Es ist eine beängstigende Entwicklung: Immer mehr Kinder und Jugendliche gelten als adipös und damit anfällig für vielfältige Folgeerkrankungen. Jetzt haben dänische Forscher festgestellt, dass Störungen des Fettstoffwechsels in dem Alter noch reversibel sind.
„Bis zum Jahr 2030 könnte es weltweit 250 Millionen adipöse Kinder und Jugendliche geben.“* Ich will mich hier gar nicht mit den Ursachen aufhalten. Es ist wohl ziemlich klar, dass der Hang zu fast food, gepaart mit Bewegungsmangel, diese Entwicklung massiv befördert.
Welche Folgen so ein ungesunder Lifestyle hat, lässt sich nicht erst im Erwachsenenalter feststellen: „Eine Adipositas führt bereits bei Kindern und Jugendlichen zu Veränderungen des Fettstoffwechsels, die in einer Querschnittstudie mit Risikofaktoren auf spätere Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden waren.“
Eine sichere Sache also, oder? Zu viele „Big Macs“ und überzuckerte Soft Drinks in der Jugend führen unweigerlich zu schweren Erkrankungen wie Fettleber, Bluthochdruck und Diabetes? Im Prinzip ja, aber genau diese vermeintliche Unumkehrbarkeit ließ die Forscher nicht ruhen, und siehe da: „In einer Therapiestudie waren die Veränderungen reversibel, was die Forscher hoffen lässt, dass die Kinder eine spätere kardiometabolische Erkrankung vermeiden können.“
Eine Adipositas birgt immer die Gefahr von Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems. Mindestens. Meistens sind auch die Nieren, Leber und Bauchspeicheldrüse betroffen, es entwickelt sich ein Diabetes. Ein deutliches Übergewicht im Kindes- und Jugendalter führt leider in den meisten Fällen zu adipösen Erwachsenen, und dann ist eine Gewichtsreduktion ungleich schwerer. Wichtig ist es daher, rechtzeitig „die Kurve zu kriegen“ – mit Hilfe der Eltern.
Dass die Folgen einer Adipositas zusätzlich zu den unter dem Überbegriff „Metabolisches Syndrom“ bekannten Erkrankungen auch psychosoziale Störungen und orthopädische Erkrankungen umfassen, habe ich schon einmal beschrieben. Und dabei nicht außer Acht gelassen, dass unser Darm auch bei Adipositas eine wesentliche Rolle spielt.
Besonders interessiert hatten die Forscher die Lipidwerte der Probanden, denn: „Die Akkumulation des Fettgewebes geht auch mit einer Dyslipidämie (Fettstoffwechselstörung, Anm. DP) einher.“ Mittels Massenspektrometrie wurden „bei 1.331 Kindern und Jugendlichen (…) 227 verschiedene Lipide“ bestimmt, und das Ergebnis war alarmierend.
Anstieg der Ceramide sehr bedenklich
Eine Dyslipidämie lag bei 38 % der Kinder und Jugendlichen vor, 30 % wiesen eine Lebersteatose auf (nicht-alkoholische Fettleber, Anm. DP), und bei über 15 % ließ sich bereits Bluthochdruck nachweisen. „Dies zeigt, dass die Adipositas nicht auf die Anlage von Fettdepots beschränkt blieb, sondern viele ein erhöhtes Risiko auf spätere kardiometabolische Erkrankungen haben.“
Erst kürzlich habe ich hier einen Patienten mit einer Fettstoffwechselstörung beschrieben:
Jetzt geht’s ein wenig ans Eingemachte, denn unter den Sammelbegriff Lipide fallen sämtliche Fette und fettähnlichen Substanzen, die unterschiedliche Funktionen im Körper ausüben. Und da fiel auf, dass bei den adipösen Probanden der dänischen Studie nicht nur die Triglyzeride erhöht waren, sondern auch diverse Ceramide:
„Triglyzeride sind für den Transport von Fettsäuren im Blut zuständig. Ceramide spielen eine entscheidende Rolle bei zellulärem Stress, Entzündungssignalen und bei der Apoptose (programmierter Zelltod, Anm. DP). Sie können deshalb an der Entwicklung einer Atherosklerose beteiligt sein, die im späteren Leben die Hauptursache von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist.“ Der Anstieg der Ceramide sei deshalb sehr bedenklich.
