Rund 10 bis 20% der deutschen Bevölkerung kennt sich mit diesem Thema bestens aus: Ob Rücken-, Knie- oder Kopfschmerzen – sobald sie chronisch werden, ist der ursprüngliche Auslöser Nebensache. Da aber auch hier der Darm eine Hauptrolle spielt, gibt es Lösungen mit der probiotischen Medizin.
Auch meine Patientin Laura* (53) konnte ein Schmerzenslied davon singen, als sie vor einiger Zeit um einen Termin nachsuchte: „Ich hatte in den letzten Jahren immer wieder Rückenschmerzen. Ist ja irgendwie auch kein Wunder, denn in meinem Job im Einzelhandel muss ich viel stehen. Bisher waren es allerdings immer nur kürzere Episoden, aber in den letzten Monaten sind die Schmerzen mein täglicher Begleiter geworden.“
Zu den körperlichen Schmerzen gesellten sich bei Laura auch Existenzängste, weil sie nun schon seit mehr als sechs Wochen krankgeschrieben war. „Langsam weiß ich wirklich nicht mehr, wie es weitergehen soll, mein Abteilungsleiter macht mir schon Druck.“
Chronischer Schmerz – ein unangenehmer Begleiter

Von chronischem Schmerz spricht man, wenn dieser mehr als drei Monate anhält. Neben Rücken- werden auch Knie- oder Kopfschmerzen häufig chronisch. Dass auch Krebserkrankungen häufig von chronischen Schmerzen begleitet sind, muss hier kaum eigens erwähnt werden, ist dies doch die Domäne der Palliativmedizin.
Für sich betrachtet ist das Konzept „Schmerz“ im Ursprung ein sehr nützliches: Ein Schmerzreiz funktioniert gewissermaßen als Schutzmechanismus für unseren Körper, der uns vor Verletzungen schützen soll. Kommt es zu Verletzungen oder einer Entzündung im Gewebe, sorgen Schmerzen dafür, dass wir uns schonen und damit die Heilungsprozesse unterstützen.
Im Rahmen seltener Erkrankungen gibt es Menschen, die überhaupt kein Schmerzempfinden haben. Diese fallen oft dadurch auf, dass sie sich häufig sehr schwer verletzen: Ob Verbrennungen oder Knochenbrüche – es fehlt der Schmerz als direkte Konsequenz. Leider geht das meistens auch mit einer deutlich verringerten Lebenserwartung einher. Schmerz ist also sehr wichtig für uns.
Bestehen die Schmerzen allerdings über einen langen Zeitraum und werden chronisch, geht diese positive Schutzfunktion verloren. Chronische Schmerzen haben dabei häufig auch keinerlei Bezug mehr zu dem ursprünglichen Auslöser der Schmerzen – sie werden quasi zu einer eigenen Erkrankung.

Schmerz, lass’ nach!
„Wie entsteht denn so ein chronischer Schmerz?“, fragte Laura, und der Subtext war ganz klar: Warum passiert das mir? An der Schmerz-Chronifizierung sind meist mehrere Faktoren beteiligt. Dazu gehört ein ausgeprägtes Schmerzgedächtnis, so bezeichnet man Veränderungen im zentralen Nervensystem, die durch immer wieder auftretende Schmerzreize entstehen. Das Problem: Dadurch kommt es auch schneller zur Entstehung neuer Schmerzen.
Insbesondere unterschwellige Entzündungsprozesse (auch „silent inflammation“ genannt) werden in der Wissenschaft gerade als möglicher Auslöser von chronischen Schmerzen angesehen. Dazu gleich mehr.
Eine besondere Form chronischer Schmerzen sind Nervenschmerzen, wie sie beispielsweise nach einer Gürtelrose auftreten können. Durch die Entzündung der Nervenfasern bei der Gürtelrose können die Nerven geschädigt werden – das löst chronische Schmerzen in den betroffenen Bereichen aus.
Was soll an Schmerz positiv sein?
Selbst psychische und soziale Faktoren sind bisweilen an der Entstehung chronischer Schmerzen beteiligt, etwa durch unterbewusste Lernprozesse, die entstehen können, wenn der Schmerz auch etwas Positives mit sich bringt. Meine Patientin verdrehte nur die Augen, als sie das hörte. Das Begriffspaar „Schmerz“ und „positiv“ passte für sie verständlicherweise nicht.
Dabei ist es leicht nachvollziehbar: Als positiv wird sicher registriert, wenn sich etwa der Partner oder die Partnerin besonders fürsorglich kümmert, oder wenn unliebsame Aufgaben im Job wegen der eigenen akuten Schmerzen von einem Kollegen oder einer Kollegin übernommen werden.
Andererseits können natürlich auch die negativen Folgen von Schmerzen, wie Schlafstörungen oder Depressionen, die Schmerzen verstärken und zu einer Chronifizierung beitragen.
Neben der Bekämpfung der Schmerzen sollte eine Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen daher stets auch den Patienten oder die Patientin und ihre aktuelle Situation in den Mittelpunkt stellen. Jede und jeder erlebt Schmerzen anders und hat individuelle Ziele und Herausforderungen.
Für Laura war das Ziel klar: „Ich muss einfach wieder arbeiten können, ich bin doch noch jung.“ Doch im Gespräch mit ihr klang schon durch, dass das lange Stehen nicht Lauras einziges Problem an ihrem Arbeitsplatz war. Auch mit den Kolleginnen und ihrem Vorgesetzen sei es aufgrund ihrer häufigen Fehlzeiten öfter zu Auseinandersetzungen gekommen. Gemeinsam wollten wir uns nun um ihre chronischen Rückenschmerzen kümmern und im Idealfall damit auch um ihre Probleme am Arbeitsplatz

