Titelbild: © LeventeGyori / shutterstock
Wie das „Poly“ im Namen bereits andeutet, befällt die Polyneuropathie nicht nur einen Nerv, sondern immer gleich ganz viele. Das heißt aber nicht, dass sich Betroffene damit abfinden müssten, auch wenn diese Nervenkrankheit derzeit als nicht heilbar gilt.
Letzte Woche erhielt ich einen besorgten Anruf meiner langjährigen Patientin Gisela* (66), die schon seit vielen Jahren an Diabetes Typ 2 leidet und in letzter Zeit immer wieder eine merkwürdige Taubheit und ein Kribbeln in den Händen und Füßen registrieren musste.
Als sie ein paar Tage später in meiner Praxis saß, war sie ganz „durch den Wind“. „Das fühlt sich an, als ob Ameisen an meinen Händen und Füßen rumkrabbeln. Erst dachte ich, ich bilde mir das nur ein“, berichtete sie, „aber als ich immer öfter solche Beschwerden hatte, dachte ich, jetzt muss ich mal etwas tun. Mittlerweile schränken sie mich nämlich auch im Alltag immer mehr ein.“
Klassische Symptome
Dies sind geradezu klassische Symptome einer Polyneuropathie, die bei Diabetes-Patient*Innen leider gar nicht so selten auftreten. Allerdings verläuft der Krankheitsbeginn eher schleichend und fällt den Betroffenen deshalb nicht sofort auf. Und selbst dann werden die neurologischen Beschwerden meistens zunächst als nichtig abgetan und eine Weile ignoriert. Deshalb freute es mich, dass Gisela recht schnell den Weg in meine Praxis gefunden hatte.
Als ich meine Vermutung äußerte, dass es sich bei ihren Beschwerden um Polyneuropathie handeln könne, reagierte Gisela ziemlich geschockt: „Oh Gott, als ob ich mit meiner Diabetes nicht schon genug gestraft wäre! Aber was ist das denn genau, diese Polyneuropathie, und wird das noch schlimmer?“
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Nervenschäden und ihre Folgen
Auf die zweite Frage ging ich nicht gleich ein, sondern erklärte Gisela zunächst, wie sich der Begriff „Polyneuropathie“ herleitet: Das griechische Präfix Poly bedeutet „viel“, Neuropathie = Nervenkrankheit. Es handelt sich also um eine Erkrankung diverser peripherer Nerven, das heißt solcher Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks (mithin des zentralen Nervensystems) liegen.
Betroffen können ganz unterschiedliche Nerven sein – jene besonders sensiblen in der Haut, motorische Nervenfasern zur Steuerung von Muskeln oder solche, die unsere Organe steuern. Als Folge davon leiden Betroffene dann an den typischen Polyneuropathie-Symptomen: Schmerzen, einer ausgesprochenen Berührungsempfindlichkeit, einem anhaltenden „Kribbeln“ oder fortschreitender Taubheit.
Nicht einfach nur „nervig“ …
Diese Empfindungsstörungen sind aber nicht einfach nur – im Wortsinn – „nervig“, sondern bergen auch die Gefahr von z. B. Verbrennungen aufgrund falsch eingeschätzter Temperaturen, Stürzen oder unbemerkt bleibenden Verletzungen.
In Giselas Fall hat offenbar der hohe Gehalt an Blutzucker dazu geführt, dass sich anfallende Abbauprodukte an die Nerven anlagern und deren Funktion stören konnten. Auch die Blutversorgung und damit die Ernährung des Nervengewebes kann besonders bei Diabetiker*Innen gestört sein.
Zum Thema Diabetes Typ 2, an dem Gisela leidet, habe ich bereits ausführlich berichtet:
Diabetes mellitus ist aber nicht der einzige bekannte Auslöser:
Mögliche Auslöser von Polyneuropathie-Symptomen
– Mangel an Vitamin B12
– Autoimmunerkrankungen
– Diabetes mellitus
– Schilddrüsenunterfunktion
– Chronischer Alkoholmissbrauch
– Medikamente einer Chemotherapie
Es ist also durchaus möglich, auch als Nicht-Diabetiker*in an Polyneuropathie zu erkranken. Natürlich muss dann in erster Linie die Ursache gefunden und behandelt werden.
