Titelbild: © Piotr Macinski/Shutterstock
In die Naturheilpraxen kommen zu dieser Jahreszeit vornehmend zwei Patientengruppen: die mit einem schwachen Immunsystem und ständigen Infekten wie der kleine Leo mit seiner Mutter – und solche mit einem überbordenden Immunsystem, sprich: mit Allergien. Nun ist der Winter nicht gerade die Hochzeit für Allergiker, die unter den sogenannten Inhalationsallergien leiden wie Heuschnupfen oder Asthma, ausgelöst durch Pollen und Gräser. Patienten, die seit Jahren jedes Frühjahr unter diesen Symptomen leiden, wissen aber, dass die Therapie sinnvollerweise im Herbst vor der nächsten Saison beginnen sollte, damit dann im Frühjahr Ruhe herrscht. In schweren Fällen kann es allerdings sein, dass der Körper länger braucht für die Umstellung.
Cortison, das kennt man schon
So ergeht es auch Sophie, 28 Jahre alt. Sie hat einen stressigen Job als „Digital Manager“, ihre Ernährung funktioniert „so nebenbei“. Seit ihrer Jugend leidet sie an verschiedenen Allergien, die sich hauptsächlich im Winter auf der Haut zeigen mit Pusteln, Rötungen und fiesem Juckreiz, im Frühjahr und Sommer mit triefender Nase und geschwollenen Augen. „Das nervt mich total, ich mag häufig das Haus nicht verlassen, weil ich aussehe wie ein Zombie“. Sophie ist sichtlich unglücklich, verständlicherweise. Sie war bei verschiedenen Ärzten, aber die Behandlungsansätze waren nicht besonders kreativ: Cortison als Weisheit letzter Schluss. Dabei sind gerade Allergien dafür prädestiniert, mit probiotischer Medizin behandelt zu werden!
Immunzellen brauchen Training
Warum nehmen Allergien so dramatisch zu? Immerhin leiden heute rund 35% der Deutschen an mindestens einer Allergie. Allein genetische Ursachen können also nicht der Auslöser sein. Vielmehr unterstützen Veränderungen der Umwelt und der Lebensgewohnheiten bei Ernährung, Freizeit und Arbeit sowie der erhöhte Hygienestandard die Allergie-Disposition. Viele erinnern sich noch an Kuren auf dem Bauernhof, die insbesondere für Kinder mit einem fehlgeleiteten Immunsystem sehr heilsam waren. Warum? Die ständige Auseinandersetzung mit verschiedenen Keimen in den Ställen sind das beste Training für das Immunsystem. Heute setzen wir im Haushalt vermehrt Sagrotanprodukte ein, und da es nur noch wenige traditionelle Bauernhöfe gibt, fehlt auch diese Option, gegenzusteuern.
Schon vor 30 Jahren fiel auf, dass Einzelkinder aus wohlhabenden Familien häufiger an Heuschnupfen erkrankten. Man vermutete ein geringeres Ansteckungsrisiko und die verbesserte Hygiene als Ursache. Heute weiß man, dass Veränderungen der Umweltbedingungen direkt oder indirekt auch das humane Mikrobiom beeinflussen. Interessant ist auch, dass Kinder in den sogenannten „Dritte-Welt-Ländern“, die teils unter sehr schlechten Hygienebedingungen leben, ein Immunsystem wie ein Bollwerk haben. Allergien sind dort fast gänzlich unbekannt!
„Bakterien trainieren unser Immunsystem. Es gibt Bakterien, die eine Entzündung fördern und solche, die sie hemmen.“
Till Strowig, Biotechnologe im Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Der Biotechnologe Till Strowig vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung lieferte eine weitere wichtige Erkenntnis. Er formulierte: „Bakterien trainieren unser Immunsystem. Es gibt Bakterien, die eine Entzündung fördern und solche, die sie hemmen.“ Dies hat man sich so vorzustellen, dass bestimmte Bakterien dem Immunsystem per Botenstoff Signale senden und so mit ihm kommunizieren.
Balance ist das Zauberwort
Unser Immunsystem muss generell unglaublich differenziert vorgehen, denn während es auf gefährliche Eindringlinge entschlossen und schnell reagieren soll, muss es auch lernen, Ungefährliches zu tolerieren. Diese „Immuntoleranz“ gilt für den Darm genauso wie für den Rest des Körpers. „Am Ende geht es immer um die richtige Balance“, führt Strowig weiter aus. Denn wenn sich das Mikrobiom verändert, gerät auch das Immunsystem schnell aus dem Gleichgewicht und geht dann z. B. wie wild auf harmlose Inhalte in unserem Essen, Pollen oder sogar eigene Körperzellen vor – mit drastischen Folgen wie allergischem Asthma, Pollinosis (Heuschnupfen) oder Neurodermitis.
Mehr zum Thema Neurodermitis finden Sie auch in diesem Artikel:
Die Geburt unseres Immunsystems
Wie ich bereits in meinem Blog vom 15. November ausgeführt habe, übt der Geburtsvorgang einen sehr großen Einfluss auf die Stabilität unseres Immunsystems aus. Die bakterielle Erstbesiedelung des Kindes während der Geburt und gleich im Anschluss ist entscheidend für die weitere Entwicklung unseres Immunsystems (und aller Körperfunktionen, darüber später mehr). Nach rund einem Jahr ist dieser Prozess weitgehend abgeschlossen – jetzt hat das Immunsystem alle wesentlichen Informationen. Störungen in diesem Prozess können ein zu schwaches Immunsystem, ein überbordendes oder schlimmstenfalls beide Phänomene auslösen. Die Chronologie sieht dann häufig so aus:
- Kleinkind
> Nahrungsmittelallergien, Ekzeme - Mittlere Kindheit
> Asthma - Pubertät / Erwachsenenalter
> Asthma, Heuschnupfen, Ekzeme
Die Bakterienarten, die unsere Haut- und Darmflora dominieren, haben heutzutage drastisch abgenommen.