Klar, es gibt auch Medikamente
Die meisten Menschen mit chronischen Schmerzen nehmen regelmäßig Schmerzmittel in unterschiedlichen Stärken ein. Neben den bekannten Präparaten Ibuprofen oder Paracetamol kommen dabei auch stärker wirksame Präparate zum Einsatz. Häufig handelt es sich bei diesen um Opiate oder Opioide wie Tramadol oder Morphin.
Empfohlen wird hier die Einnahme der Medikamente nach einem festen Schema, das am besten im Rahmen einer schmerztherapeutischen Behandlung erarbeitet wird.
… und Nebenwirkungen
Mögliche Nebenwirkungen interessierten Laura naturgemäß sehr. Im Prinzip hatte schon ihre Ärztin sie darauf hingewiesen: Opioide können z. B. sedierend wirken, Übelkeit auslösen oder zu einer ausgeprägten Verstopfung führen.
Zum Glück waren wir beide der Meinung, dass sie versuchen sollte, die Schmerzen auch ohne starke Schmerzmittel in den Griff zu bekommen, gibt es doch bei chronischen Schmerzen noch einige andere Optionen zur Schmerzbekämpfung.
Wie bereits erwähnt, gilt es neben der Bekämpfung der Schmerzen immer auch die aktuelle Situation des Patienten oder der Patientin zu berücksichtigen. Dazu gehört – ganz wichtig –der individuelle Umgang mit den chronischen Schmerzen. Vielen Betroffenen helfen dabei psychotherapeutische Verfahren wie Verhaltenstherapie.
Zusätzlich legte ich Laura Entspannungsübungen wie z. B. progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training ans Herz. Sie könnte es aber auch mit Wasseranwendungen, beispielsweise in Form ansteigender Güsse, versuchen. Durch eine Entspannung der Muskulatur und einer Steigerung der Durchblutung können so Schmerzen gelindert werden. Auch die Osteopathie kann Schmerzen sehr erfolgreich behandeln.

Außerdem riet ich Laura dringend zu mehr Bewegung. „Aber ich kann mich doch wegen der Schmerzen so schon kaum bewegen“, wehrte sie ab. Besonders sportlich sei sie leider nie gewesen, und es sei ihr auch schon früher schwergefallen, sich zur Bewegung aufzuraffen.
„Aktuell“, befand sie kategorisch, „ist Sport für mich überhaupt nicht vorstellbar.“ Das konnte ich so freilich nicht stehenlassen und erklärte ihr, wieso Bewegung gerade bei ihren chronischen Rückenschmerzen dringend notwendig sei.
Eine gute Option ist zum Beispiel Wassergymnastik, die gerade bei Rückenschmerzen oft gute Erfolge bringt. „Das klingt eigentlich nicht schlecht“, musste auch Laura zugeben und versprach, sich nach einem geeigneten Kurs umzusehen.
Kann man den Schmerz „wegessen“?
Vielleicht können Sie es schon nicht mehr hören, aber – wie bei so vielen anderen Erkrankungen – hat sich auch bei chronischen Schmerzen eine sogenannte mediterrane Diät als sinnvoll erwiesen. Natürlich nicht in Form von Pizza und Pasta, sondern das, was mediterrane Völker ursprünglich auf den Tisch brachten:
Das sind vor allem pflanzliche Produkte, viele verschiedene Gemüsesorten, Olivenöl, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Fisch. Zusammengefasst: antientzündlich und ballaststoffreich.

Unbedingt sollte Laura auch auf ein gutes Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren achten. In unserer westlichen Ernährung mit vielen hochverarbeiteten Produkten nehmen wir nämlich viel zu viele entzündungsfördernde Omega-6-Fettsäuren zu uns, während die Omega-3-Fettsäuren auf der Strecke bleiben. Daher sollte ab sofort mehr Seefisch auf Ihrem Teller sein – oder Kapseln mit Fisch- oder Algenöl eingenommen werden.
Zum Stichwort industriell hergestellte Lebensmittel und die Folgen kann ich Ihnen übrigens meinen neuesten Podcast empfehlen:
Dysbiose … geht gar nicht!
Über verschiedene Mechanismen üben der Darm und sein Mikrobiom Einfluss auf chronische Schmerzen aus. Beispielsweise wird vermutet, dass eine gestörte Darmbarriere die Entstehung von chronischen Schmerzen begünstigen kann.
Den schlimmen Folgen eines „leaky gut“ habe ich mich hier schon mal gewidmet:
Und über den Zusammenhang zwischen Rückenschmerzen und Darm habe ich hier berichtet:
Fakt ist: Eine Fehlbesiedelung des Darms, also eine Dysbiose, kann zu dieser Barrierestörung führen und chronische Schmerzen begünstigen. Auch bei der Verstopfung unter Einnahme von Opioid-Schmerzmitteln spielt eine solche Dysbiose möglicherweise eine Rolle. Bei einer chronischen Obstipation verbleiben Stuhlreste lange in den Tiefen der Darm-Krypten, und dort entstehen Toxine, die man mit einer „Selbstvergiftung“ beschreiben kann. Das klingt schon nach Schmerz!
Welche Maßnahmen bei Verstopfung helfen, können Sie hier nachlesen:
Spoiler-Alarm: eine Probiotika-Therapie gehört unbedingt dazu.
Nicht zuletzt kann auch die Darm-Hirn-Achse entscheidend in die Schmerzwahrnehmung unseres Körpers eingreifen. Beispielsweise über die Modulation der Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin. Serotonin wirkt schmerzlindernd, ein Mangel des Neurotransmitters kann also durchaus an der Entstehung von chronischen Schmerzen beteiligt sein. 90% unseres Serotonins werden im Darm gebildet und haben eine direkte Wirkung auf den Vagus-Nerv. Das ist der wichtigste, inhibierende Nerv des Vegetativums.
Unser Darm produziert eigene Schmerzmittel
Die aktuelle Wissenschaft hat herausgefunden, dass Bakterien sogar Stoffe herstellen, die wie Valium wirken, also Ängste und Schmerzen lösen. Auch die beruhigende Gamma-Aminobuttersäure (GABA) wird von Bakterien sezerniert. Vorausgesetzt, wir haben ausreichend davon im Darm und sind nicht mit pathogenen Keimen besiedelt, denn deren Metabolite sind ganz andere Kaliber. Sie sind es, die das Immunsystem aktivieren, was wiederum zu ständigen Entzündungen – und somit zum Schmerz führt.
Zur Behandlung einer Fehlbesiedelung im Darm empfehle ich meinen Patienten das OMNi-BiOTiC® 10, dessen Leitkeimstämme aktiv Pathogene und ihre Metabolite verdrängen, indem sie deren Plätze „besetzen“ und die Toxine eliminieren.
Zur Stärkung der Darm-Hirn-Achse empfahl ich Laura im Anschluss die Einnahme des Probiotikums OMNi-BiOTiC® SR-9, dessen antientzündliche Wirkung in mehreren Studien nachgewiesen wurde. Die darin enthaltenen Leitkeimstämme unterstützen die Produktion von schmerzlindernden Neurotransmittern.
Freilich, diese probiotische Therapie braucht Zeit, schließlich soll sie das Übel an der Wurzel packen und nicht nur den Schmerz mit Medikamenten überdecken.

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Ergänzen könnte Laura ihre natürliche Schmerztherapie noch mit der Urtinktur „Hypericum“ (Johanniskraut). Diese Urtinktur wirkt stimmungsaufhellend und schmerzlösend.
Laura schien ganz zufrieden mit diesen Optionen. Ob sie meine Ratschläge letztendlich auch befolgen wird, weiß ich natürlich nicht. Aber gern werde ich Ihnen bei passender Gelegenheit mitteilen, ob und wie sich Laura von ihren chronischen Schmerzen befreien konnte.
Herzlich,
Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
Chronische Schmerzen Mikrobiom
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge