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Wenn man von Veränderungen der Mikrobiota spricht, geschieht dies meistens im Kontext von Magen-Darm-Erkrankungen. Dabei sind häufig auch akute und chronische Leiden der oberen und unteren Atemwege die Folge von Dysbalancen in der Schleimhautbesiedlung!
So erging es auch Otto Schmitzke* (81), dem Opa meiner treuen Patientin Debby* (19). Otto S. war vor einigen Wochen erstmals in meiner Praxis wegen einer vom Arzt diagnostizierten Divertikulose und den Begleiterscheinungen, sprich: schlimmen Blähungen. Nun saßen Opa und Enkelin gemeinsam in meiner Praxis und machten sich große Sorgen wegen ihres Hustens, wobei bei Debby zusätzlich die Augen leicht geschwollen waren und sie häufig niesen musste, während ihr Opa Schwierigkeiten mit dem Atmen hatte.
Ihre Befürchtung, sich mit dem Corona-Virus infiziert zu haben, teilte ich zwar nicht, weil sie weder Fieber noch Kontakt zu potenziell Infizierten gehabt hatten, aber so wirklich beruhigt schienen die beiden nicht.
Nicht bei jedem Husten gleich an Corona denken
So viel vorweg: Nicht jeder Husten oder Schwierigkeit beim Atmen deutet gleich auf das Coronavirus hin! Nur grob und nicht annähernd so detailliert wie hier hatte ich den beiden zunächst erklärt, was wir in der Medizin unter „Atemwegen“ verstehen, wird doch das Atemwegsystem in die „oberen und unteren Luftwege“ unterteilt:
- Obere Atemwege: Nase, Nasennebenhöhlen und Rachenraum
- Untere Atemwege: Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien und die Lunge selbst
Unsere Atemwege – wenn Sie’s genau wissen wollen
Dabei unterscheidet man die luftleitenden Atemwege von den Lungen, die dem Gasaustausch dienen. Den Übergang von den oberen zu den unteren Atemwegen markiert der Kehlkopf. Zwar machen wir es uns nie bewusst, aber täglich atmen wir etwa 20.000 Mal ein und aus. Da bei jedem Atemzug zahlreiche winzige Staubpartikel, reizende Schadstoffe und kleinste Krankheitserreger (Bakterien, Pilze oder Viren) in die Atemwege gelangen können, ist der gesamte Atemtrakt (außer Rachen, Kehldeckel und Stimmbändern) von einer hochspezialisierten Schleimhaut ausgekleidet, die unsere Atemorgane vor schädlichen Stoffen schützen soll.
Diese Schleimhaut gehört zum Epithelgewebe, also zu Verbänden von Zellen, die sich organbezogen spezialisiert haben (in den Atemwegen: Flimmerepithelien). Neben Muskel-, Nerven- und Bindegewebe gehört das Epithelgewebe zu den vier Hauptgruppen von Gewebestrukturen des menschlichen Körpers.
Das größte und damit die Funktion aller Epithelien beeinflussende Gewebe haben wir im Darm.
Ein intaktes Mikrobiom, also die Besiedlung des Organismus mit physiologischen Mikroorganismen, fördert bekanntermaßen die Gesundheit. Es vertreibt schädliche Keime, indem es die Schleimhäute besetzt, so dass keine Angriffsfläche für pathogene oder fakultativ pathogene Keime zur Verfügung steht. Darüber hinaus unterstützt es die lokale (z. B. Jucken und Schwellung beim Mückenstich) und systemische (z. B. Fieber bei Grippe) Immunantwort.
Balance ist das Zauberwort für ein funktionierendes Immunsystem
Die wichtigste Aufgabe des Mikrobioms ist dabei die Stärkung der Funktion unserer Epithelbarrieren. Diese Barrieren finden wir überall im Körper, zum Beispiel im Darm, in der Lunge (Alveolen-Luft-Blut-Schranke) oder in der Haut. Natürlich kann ein Ungleichgewicht der mikrobiellen Zusammensetzung viele ungünstige Folgen haben. Bei verschiedenen chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Asthma, Bronchitis, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist der Zusammenhang mit einer Dysbiose (Fehlbesiedlung des Darms) längst nachgewiesen. Zugleich liegt bei diesen Erkrankungen eine Störung von Durch- und Undurchlässigkeit vor (die sogenannte Permeabilität der Epithelbarriere). Auf die drei Stufen der immunologischen Barriere gehe ich hier nicht ein, darüber habe ich bereits in meinem Blog „Wenn das Immunsystem schlappt macht“ ausführlich berichtet:
Was die Atemwege mit dem Darm zu tun haben
Ebenso wie bei Magen-Darm-Erkrankungen kann die probiotische Medizin auch bei Erkrankungen der Atemwege helfen, insbesondere, wenn diese von solchen schädlichen Mikroorganismen wie z. B. Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae oder pathogenen Haemophilus-Arten wie Haemophilus influenzae befallen sind, die u. A. die Durchlässigkeit der Epithelbarriere in den Atemwegen erhöhen. Hier können probiotische Keime wie z. B. Lactobacillus- und Bifidobakterium-Stämme dem pathogenen Treiben Einhalt gebieten – je nach Dauer der Behandlung.
Wie genau probiotische Bakterien die Funktion der Epithelbarriere im Einzelnen verbessern, führt in diesem Rahmen vielleicht etwas zu weit (dies geschieht über eine Modulation interzellulärer Verbindungen oder ein Interagieren mit verschiedenen Rezeptoren), doch damit sind diese freundlichen Mikroorganismen noch nicht ausgelastet: Sie beeinflussen auch die lokale und systemische Immunantwort und fördern sogar die Wiederherstellung des Immungleichgewichts – ideal bei Allergien!
