Titelbild: © Kateryna Kon/Shutterstock
Die vielen Reaktionen auf meinen Vortrag über das „Metabolische Syndrom“ auf dem Heilpraktikerkongress in Hamburg nehme ich zum Anlass, hier ausführlicher darüber zu berichten.
Bereits 2005 warnte die WHO:
Im Jahr 2020 werden etwa 75% der Todesfälle auf chronische Erkrankungen zurückzuführen sein, die man heute unter dem Überbegriff „Metabolisches Syndrom“ zusammenfasst und die wesentlich durch falsche Ernährung und Übergewicht ausgelöst werden.
WHO, 2005
Damals waren noch 15 Jahre Zeit …
Seit 1976 stiegen die Übergewichtsdiagnosen in Deutschland um mindestens 50% an. Eine deutsche Studie des Robert Koch-Instituts an 17.000 Kindern und Jugendlichen zeigte, dass insgesamt 15% aller deutschen Kinder und Jugendlichen übergewichtig sind, 6,3% leiden unter Adipositas. Aus übergewichtigen Kindern entwickeln sich in den meisten Fällen übergewichtige Erwachsene mit hohen Risiken für akute und chronische Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, koronare Herzkrankheit, Gicht, psychosoziale Störungen und orthopädische Erkrankungen. Die Hälfte der deutschen Erwachsenen ist übergewichtig oder adipös. Bei Männern liegt der Anteil bei 60,1 %, bei den Frauen hingegen bei 42,9 %.
Übrigens: Ich habe ein Video zum Thema Übergewicht gedreht:
Ein dickes Kind wird kaum ein schlanker Erwachsener
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass uns unser Gewicht bereits in die Wiege gelegt wird. Antibiotika-Gaben im Säuglingsalter führen häufig zu schwerer Adipositas im Erwachsenenalter (diese Studien wurden zuerst an Mäusen durchgeführt). Studien an über 65.000 amerikanischen Kindern zwischen 2001 und 2009 bestätigen dies. Demnach ist insbesondere das Gewicht in den ersten beiden Lebensjahren entscheidend dafür, ob aus dem Kind ein „dicker“ Erwachsener wird oder nicht. Gaben von Breitspektrum-Antibiotika in diesen ersten zwei Jahren führen demnach häufig zum krankhaften Übergewicht. Ein dickes Kind hat schlechte Chancen, ein schlanker Erwachsener zu werden.
Studien bestätigen, dass Antibiotika-Gaben im Säuglingsalter häufig zu schwerer Adipositas im Erwachsenenalter führen.
Interessant ist auch die genetische Prädisposition. Demnach können insbesondere Väter, die die letzten zwei Jahre vor der Zeugung übergewichtig waren, diese Disposition auf Ihre Nachkommen übertragen. Das gilt sowohl für das Übergewicht als auch für die Insulinresistenz, also die Entwicklung einer Diabeteserkrankung. Also, Männer mit Vaterschaftsambitionen, wehret den Anfängen!
Was das Mikrobiom mit zu viel Bauchfett zu tun hat
Das Mikrobiom spielt bei der Entstehung von Übergewicht eine entscheidende Rolle. Verschiedene Studien(1) an Mäusen zeigen, dass schlanke Tiere, die den Stuhl dicker Mäuse fraßen, ebenfalls dick wurden – und umgekehrt. Um hier jeder Fantasie einen Riegel vorzuschieben – beim Menschen funktioniert das nicht, auch nicht der umgekehrte Fall.
Weitergehende Arbeiten zeigen aber deutlich den Einfluss des Mikrobioms auf die Entstehung eines übermäßigen Bauchfettes, von dem gefährliche Stoffwechselsignale ausgehen, die zu einer schweren Arteriosklerose und somit zum Herzinfarkt und Schlaganfall führen können.
Das Bauchfett, auch viszerales Fett genannt, ist eine Hormonfabrik! Die Fettzellen, sogenannte Adipozyten, überfluten den Körper mit Signalen, die Entzündungen anheizen, Blutgefäße verändern, unser Sättigungshormon unwirksam werden lassen, die Blutgerinnung beeinflussen, sodass schneller eine Thrombose entsteht, die Insulinresistenz vorantreiben, Depressionen entstehen lassen oder bestehende verschlimmern. Auch die Erhöhung der Harnsäure und das Entstehen der Gicht wird von den Adipozyten befeuert. Hier spielt die Isoglucose, die isolierte Fructose, die Lebensmitteln zugesetzt wird, eine entscheidende Rolle! Diese wird von der Leber sofort als Fett gespeichert, die Leber selbst verfettet, ebenso die Muskeln und die Bauchhöhle. Viele kennen das: drei Sekunden im Mund – drei Jahre auf den Hüften.
Vorsicht mit -ose
Schauen Sie bei industriell hergestellten Lebensmitteln unbedingt auf das Etikett. So haben beispielsweise Biergetränke wie „Radler“ bzw. „Alsterwasser“ häufig einen nicht unerheblichen Anteil Fructose-Sirup (Tipps dazu finden Sie auch in meinen Videos).