Ist Polyneuropathie heilbar?
„Was kann ich denn gegen diese kaputten Nerven tun? Lassen sich die Schäden überhaupt wieder reparieren?“ insistierte Gisela nun. Nun ja, gegen eine weitere Ausbreitung bzw. Verschlechterung ihrer Polyneuropathie-Symptome ließe sich schon etwas machen, eine vollständige Heilung der Krankheit aber ist bis heute leider nicht möglich. Wichtig ist u. A., auf eine regelmäßige Fußhygiene zu achten, um z. B. Entzündungen als Folge kleiner Verletzungen zu vermeiden.
Gegen die Nervenschmerzen empfahl ich Gisela CBD-Öl, weil es in entsprechender Konzentration das Nerven- und Immunsystem beruhigt. CBD-Öl (Cannabidiol) ist ein Extrakt, der aus den Blüten und Blättern von Hanfpflanzen hergestellt wird. Im Gegensatz zum bekannteren Cannabinoid Tetrahydrocannabinol (THC) wirkt CBD nicht psychoaktiv – man wird also nicht berauscht und auch nicht abhängig, aber … entspannter.
Es verbessert die Stimmung und wirkt gegen Schmerzen und Beschwerden, vor allem gegen chronische, zumindest berichten Patient*innen davon. Das CBD-Öl gibt es in verschiedenen Konzentrationen. Empfindliche Menschen beginnen mit ein paar Tropfen des 5%-igen Öls, Gisela habe ich das 10%-ige empfohlen – mit 3 x 3 Tropfen direkt auf die Zunge.
Gisela war ganz perplex und wollte es sofort ausprobieren. Ich habe ihr geraten, ihre Apotheke nach einem guten Öl zu fragen. Bei einer Verstärkung ihrer Schmerzen würde ich sie allerdings an eine Schmerzpraxis verweisen wollen. Auch eine elektrische Nervenstimulation kann übrigens die Beschwerden lindern.
Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt
Meine Frage, ob sie in der letzten Zeit auch mit Magen-Darm-Beschwerden zu kämpfen gehabt hätte, musste Gisela bestätigen: „Stimmt, ich hatte in den vergangenen Wochen immer mal wieder Durchfall und Verstopfung im Wechsel. Könnte das denn auch ein Symptom dieser Polyneuropathie sein?“
Das ist sogar sehr gut möglich, denn auch die Nerven, die für eine normale Darmbeweglichkeit sorgen, können betroffen sein. Sie gehören zum sogenannten Enterischen Nervensystem und verlaufen in den Wänden der verschiedenen Darmabschnitte. Auch unabhängig vom zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) können so die Darmbeweglichkeit, die Durchblutung und Verdauungsfunktionen gesteuert werden. Natürlich nur, wenn die Nerven auch intakt sind!
„Logisch, dass solche Nervenschäden auch auf die im Darm lebenden Bakterienstämme Auswirkungen haben.“ (DP)
Es wäre völlig unerklärlich, wenn so tiefgreifende Schädigungen des Nervensystems nicht auch Folgen für die Bewohner unseres Darms hätten. Gisela täte also gut daran, diesem Problem mit einer entsprechend angepassten Ernährung entgegenzuwirken. Bei Verstopfung gilt es auf eine reichliche Ballaststoffzufuhr zu achten, weil diese Stoffe sich im Darm mit Flüssigkeit vollsaugen und so zu einer Volumenvergrößerung des Darminhalts führen, was wiederum die Darmmotilität fördert.
Hier kommt endlich das Mikrobiom ins Spiel!
Unser Mikrobiom produziert nämlich kurzkettige Fettsäuren, die besonders bei Entzündungen eine Rolle spielen und auch die Darmschleimhaut stärken. Patient*innen mit Diabetes Typ 2 weisen allerdings oft einen eklatanten Mangel an gerade diesen Bakterientypen auf.
Medizinische Forscher vermuten, dass genau hier ein Ansatzpunkt für eine Therapie der Polyneuropathie-Symptome liegen könnte. Eine Wiederherstellung des Gleichgewichts im Mikrobiom – durch die Einnahme spezieller Multispezies-Pro- und Präbiotika – würde so zu einer Linderung der Beschwerden führen.
Studien** haben gezeigt, dass die Bakterienstämme in OMNi-BiOTiC® HETOX light die Entzündungen, aber auch Stoffwechsel-Parameter wie das Cholesterin positiv beeinflussen können. Sogar die Insulinsensitivität lässt sich mit diesem Multispezies-Probiotikum verbessern. Das ist ein klarer Mehrfachnutzen für Diabetiker*innen wie Gisela.
Wie der Name schon andeutet, unterstützen die Bakterien in OMNi-BiOTiC® HETOX light die Leber beim Entgiften – eine wichtige Voraussetzung für ein gesundes Nervensystem! (Davon profitieren natürlich auch Nicht-Diabetiker*innen.)
Das gilt auch für das schon oft von mir beschriebene Multispezies-Probiotikum OMNi-BiOTiC® SR-9. Es ist, wenn Sie so wollen, mein „Lieblings-Probiotikum“, wenn es darum geht, Entzündungen – auch an Nervenenden – herunterzufahren und die Stimmung zu verbessern. Dieses Mittel setze ich besonders gern beim Reizdarm-Syndrom ein, über das ich mich hier ausführlich ausgelassen habe:
Das Reizdarm-Syndrom ist ja eine Folge des gereizten Nervensystems im Darm, und genau darunter leiden fast alle Polyneuropathie-Patient*innen.
„Bakterienschub“ morgens und abends
Gisela wird nun morgens 1 Sachet OMNi-BiOTiC® SR-9 mit B-Vitaminen (in Wasser aktiviert) einnehmen und am Abend (zur besseren Leber-Regeneration über Nacht) OMNi-BiOTiC® HETOX light – für sie die perfekte Kombination.
Für das Aufforsten der Bakterien, die besonders wichtig für die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren sind, habe ich Gisela das Präbiotikum OMNi-LOGiC® PLUS empfohlen. Die darin enthaltenen Galacto-Oligosaccharide (GOS) und Fructo-Oligosaccharide (FOS) füttern explizit die Keime Akkermansia muciniphila und Faecalibacterium prausnitzii. Wenn es um die Produktion der für das Nervensystem so eminent wichtigen, kurzkettigen Fettsäuren geht, haben diese beiden Stämme noch immer „den Hut auf“.
Die beste Wirkung stellt sich bei einer täglichen OMNi-LOGiC® PLUS-Einnahme von 3g ein, aufgeteilt in 3 Portionen zu je 1g, eingerührt in 1 großes Glas Wasser. Ich rate meinen Patient*innen grundsätzlich, die Dosis einzuschleichen, also mit 3 x 0,5g zu beginnen, weil die Darmbakterien sonst vor lauter Freude heftige Blähungen verursachen könnten. Dem Präparat liegt ein Messlöffel bei, das erleichtert das Dosieren.
Freie Radikale in die Schranken verweisen
Auch die Abwehr von Freien Sauerstoffradikalen ist Studien zufolge bei Diabetiker*Innen beeinträchtigt – ausgerechnet diese Freien Radikalen sind aber dafür bekannt, die Schädigung der Nervenzellen voranzutreiben. Dagegen helfen Antioxidantien wie z. B. die Alpha-Liponsäure, die genau diese Schädigungen verhindern beziehungsweise den Neuronen sogar bei der Regeneration helfen kann. Damit ist sogar eine schlagartige Besserung der Symptome der Diabetischen Polyneuropathie möglich!
Gisela hing jetzt geradezu an meinen Lippen. Neben Alpha-Liponsäure wirkt auch Acetyl-L-Carnitin (NAC) antioxidativ und bewirkt zusätzlich sogar die verstärkte Ausschüttung eines Nervenwachstumsfaktors. Zwar produziert der Körper auch selbst Carnitin, aber nicht in ausreichender Menge.