Mehr über Allergien lesen Sie hier:
Was Debby betrifft, zeigte sie eher eine leichte allergische Reaktion. Sie hat schon lange einen empfindlichen Darm, und hin und wieder tauchen auch allergische Symptome auf. Sie selbst führt dies auf die aktuelle, besondere Situation der Corona-Pandemie zurück. Das Abi wurde verschoben (gibt es etwas Verheerenderes für einen jungen Menschen?!), ihre Lieblingslokale sind geschlossen, ein Einkaufsbummel ist auch nicht drin. Dazu kommt die Angst, dass sich Ihre Großeltern Gertrud (74) und Otto mit dem Corona-Virus infizieren könnten.
Wenn die Nerven blank liegen
Das Nervensystem kann eine Allergie durchaus begünstigen – Debby reagiert z. B. in diesem Jahr auf Pollen. Auch ihr Husten kann damit zusammenhängen. Generell entsteht Husten dann, wenn der Körper versucht, störende Faktoren aus dem Atemwegssystem zu entfernen. Das können Viren sein, aber auch Staub, Rauch oder eben Pollen. Reizhusten kann also ein Hinweis auf eine Allergie sein. Dafür sprechen auch die geschwollenen Augen und das Niesen.
Nun hat Debby ja schon einen gründliche Darmreinigung hinter sich und nimmt täglich das Multispezies-Probiotikum OMNi-BiOTiC® HETOX ein zur Leberentlastung und besseren Entgiftung. Für 3 Monate habe ich ihr jetzt stattdessen OMNi-BiOTiC® 6 zur Morgeneinnahme und direkt vor dem Schlafen OMNi-BiOTiC® SR-9 aufgeschrieben. Letzteres wirkt ausgesprochen anti-entzündlich und beruhigend auf das Nervensystem. Darüber hinaus hat OMNi-BiOTiC® 6 eine ausgezeichnete, balancierende Wirkung auf das Immunsystem, hierüber habe ich erst kürzlich berichtet.
Dazu gab es das Präbiotikum OMNi-Logic® IMMUN (im gleichen Blog-Beitrag).
Die individuellste Therapie
Wenn wir demnächst eine Mikrobiom-Stuhluntersuchung durchführen (ich werde darüber berichten), werde ich das Labor anweisen, Autonosoden aus Debbys Darm-Mikrobiom herzustellen. Nosoden sind homöopathische Präparate, die aus sterilen Krankheitsprodukten – dazu zählen auch Allergene – hergestellt werden. Als Autonosoden werden solche bezeichnet, bei denen das Ausgangsmaterial vom Patienten selbst stammt – persönlicher und individueller geht eine Therapie nicht.
Das Darm-Mikrobiom ist sozusagen das Sammelbecken der Antigene. Es ist ein individuelles Gesamt-Allergen und daher wunderbar für eine Autonosoden-Therapie geeignet.
Weitere Mittel wollte Debby erst mal nicht einnehmen, sie geht davon aus, dass durch die Probiotika-Gabe die Symptome soweit gemildert werden, dass weitere Maßnahmen nicht notwendig sind. Honig, Zitrone und Ingwer als Heißgetränk wollte sie dennoch versuchen, das sei ja „keine Medizin“.
Auch eine histaminarme Ernährung wollte sich Debby noch ersparen. Der Neurotransmitter Histamin ist der auslösende Faktor für die Allergie-Symptome und kommt in einigen Nahrungsmitteln in großer Menge vor. Diese für eine Welt zu meiden macht schon Sinn, damit sich die Schleimhäute erholen können. Aber Debby wollte ausprobieren, wie es ihr ohne Ernährungsumstellung geht. Jugend forscht…
Ihren Opa habe ich aufgrund seiner Atemnot und der leichten Zyanose (bläuliche Verfärbung der Haut und der Schleimhäute infolge Sauerstoffmangels im Blut) zum Lungenfacharzt überwiesen. Er soll einen Lungenfunktionstest durchführen, danach sehen wir weiter. https://www.gesundheitsinformation.de/welche-lungenfunktionstests-gibt-es-und-was.2952.de.html
Beim Abhören sind mir nämlich Lungengeräusche aufgefallen, die einer genaueren Abklärung bedürfen. Außerdem wird der Pneumologe auch das Herz mit untersuchen, da sich Lungen- und Atemwegserkrankungen auch auf das Herz auswirken können.
Mit Fachärzten zusammenarbeiten
Otto S. ist mit Prä- und Probiotika bereits gut versorgt, so dass wir das Ergebnis der Facharztuntersuchung abwarten können. Er machte auf mich auch einen stabilen Eindruck, es gab keine weiteren Zeichen von Schwäche. Damit konnte ich Debby dann auch beruhigen, die mich zwischendurch immer wieder sorgenvoll anblickte. Eine genaue Untersuchung durch einen Facharzt gibt allen Beteiligten Sicherheit und gehört in mein Praxisprogramm. Nach vier Wochen wollen wir drei uns in meiner Praxis wiedersehen.
Kommen Sie gut durch diese aufwühlende Zeit, trinken Sie ausreichend, gönnen Sie Ihrer Lunge viel frische Luft und stärken Sie Körper, Geist und Seele.
Herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
*Name geändert
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.