Gesund essen und nebenbei glücklicher werden? Darüber berichte ich in diesem Artikel:
Im übrigen wird die Anzahl der Adipozyten in der Kindheit festgelegt. Später füllen sich diese mit Fett, bei einem bauchbetonten Übergewicht eben mit besonders viel Fett, das mit der Zeit „ranzig“ wird. Dieses Bauchfett ist ausschlaggebend für die Bezeichnung „Metabolisches Syndrom“.
Dabei ist das Metabolische Syndrom keine eigenständige Krankheit, sondern ein Komplex aus verschiedenen Symptomen, die gemeinsam auftreten.
Wegen des hohen Risikos für lebensgefährliche Komplikationen nennt man die Kombination aus Übergewicht, Bluthochdruck, Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung auch das „tödliche Quartett“.
Ein Hoch auf die Diversität
Wie gesagt, die Artenvielfalt unseres Mikrobioms spielt in dem ganzen Geschehen eine wesentliche Rolle. Antibiotika reduzieren diese Vielfalt, egal, in welchem Lebensalter sie eingenommen werden. Kommt eine genetische Disposition dazu, ist auch das Übergewicht nicht mehr fern.
Dabei reagieren insbesondere die agressiven XIVaR-Clostridien(2) auf Kohlenhydrate und holen mehr Kcal aus der Nahrung heraus als andere Bakterien. Das kann langfristig völlig ausreichen, um fettleibig zu werden! Antibiotika vermehren diese XIVaR-Clostridien. Solche Patient*innen profitieren sehr von einer Low-Carb-Ernährung!
Deshalb auch an dieser Stelle mein Tipp: Nehmen Sie immer ein Multispezies-Probiotikum während der Antibiotika-Behandlung und noch 14 Tage länger ein. Das gilt auch und insbesondere für Kinder. Ich gebe meinen Patient*innen in dem Fall OMNi-BiOTiC® 10 (jeweils mit einem dreistündigen Abstand zum Antibiotikum).
Bestimmte Leitkeimstämme haben einen reduzierenden Einfluss auf die Risikofaktoren des metabolischen Syndroms, auch auf das Taille-Hüft-Verhältnis, also auf das Bauchfett.
Hierzu wurden Studien (3) mit schwer adipösen und auch mit Diabetes-Probanden durchgeführt. Zum Einsatz kam das Multispezies-Probiotikum OMNi-BiOTiC® HETOX light, das sich auch in meiner Praxis bei vielen Adipositas-Patient*innen bewährt hat.
Die Crux mit den Essgewohnheiten
So auch bei Karl, einem stark übergewichtigen Lehrer. Er kommt aus einer übergewichtigen Familie, seine Großmutter sagte immer zu ihm: „Junge, du musst essen, um groß und stark zu werden. Nur dicke Kinder sind gesunde Kinder“. Von wegen. Heute ist er schlauer, aber es ist nicht einfach, sich von eingeübten Essgewohnheiten zu trennen, insbesondere vom „Stress-Essen“.
Wir essen oft vor lauter Stress und Frust und selten, weil wir wirklich Hunger haben.
Bei schwer übergewichtigen Patient*innen setze ich gern OMNi-BiOTiC® HETOX ein. Es hat die gleiche Zusammensetzung wie OMNi-BiOTiC® HETOX light, aber mit ca. 15 Milliarden wesentlich mehr Keime. Die Studien haben gezeigt, dass die Anzahl der Keime und die Dauer der Einnahme ausschlaggebend sind für den Erfolg.
Als besonders wirksam hat sich die Kombination mit OMNi-BiOTiC® metabolic erwiesen. Wie schon beschrieben, holen bestimmte Bakterien mehr Energie aus der Nahrung als andere.
Es handelt sich hierbei um das Verhältnis zwischen den energieausscheidenden Bacteroidetes und den engergiespeichernden Firmicutes. Hat man mehr Firmicutes, nimmt der Körper schneller zu. Das sind die Patient*innen, die einen Kühlschrank nur von außen anzusehen brauchen und schon mehr Speck auf den Hüften haben.
Es gilt, dass Verhältnis zwischen den energieausscheidenden Bacteroidetes und den engergiespeichernden Firmicutes positiv zu beeinflussen.
Da beides streng anaerobe Keime sind, kann man diese nicht einnehmen, aber durchaus ihr Verhältnis beeinflussen, eben durch beispielsweise OMNi-BiOTiC® metabolic. In der probiotischen Wissenschaft ist schon lange bekannt, dass nicht nur die Wirkung eines einzelnen Bakterienstammes entscheidend ist, sondern die synergetische Wirkung im Verbund mehrerer Stämme. Diese müssen sorgsam ausgewählt, in ihrer gemeinsamen Wirkung in Studien getestet und die Produkte entsprechend zusammengesetzt sein.
