Vögel verbauen Zigarettenstummel in ihren Nestern, Hunde und Katzen nutzen Gras als Brechmittel. Doch die Tierwelt hat noch ganz andere Tricks drauf, um sich selbst zu heilen …
Auch Tiere können Schnupfen und Durchfall bekommen, Insekten werden von Parasiten und Pilzen befallen, doch wie wir Menschen eine Apotheke aufzusuchen ist ihnen verwehrt. Dafür haben sie andere Fähigkeiten entwickelt, Krankheiten zu behandeln oder gar vorzubeugen (!), denn:
„Die Heilmittel gibt es in der Natur.“* So beginnt ein sehr erhellender Artikel, den ich kürzlich in der taz entdeckte und der beschrieb, wie sich Tiere bei Krankheiten selbst zu helfen wissen. Wissenschaftler nennen dies Zoopharmakognosie, was sich mit Arzneimittelkunde im Tierreich übersetzen lässt.
Zwar handelt es sich um eine verhältnismäßig junge Wissenschaft, aber schon jetzt gibt es eine Fülle verblüffender Beobachtungen, die einen Forscher der University of Michigan zu der Bemerkung hinriss: „Wenn wir Tiere bei der Futtersuche in der Natur beobachten, müssen wir uns eigentlich fragen, ob sie in den Supermarkt oder in die Apotheke gehen.“
Blätter als „Parasitenbürste“
Besonders von Primaten, die ja zu den engsten Verwandten des Menschen zählen, ist bekannt, dass sie über ein breites Spektrum natürlicher Medikation verfügen: „Bei Durchfall fressen die Menschenaffen mit Borsten und Widerhaken bestückte Blätter. Gut eingespeichelt und unzerkaut wandern diese in den Verdauungstrakt. Lästige Parasiten bleiben an den Blättern hängen und können problemlos ausgeschieden werden.“
Was ich Ihnen bei Durchfall empfehle, können Sie übrigens hier nachlesen:
Und wenn gar nichts mehr flutscht, hilft diese Lektüre:
Tiere im weißen Kittel
Auch bei anderen Erkrankungen sind Primaten – ob Orang-Utans oder Paviane – nicht um ein Rezept verlegen: Bei „Parasitenbefall oder Malaria greifen die Schimpansen zu Pflanzen mit pharmakologischer Wirkung oder vertreiben durch gezielte Fellpflege mit Pflanzenbrei lästige Insekten. Selbst ein präventiver Einsatz der ,Naturheilmittel’ scheint kein Problem zu sein.“
Ein anderer Primatenforscher an der Kyoto University in Japan berichtete von „einer gesteigerten Aufnahme von pflanzlichen Durchfallhemmern während der Regenzeit, in der die Infektionsgefahr besonders groß ist“.
Respekt, kann ich da nur sagen. Das ist schon fast vergleichbar mit dem Rat, den ich meinen Patienten regelmäßig gebe: in der dunklen Jahreszeit vermehrt auf ihren Vitamin-D-Haushalt zu achten!
Friss Staub, Du kranker Vogel!
Von der Selbstmedikation unserer beliebtesten Haustiere war ja schon die Rede: „Mit Gras behandeln Hunde und Katzen Magenverstimmungen, das Grün wirkt wie ein natürliches Brechmittel.“ Exotische Vögel greifen eher zu … tonhaltiger Erde:
„Ein Beispiel dafür sind die Aras im Amazonasgebiet. Die bunten Papageien fressen besonders gern den tonhaltigen Boden der Flussufer. Die Erde neutralisiert das natürliche Gift in vielen Samenpflanzen und erweitert so das Nahrungsspektrum der Vögel.“
Diese Strategie weiß man auch andernorts zu nutzen: Australische Koalas ernähren sich ausschließlich von Eukalyptusblättern, doch darunter finden sich auch teilweise giftige Arten. „Die kleinen Beutelbären wissen normalerweise genau, welche Sorten sie vertragen und welche nicht. Erwischen sie doch einmal einen falschen Stängel, fressen sie Erde, um das Gift zu neutralisieren.“
Wir Menschen nehmen Huminsäuren zu uns, wenn wir Magen-Darmbeschwerden haben oder „entgiften“ wollen, z. B. als OMNi-LOGiC® HUMIN. Natürliche Huminsäuren sind ein wesentlicher Bestandteil von Humusböden, sie kommen überall in der Erde vor. Huminsäuren können Gifststoffe wie Pestizide binden und ausscheiden.
Landschildkröten haben in Jahrmillionen gelernt, aus einem ganz anderen Grund Staub zu fressen: „Sie graben im Boden nach kalziumhaltigen Mineralien, die ihren Panzer stärken.“
So ließen sich noch viele andere Beispiele finden für erfolgreiche Selbstmedikation bei Tieren, die ein vergleichsweise großes Gehirn besitzen. Doch wie sieht es bei Insekten aus?
Von der Natur abgeschaut
Wir Menschen nutzen schon lange Propolis – ein antibakterielles Harz, das von Honigbienen produziert wird. In der Naturmedizin wird es gegen Infektionen der Haut und Atemwege eingesetzt, und bekannt ist halt, dass es unser Immunsystem insgesamtstärkt.
Den Bienen gebührt freilich das Copyright, und sie verwenden Propolis, „um die Eingänge und Brutstätten (…) und damit den Bienenstock vor Krankheitskeimen“ zu schützen.
Selbst manche Ameisenarten befolgen ähnliche Strategien, obwohl man weder Bienen noch Ameisen ein großes Gehirn attestieren kann … Und dann ist da noch der Monarchfalter:
„Der amerikanische Monarchfalter ist sehr gründlich in der Wahl seiner Eiablage. Ist der Schmetterling selbst von Parasiten befallen, legt er seine Eier in Seidenpflanzen. Diese schrecken Parasiten nicht nur ab, sondern hemmen auch ihr Wachstum.“
Dem Alkohol verfallen …
Die Wirkung von Alkohol machen sich Insekten in mehrfacher Hinsicht zu Nutze. Ganz gezielt legen z. B. „Taufliegen ihre Eier gleich in vergorene Früchte, der hohe Alkoholanteil hält Parasiten und räuberische Wespen gleichermaßen fern.“
Andere Forscher konnten nachweisen, dass Alkohol von Insekten sogar als Heilmittel eingesetzt wird! „Die Wissenschaftler stellten fest, dass mit Parasiten infizierte (Wespen-) Larven deutlich höherprozentiges Futter bekamen als gesunde.“ Wie die Wespen an den Alkohol rankamen, wurde allerdings nicht offengelegt …
Während Insekten also diverse Strategien verfolgen, um sich und ihre Brut vor Krankheit und Parasitenbefall zu schützen, dienen sie selbst anderen Tieren als Medikament:
„Kapuzineraffen reiben sich beispielsweise mit dem Gift von Tausendfüßlern ein, um lästige Mücken zu vertreiben. Von über 200 Vogelarten ist bekannt, dass sie Ameisensäure zur Abwehr von Milben und Läusen benutzen. Manche Vögel setzen sich sogar bewusst auf einen Ameisenhaufen, um genug Säure aufzunehmen.“
Dass auch die Naturheilkunde Ameisensäurez. B.als Antirheumatikum beim Menschen nutzt, ist Ihnen vielleicht geläufig, nur wird den Patienten dabei nicht abverlangt, sich auf einen Ameisenhaufen zu setzen.
Die große Frage ist die nach dem Ursprung der Medizin, also wie sich im Laufe der Evolution ein so profundes medizinisches Verständnis bei Tieren entwickeln konnte und „ob das ,medizinische Know-how’ rein genetisch bedingt ist oder auch erlernt und weitergegeben werden kann“.
Ein Lager aus Zigarettenstummeln
Während sich der Einsatz bestimmter Pflanzen und Insekten als Heilmittel – oder auch das Fressen von Erde – bei Tieren über Jahrmillionen ausprägen konnte, lässt sich dies von einem anderen Phänomen nicht behaupten:
„Ein gern gebrachtes Beispiel für kreative Parasitenabwehr in der Vogelwelt ist das Verbauen von Zigarettenstummeln in Nestern. Isabel López-Rull von der Nationaluniversität Unam in Mexiko-Stadt entdeckte in mehr als 50 Nestern von Haussperlingen und Hausgimpeln alte Glimmstängel. Das Ergebnis ihrer Untersuchung: Das darin enthaltene Nikotin schützt vor Federlingen und Milben.“
Dass der Mensch von diesem medizinischen Wissen aus „der Apotheke des Tierreichs“ profitieren kann, steht außer Frage. „So greifen in Tansania Menschen und Tiere seit vielen Jahrhunderten zu den gleichen Heilpflanzen. Die Blätter des Mjonso-Baums und die Äste einer Vernonia-Art wirken gut gegen Durchfall und Fieber. Wer dieses Hausmittelchen zuerst entdeckt hat, ist unbekannt.“
Dem Gewächs Vernonia amygdalina jedenfalls, dessen bitterer Saft von Schimpansen als Mittel gegen Durchfall und von vielen afrikanischen Urvölkern gegen Malaria eingesetzt wird, werden noch ganz andere Kräfte nachgesagt:
Wirkstoffe aus dieser Wunderpflanze – das haben Labortests ergeben – konnten das Wachstum von Tumorzellen bremsen, insbesondere von Brustkrebszellen. Nicht nur deshalb sollte der jungen Wissenschaft der Zoopharmakognosie mehr Beachtung geschenkt werden.
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle wörtlichen Zitate stammen aus einem Artikel auf dem Online-Portal der Tageszeitung „taz“ vom 15. Mai 2023.
Quelle: https://taz.de/Selbstmedikation-bei-Tieren/!5053343/
Medikation Tiere
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.