In einer anderen Studie**, aus der ich hier kurz zitieren möchte, wurde der Anstieg der Ceramide mit dem Verzehr von bestimmten Lebensmitteln in Verbindung gebracht:
„Menschen, die viel Fleisch essen, haben ein höheres Diabetesrisiko. Wir konnten jetzt erstmals zeigen, dass ein hoher Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch mit ungünstigen Spiegeln diabetesbezogener Ceramide verbunden war. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Zusammenhang von Fleischverzehr und Diabetesrisiko durch den Einfluss auf Ceramidspiegel im Blut vermittelt werden könnte.“
Clemens Wittenbecher, Mitarbeiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie am DIfE und der Harvard T.H. Chan School of Public Health
Sprich: Wir sollten uns gegenseitig die Wurst vom Teller nehmen!
Schlechte Perspektive für kognitive Fähigkeiten
Doch zurück zur Ursprungsstudie, bei der die Forscher noch auf Hinweise stießen, die eine mögliche Störung der Hirnfunktionen signalisierten:
„Eine weitere Beobachtung war ein Rückgang von Lysophospholipiden und Omega-3-Fettsäuren bei den fettleibigen Kindern und Jugendlichen. Lysophospholipide sind im Gehirn am Transport von Fettsäuren beteiligt.“
Zwar war dies kein Untersuchungsgegenstand, sondern eher ein „Beifang“, aber fest steht: „Omega-3-Fettsäuren sind Bestandteile der Hirnmembranen. Ein Mangel dieser beiden Fette könnte sich deshalb negativ auf die Hirnfunktionen, etwa die kognitiven Fähigkeiten auswirken.“
Dass solche Mangelerscheinungen die „Entwicklung kardiometabolischer Erkrankungen fördern“ könnten, steht außer Frage. Für die entscheidende Erkenntnis aber, dass die festgestellten Störungen des Fettstoffwechsels in dem jugendlichen Alter noch reversibel sind, bedurfte es einer einjährigen „nicht-medikamentösen Behandlung der Adipositas“, an der 200 Kinder und Jugendliche teilnahmen.
Die Teilnehmer erhielten dabei ein personalisiertes Ernährungs- und Bewegungsprogramm. Klar ist das ein gewaltiger Vorteil. Aber dass eine gesunde Ernährung das A und O eines ebenfalls gesunden Körperumfangs ist, wussten schon die alten Griechen. Hier gibt es ein Video dazu:
Immerhin brachten 83 Prozent der Probanden am Ende deutlich weniger auf die Waage, und es zeigte sich: „Die Gewichtsabnahme war bei den meisten mit einem Rückgang der schädlichen Lipide verbunden. Aber auch bei den 13 % der Kinder, die die Gewichtsziele nicht erreichten, kam es zu einer Verbesserung der Lipidprofile, so dass sich auch für diese Kinder die Mühen gelohnt haben könnten.“
Dies sollte vor allem jenen Eltern Hoffnung geben, die der wachsenden Leibesfülle ihrer Kinder bisher rat- und tatlos gegenüberstanden. Angesichts der Vielfalt möglicher (und wahrscheinlicher) Folgeerkrankungen einer Adipositas sollte nichts unversucht bleiben, um die Ernährung ihres Nachwuchses sanft, aber bestimmt in die richtige Richtung zu lenken und ihnen Lust auf Bewegung zu machen! Und auf Multispezies-Probiotika.
Studien mit dem von mir schon häufig beschriebenen OMNi-BiOTiC® METAtox zeigen eindeutig den günstigen Einfluss von Bakterien auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel, auf kardiovaskuläre Risiken bei Übergewicht – und auf das Gewicht an sich.
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Alle wörtlichen Zitate entstammen einem Artikel, der Ende September 2024 auf dem Online-Portal des Ärzteblatts veröffentlicht wurde. © rme/aerzteblatt.de
** Das farbig markierte Zitat von Clemens Wittenbecher fand ich hier:
Adipositas im jungen Alter
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.