Finden Sie Ihren persönlichen Energieverbrauch heraus!
Natürlich ist es wichtig, auch auf die Ernährung zu achten und nicht mehr Kalorien zu sich zu nehmen, als verbraucht wird. Dafür ist es sinnvoll zu wissen, wo der eigene Energieverbrauch liegt, der sich ja aus Grund- und Leistungsumsatz zusammensetzt. Mit dem Energiebedarfsrechner, den die Universität Hohenheim ins Netz gestellt hat, ist dieser Wert schnell ermittelt:
https://projekte.uni-hohenheim.de/wwwin140/info/interaktives/energiebed.htm
Hier wird ersichtlich, dass mit dem Gewicht auch der Energieverbrauch abnimmt. Je weniger Sie wiegen, desto weniger dürfen Sie essen, um das Gewicht zu halten! Wird dies nicht berücksichtigt, kommt es zu dem gefürchteten JoJo-Effekt. Also bitte immer wieder das Gewicht kontrollieren und die zur Verfügung stehende Kalorienzahl anpassen.
Je weniger man wiegt, desto weniger darf man essen, um das Gewicht zu halten. Wird dies nicht berücksichtigt, kommt es zu dem gefürchteten JoJo-Effekt.
Es gibt sehr gute Bücher, die die Gewichtsabnahme begleiten und leicht umzusetzende Rezepte zeigen mit genauer Angabe der Gesamt-Kcal, Fett-Kcal, Kohlenhydrat-Kcal und Eiweiß-Kcal. Eines davon ist „Die Flexi-Diät“ von Prof. Nicolai Worm. Hier geht er auch auf den Einsatz von Formula-Shakes ein und zeigt, worauf man achten sollte bei der Verwendung dieser Eiweiß-Shakes.
Meinem Patienten Karl habe ich verordnet:
- Eine sanfte, aber effektive Darmreinigung mit MikroSan, da alte Schlacken im Darm den Stoffwechsel blockieren. Morgens nüchtern 1 Messlöffel voll pur oder mit Wasser verdünnt. Schmeckt sauer, aber sauer macht ja bekanntlich lustig.
- Die Einnahme von OMNi-BiOTiC® metabolic (morgens nüchtern) und OMNi-BiOTiC® HETOX (abends direkt vor dem Schlafen)
- Zum Anfüttern der Bacteroidetes Apfelpektin (3 x 2 jeweils 30 Min. vor dem Essen)
- Vitamin D3, da zu wenig des Sonnenvitamins einen sehr negativen Einfluss auf die Insulinsensitivität hat. Besonders wichtig: Im Herbst und Winter beim Arzt oder Heilpraktiker diesen Wert messen lassen.
- Vitamin C, da Studien bewiesen haben, dass 500 mg Vitamin C ähnlich protektive Wirkungen auf das Gefäßendothel haben wie 30 Minuten Gehen
- Die Aminosäure L-Arginin mit B-Vitaminen, weil diese einen positiven Effekt auf die Blutgefäße haben.
- Q10-Bio-Quinon® Gold 100mg als Zellschutz vor oxidativem Stress
- Für sieben Tage ein Ernährungsprotokoll führen.
- Eine Ernährungsumstellung mit 1.950 Kcal am Tag (sein individueller Verbrauch liegt bei 2.450 Kcal) vornehmlich Gemüse mit Eiweiß. Obst in Maßen, süßes Obst gar nicht. Vollkornprodukte und Nüsse sind ok, aber nicht mehr als 200g am Tag. Die Eiweißquellen können auch vegan sein, dann gibt es aber noch Vitamin B12 dazu.
- Sport! Zu Beginn ein leichtes Muskeltraining und täglich 30 Min. auf dem Ergometer, dabei soll sein Puls auf nicht mehr als 120 ansteigen. Dieses Training fördert die Durchblutung, ohne das Herz zu belasten. Das ist bei einem ausgeprägten „Nichtsportler“ zu Beginn eines Sportprogramms sehr wichtig.
Karl ist hochmotiviert. Wir schauen gemeinsam, ob es so bleibt.
Sie werden es erfahren!
Ernährungsprotokoll downloaden >
Für Ihre Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung wünsche ich gutes Gelingen!
Ihre Dagmar Praßler
Die Studien wurden mit OMNi-BiOTiC® HETOX light durchgeführt.
OMNi-BiOTiC® HETOX enthält die gleichen Bakterienstämme mit 15 Mrd. Keimen.
(1) VOL 444/21/28/December 2006/doi:10.1038/nature05414
(2) Turnbaugh et al.
(3) Sabico S, et al. McTernan PG, Effects of a multi-strain probiotic supplement for 12 weeks in circulating endotoxin levels and cardiometabolic profiles of medication naïve T2DM patients: A randomized clinical
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.
© Dagmar Praßler Heilpraktikerin/med. Fachreferentin