Nun könnte man den Carnitinbedarf z. B. durch den Verzehr von rotem Fleisch decken, doch das wäre stets verbunden mit einem hohen Anteil an entzündungsfördernder Arachidonsäure – besser bekannt als Omega 6. „Ich bin sowieso Vegetarierin“, wandte Gisela ein. „Umso besser“, sagte ich, „dann sollten Sie Acetyl-L-Carnitin als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, zum Beispiel 1 Kapsel mit 600 mg veganem NAC (von Sunday Naturals) 30 Minuten vor dem Essen und gern auch 2 x 1 Esslöffel veganes Omega 3, zum Beispiel Algenöl von NORSAN.
Ein Hoch auf das Sonnenvitamin
Wie ich an dieser Stelle schon häufig ausgeführt habe, ist ein gesunder Vitamin-D3-Spiegel für uns alle extrem wichtig. Insbesondere Diabetiker*innen sollten darauf achten, denn Vitamin D3 nimmt direkt Einfluss auf die Insulinsensitivität! Selbst eine geringere Verbesserung des D3-Spiegels im Blut hebt signifikant die Insulinsensitivität in den Körperzellen um gut 60%!
Studien von Professor Shehab und seinem Team von der Kuwait University konnten belegen, dass mehr als 80% der Diabetes-Patient*innen mit Polyneuropathie einen eklatanten Mangel an Vitamin D3 aufwiesen! Durch die Gabe von D3 kam es rasch zu einer spürbaren Verbesserung dieser Symptomatik. Mein Rat: Lassen Sie Ihren D3-Spiegel beim Therapeuten checken – besonders jetzt in der dunklen Jahreszeit!
Liebes Symptomtagebuch …
Zusammen werden wir nun die Wirkung der Probiotika und Antioxidantien, verbunden mit einer ballaststoffreichen Ernährung, beobachten. Zur besseren Dokumentation schlug ich Gisela vor, ein Symptomtagebuch zu führen, in dem sie vor allem die auftretenden Schmerzen vermerken sollte. So können wir schon bald gemeinsam das weitere Vorgehen planen.
Gisela versprach, in Zukunft noch genauer auf die Regulation ihres Blutzuckerspiegels zu achten und auch etwas regelmäßiger Sport zu treiben. „Das wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, bei einer Senioren-Sportgruppe mitzumachen, aber das ist ja dank Corona leider nicht möglich,“ bemerkte sie etwas resigniert zum Abschluss.
Das ließ ich freilich nicht gelten: „Glücklicherweise gibt es genügend Übungen, die Sie auch zu Hause absolvieren können“, entgegnete ich und entließ sie mit der Ermahnung, den „inneren Schweinehund“ an der ganz kurzen Leine zu halten.
Das gilt natürlich für uns alle, denn Bewegung ist die beste Vorbeugung gegen Krankheit und vorzeitiges Altern. In diesem Sinne möchte ich Ihnen zurufen: Lassen auch Sie sich von diesem „Haustier“ nicht länger vorführen!
Herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
** Sabico S, et al. McTernan PG, Effects of a 6-month multi-strain probiotics supplementation in endotoxemic, inflammatory and cardiometabolic status of T2DM patients: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Clin Nutr 2018, doi:10.1016/j.clnu.2018.08.009 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30170781/
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.
Danke, das ist sehr interessant.
Ic h habe auch Polyneuropathie, die sich über Jahre wohl eingeschlichen hat, woher??
Bin auch bei einer Neurologin, die üblichen Mittel habe ich abgelehnt.
Nun muss ich mit den, besonders nächtlichen Schmerzen leben, bes. nach 2.00 Uhr sind sie oft schlimm, stehe um 6.00 Uhr auf, dann gehts, bis auf meine brennenden Füsse…am Tage….an Verstopfung leide ich von Kindheit an, esse ballaststoffreich, hilft oft nicht.
Bin beim Heilpraktiker, Stuhluntersuchung im Labor liegt auch vor. Aber alle Maßnahmen haben. nicht geholfen.
Können Sie mir helfen?
Liebe Frau Wiese!
Herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Leider kann ich Ihnen aus der Ferne nicht helfen, aber ich kann mir vorstellen, dass Sie bei Ihrem Heilpraktiker in guten Händen sind. Haben Sie mal Vitamin D3, Vitamin B12, Selen und Coenzym Q10 messen lassen? Und fragen Sie ihn nach einer Therapie mit CBD-Öl.
Alles Gute und liebe Grüße von Dagmar Praßler