzte Gewässer zu säubern oder PET-Flaschen „in wertvolle neue Produkte“ umzuwandeln – wir sollten das Potenzial von Mikroorganismen nicht unterschätzen. Immerhin scheint es ihnen zu gelingen, „effizientere Biosynthesewege für komplexe Verbindungen zu erschließen und damit die Entwicklung nachhaltiger und umweltfreundlicher Bioprozesse voranzutreiben“.
Da sehen wir es wieder: Die Stoffwechselprodukte von Bakterien können wahre Wunder vollbringen, ob in PET-Flaschen oder im menschlichen Körper!
Wohlan, wir dürfen gespannt sein, welche sensationellen Entdeckungen die biokompatible Chemie noch hervorbringen wird. Hauptsache, die Kolibakterien fühlen sich weiter wohl in unserem Darm, wo sie viele gute Dienste leisten – z. B. unser Immunsystem ständig zu unterstützen.
Zugegeben, es gibt auch pathogene Kaliber, die zu heftigen Darmentzündungen führen können. Und außerhalb des Darms sind Kolibakterien überhaupt nicht gern gesehen, zum Beispiel in der Harnblase. Da hilft dann – Sie ahnen es – ein Multispezies-Probiotikum.
Bleiben wir also den Mikroorganismen gewogen, ob sie nun ein Schmerzmittel aus PET-Flaschen produzieren oder unser Immunsystem auf Trab bringen.
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle wörtlichen Zitate entstammen einem Artikel, der im Juni 2025 auf dem Online-Portal des Ärzteblatt veröffentlicht wurde. © fri/aerzteblatt.de
Paracetamol aus PET-Flaschen?
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge