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Kann man durch eine bewusste Auswahl seiner Lebensmittel Husten und Co. besänftigen? Und gibt es umgekehrt Lebensmittel, die einen Hustenreiz oder sogar Atemnot auslösen können? Diese Frage schien Debby S.* (19) seit Ihrem letzten Besuch in meiner Praxis doch sehr zu beschäftigen. Zur Erinnerung: Debby war mit ihrem Opa Otto* (81) zu mir gekommen, da beide eine Corona-Infektion befürchteten. Während Otto S. eine leichte Atemnot und rasselnde Lungengeräusche aufwies, klagte Debby eher über einen trockenen Reizhusten und allergische Symptome. Da beide fieberfrei waren, hielt ich eine Infektion mit Sars-CoV-2 für sehr unwahrscheinlich.
Mit Ernährung den Allergien was husten
Ihre allergischen Symptome wollte Debby nun gezielt in den Griff bekommen – allerdings allein mit der probiotischen Therapie und ohne weitere therapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Mein Hinweis, dass bei Allergien – egal wie die sich äußern – eine histaminarme Ernährung durchaus sinnvoll sei, hat nun aber offensichtlich doch gefruchtet.
„Habe ich denn eine Histaminunverträglichkeit“? fragte Debby vorsichtig. Ich erklärte ihr, dass so eine Unverträglichkeit andere Entstehungsmechanismen hätte (über die ich an dieser Stelle noch ausführlich berichten werde).
Histamin – wenn Sie’s genau wissen wollen
– Histamin kommt in Lebensmitteln vor
– In unserem Darm leben Bakterien, die Histamin auf- und abbauen
– Bestimmte Immunzellen schütten Histamin aus, um eine immunologische Reaktion hervorzurufen
– Unser Nervensystem nutzt Histamin als Botenstoff
Histamin ist ein sogenanntes biogenes Amin und entsteht beim natürlichen Stoffwechsel von Menschen, Tieren und Pflanzen. Besonders hohe Histamingehalte sind in Lebensmitteln vorhanden, die verdorben sind oder lange gelagert wurden, lange gereift sind, Hefe enthalten (Bier!) oder durch Mikroorganismen (Bakterien, Schimmelpilze usw.) verändert wurden (wie z. B. manche Käsesorten, Sauerkraut, Rotwein oder Fisch). Thunfisch enthält besonders viel Histamin. Wer also z. B. Thunfisch, Käse, dazu vielleicht ein Glas Rotwein und hinterher noch ein Stück Schokolade zu sich nimmt, muss wissen, dass er oder sie in dieser Kombination eine wahre „Histaminbombe“ im Körper gezündet hat!
Histamin wird aber auch vom Körper selbst produziert und in Mastzellen (Immunzellen) und anderen spezialisierten Zelltypen gespeichert, um im Bedarfsfall freigesetzt zu werden. Wenn zu Beispiel durch einen Mückenstich die Haut anschwillt und juckt, liegt dies am Histamin. Die Mastzellen schütten Histamin als Botenstoff aus, um damit die immunologische Reaktion anzutreiben. Jede Immunreaktion ist auch eine Entzündungsreaktion. Das ist physiologisch bedingt, nur bei Allergien folgt eine Entzündungsreaktion auf die nächste.
Mastzellen spielen bei allergischen Reaktionen eine entscheidende Rolle. Sie vermehren sich stark, wenn potenzielle „Feinde“ in Form von Viren, Bakterien oder Parasiten in den Körper eindringen wollen und das Immunsystem „in Abwehrstellung“ gebracht werden muss. Bei Allergikern reagiert jedoch das Immunsystem – und damit auch die Mastzellen – auf völlig harmlose Substanzen wie zum Beispiel Blütenpollen. So wird unnötigerweise viel Histamin ausgeschüttet, die Schleimhaut schwillt an und reagiert mit Husten, Niesen, Augentränen.
Lunge und Darm, aber auch Ohren, Nasenlöcher, Augen und die Haut gehören zu den sogenannten Grenzflächen des Körpers. Hier findet man besonders viele Mastzellen, die Histamin ausschütten können.
