Nicht zum ersten Mal äußere ich an dieser Stelle zarte Kritik an dem unbestreitbaren Siegeszug der Tätowierkunst. Jetzt stolperte ich über einen Bericht, der „Tattoo-bedingte Entzündungen“ und deren mögliche Auswirkungen auf spätere Impfungen thematisiert.
Kleine Nager standen wie so oft auch hier wieder am Anfang der Erkenntnisse. Sie bestätigten, was man längst vermuten konnte: „Die Rußpartikel und Farbpigmente, die beim Tätowieren in die Haut injiziert werden, gelangen laut einer neuen Studie teilweise über die Lymphwege in die regionären Lymphknoten.“ *
Damit beginnt die eigentliche Misere, denn: „Die mit der Erstabwehr beschäftigten Makrophagen sind (soweit es die Beobachtung an Mäusen ergab, Anm. DP) häufig überfordert und sterben ab.“ Auch Fresszellen können halt irgendwann einfach nicht mehr …
„Die folgende Entzündungsreaktion kann über Monate anhalten und möglicherweise die Wirkung von Impfungenbeeinflussen.“ So weit, so schlecht, aber eigentlich auch erwartbar, wenn man sich das Prinzip des „Stechens“ anschaut:
„Jede Tätowierung verfolgt das Ziel, Farbstoffe dauerhaft in der Dermis zu deponieren.“ Der Teufel steckt jedoch im Detail, und auf unerwünschte Nebenwirkungen wird in diesem Gewerbe auch nirgends im Kleingedruckten hingewiesen.
„Schon 10 Minuten nach der Tätowierung von Mäusepfoten“ konnte ein Forscher-Team „die Pigmente in den Lymphknoten der Kniekehle nachweisen, die die erste Drainagestation in den Beinen sind. Später waren die Pigmente auch in den Lymphknoten neben der Wirbelsäule vorhanden.“
Das verheißt nichts Gutes, ist doch die Lymphe ein Teil unserer Immunabwehr. Über den Zusammenhang zwischen Tattoos und malignen Lymphomen (früher hieß es Lymphdrüsenkrebs) habe ich schon einmal berichtet:
Auch in diesem Fall zeigte sich: „Die Pigmente lagerten sich vor allem in den subkapsulären und medullären Regionen der Lymphknoten ab, wo sie auch nach 2 Monaten noch nachweisbar waren.“
Wenn die Fresszellen schlicht überfordert sind
Normalerweise wäre es jetzt die vornehmste Aufgabe für die Makrophagen, mit den Fremdkörpern kurzen Prozess zu machen, aber offenbar empfinden sie die Pigmente als „schwer verdaulich“. Interessant: „Vor allem die roten Pigmente erwiesen sich in den Experimenten als schädlich. Die grünen Pigmente lösten die geringsten Reaktionen aus.“
Kaum tröstlich, wenn man sich den Kollateralschaden unterm Mikroskop anschaut: „Der Untergang der Makrophagen ging mit einer Vergrößerung der Lymphknoten einher, die ein Zeichen für eine Entzündungsreaktion ist. Tatsächlich war nach 240 Stunden ein Anstieg mehrerer Zytokine nachweisbar.“

Der langfristige Prozess zeigte dann jene Ergebnisse, die den Forschern die Hand für das weitere Vorgehen führen sollte: „Nach 2 Monaten waren dann vermehrt B-Zellen, T-Zellen und NK-Zellen nachweisbar als Zeichen, dass die Pigmente auch die erworbene Immunabwehr auf den Plan gerufen hatten.“
Sprich: Hier war plötzlich eine Zellaktivität zu beobachten, wie sie sonst Impfungen vorbehalten ist, die auf eine langfristige Immunität abzielen. Es lag also nahe, zu untersuchen, „ob die Tätowierungen die Reaktion auf eine Impfung gegen COVID-19 und Grippe beeinflussen“ könnten.
Auch wenn die diesbezüglichen Versuche an Mäusen laut den Forschern keine Rückschlüsse auf eine klinisch relevante Reaktion beim Menschen zulassen – gewisse Auffälligkeiten konnten durchaus festgestellt werden. So kam es im Fall der Grippeimpfung zu einer „verstärkten Antikörper-Reaktion“, was die Wissenschaftler vermuten ließ, „dass die Pigmente aus den Tätowierungen als Adjuvans gewirkt haben“.
Schon länger beschäftigt sich die aktuelle Forschung mit dem Zusammenhang von Tätowierungen und der Entstehung von allergischen Reaktionen und Entzündungen im Darm. Im Fokus der Untersuchungen stehen dabei das Reizdarmsyndrom, Colitis Ulcerosa und Morbus Crohn. Wundert uns das? Nein, definitiv nicht. Immerhin haben wir mit den Payer Plaques die größte Ansammlung von Lymphknoten im Darm. Und die größte, immunologische Kompetenz! Aber das wissen Sie ja schon.
Liebe Gemeinde, ich möchte mich nicht als Spaßbremse betätigen, und ich gebe zu, dass ich manches Tattoo durchaus als künstlerisch empfinde, aber: Jede wie auch immer geartete ungute Einwirkung auf unser Immunsystem sollten wir nicht auf die leichte (tätowierte?) Schulter nehmen.
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
Titelbild: © EDSON DE SOUZA NASCIMENTO / shutterstock
Tätowierungen
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.