Zusätzlich fungiert Histamin auch als Neurotransmittter, ein Botenstoff des Nervensystems. Es spielt in vielen weiteren Regulationsprozessen im Körper eine Rolle. Als Neurotransmitter des vegetativen Nervensystems beeinflusst es beispielsweise den Appetit, den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Gefäßregulation und somit den Blutdruck, Lernfähigkeit und Gedächtnis sowie Emotionen.
Nachdem ich ihr in knapper Form die Funktionen des Histamins beschrieben hatte, war Debby baff. Sie hatte nicht im Entferntesten damit gerechnet, dass Histamin so viele Reaktionen auslösen kann und ihre Allergie durch histaminreiche Nahrungsmittel tatsächlich noch getriggert wird.
Ich gab ihr diese Liste mit besonders histaminreichen Nahrungsmitteln mit:
Ungeeignete histaminreiche Lebensmittel
Fleisch, Fleischerzeugnisse und Eier:
- alle Wurstwaren
- geräucherte Fleischwaren
- Fleischextrakte
- Fleischkonserven
- Innereien
- lange gereifter Käse
- Fisch und Fischerzeugnisse
- Thunfisch
- Fischkonserven
- geräucherter Fisch
- marinierter Fisch
- Hering
- Muscheln
- Schalentiere
Auch ermahnte ich sie zur Vorsicht bei Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln, die Histidin enthalten (Zink und Histidin zum Beispiel). Histidin ist eine Aminosäure, die der Körper zu Histamin abbaut. Eine Zinkeinnahme ist prinzipiell empfehlenswert bei Allergien, aber bitte ohne Histidin, zum Beispiel metacare® Zink+ oder DreiSalz® Zink von Biogena.
Da Debby wild entschlossen ist, künftig deutlich mehr auf ihre Ernährung zu achten, habe ich ihr noch eine Liste mit solchen Lebensmitteln erstellt, die gut für sie sind, weil sie auf Entzündungen einwirken können. Die wären übrigens auch für Debbys Opa angezeigt, der die typischen Symptome einer Bronchitis hat.
So empfahl ich Debby:
- viel zu trinken, gern Kräutertees aus Schachtelhalm, Andorn, Huflattich, Spitzwegerich (hier gibt es im Reformhaus auch sehr wirksame Frischpflanzensäfte von Schoenenberger). https://www.schoenenberger.com/
- täglich drei Hände voll Gemüse zu sich zu nehmen – gegart und teils als Rohkost oder Salat; besonders empfehlenswert sind Brokkoli, Zwiebeln, Portulak.
- Kurkuma, Ingwer, Chili, Knoblauch
- rotes, blaues, violettes Obst
- Mikro-Algen (Chlorella, Spirulina); Spirulina-Alge senkt die Freisetzung von Histamin aus den Mastzellen!
- Omega-3-Fettsäuren in pflanzlichen Ölen, aus Algen oder hochreinen Fischölen (Norsan®)
- Vollkornprodukte ohne Weizen, denn Weizen enthält sogenannte ATIs (Amylase-Trypsin-Inhibitoren). Diese sollen die Weizenpflanzen vor Parasitenbefall schützen und triggern im menschlichen Organismus Immunzellen und somit Entzündungen.
- von mir aus auch einen grünen Smoothie am Tag, den sie aber bitte kauen solle, als wäre er ein Steak (sonst gibt’s Blähungen!)
Nun bin ich gespannt, welche dieser Empfehlungen Debby umsetzen wird.
Sie wird mir sicher berichten, wenn wir uns wiedersehen.
Bleiben auch Sie gesund und nehmen Sie sich ruhig die Tipps zu histaminarmer Kost zu Herzen. Vor allem aber stärken Sie Ihr Immunsystem – immer noch die beste Maßnahme, sich gegen das Corona-Virus zu schützen!
Es grüßt Sie
Ihre
Dagmar Praßler
*Name geändert
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.