Hinzu kommen unsere Umweltbedingungen: Wir leben größtenteils in Städten, in denen Mikroorganismen keinen Lebensraum finden. Unser humanes Mikrobiom interagiert aber ständig mit unserer Umwelt, also den Mikrobiomen außerhalb unseres Körpers. Sind diese in ihrer Vielfalt reduziert, verkümmert unser eigenes ebenfalls. Hinzu kommen Antibiotika-Kuren, aber auch Antibiotika in unserer Nahrung. Nicht nur Fleisch ist vollgestopft mit Antibiotika, auch Salat und Gemüse sind belastet, denn die Gülle aus den Tiermastanstalten wird regelmäßig als Dünger benutzt! Die Bakterienarten, die unsere Haut- und Darmflora dominieren, haben drastisch abgenommen. So ist es kein Wunder, dass Allergien und Unverträglichkeiten massiv zunehmen.
Sophie beschrieb auch ihre „allergische Kindheit“ mit Neurodermitis und häufigen Asthma-Anfällen. Diese sind glücklicherweise seit der Pubertät ausgeblieben, dafür kam der Heuschnupfen. Sophie kam auf „normalem Weg“ per vaginale Geburt zur Welt und wurde auch gestillt. Allerdings sind ihre Eltern beide Allergiker, und die Mutter sorgte zu Hause für peinliche Sauberkeit. Schmutzige Hände wurden sofort gewaschen, an irgendetwas zu lutschen war streng verboten.
„Wie kann mir die probiotische Medizin helfen?“
Auf diese Frage meiner Patientin hatte ich nur gewartet, denn jetzt konnte ich etwas ausholen: Nach meiner langjährigen Erfahrung können Multispezies-Probiotika das Immunsystem in seiner Balance optimal unterstützen. Es kommt allerdings auf die richtige Auswahl an. So gibt es bestimmte Keime, die für einen Ausgleich sogenannter T-Helferzellen sorgen. Sophie hörte sich das aufmerksam an, auch wenn es ein komplexes Thema ist:
T-Helferzellen – wenn Sie’s genau wissen möchten
T-Helferzellen sind bestimmte T-Lymphozyten im Blut, die eine Helferfunktion für die Immunreaktion haben. Sie werden anhand der von ihnen ausgeschütteten Zytokine (Botenstoffe) in zwei wichtige Untergruppen eingeteilt. Die eine Gruppe, „TH-1“, sorgt für eine gut funktionierende Abwehr innerhalb einer Zelle – das betrifft vor allem Virusinfektionen. Viren müssen sich einer Körperzelle bedienen, da sie selbst keinen eigenen Stoffwechsel haben. Sie verstecken sich sozusagen in den Körperzellen, deshalb helfen hier Antibiotika auch nicht. Die befallene Zelle verändert ihr Aussehen, wird vom Immunsystem erkannt und eliminiert. Das geht immer mit einem Entzündungsgeschehen einher.
„TH-2“ wiederum bekämpfen extrazelluläre Erreger wie Bakterien, Pilze und Parasiten. Diese kommen im Blut und anderen Körpersäften vor. Für diesen extrazellulären Kampf produziert das Immunsystem Antikörper. TH-2 bremst TH-1, um die Entzündungsreaktionen „herunterzufahren“. TH-1 und TH-2 sind stets um einen Ausgleich bemüht. Unterstützt werden sie dabei durch das Interleukin 10, einen Botenstoff des Immunsystems als „Friedensstifter“.
Bei Allergikern sind die TH-2-Zellen ständig aktiviert, man spricht von einem TH-2-Shift. Dabei werden massenhaft Antikörper gegen an sich harmlose Pollen oder andere Umweltstoffe freigesetzt, die Betroffenen entwickeln Allergien oder Asthma. Der Mangel an TH-1 als Gegenregulator und Interleukin 10 als balancierender Botenstoff führt zur Chronifizierung.
Das T steht übrigens für Thymus, denn die „thymusabhängigen“ Lymphozyten wandern nach ihrer Bildung im Knochenmark zur Thymusdrüse, wo sie vollständig heranreifen. Ab der Geschlechtsreife schrumpft die Thymusdrüse. Funktion und Gewebe verändern sich, im Alter findet man dort überwiegend Fett- und Bindegewebe.
Bestimmte Multispezies-Probiotika unterliegen einem Auswahlverfahren von spezifischen Keimstämmen, die nachweislich mit dem Immunsystem interagieren, z. B. indem sie:
> immunmodulierend wirken
> vermehrt Zytokine produzieren (z. B. Interleukin 10)
> dafür sorgen, dass die Balance zwischen Th1 und Th2 wiedererlangt wird.
Jetzt hatte Sophie endlich verstanden, warum ihr Körper immer so „verrückt spielte“, und insistierte:
„Was ist denn nun das Besondere an Multispezies-Probiotika“.
Die meisten Krankheiten – insbesondere Allergien – sind multifaktoriell und komplex.
Ein Stamm kann nur wenige Aufgaben erfüllen, doch jeder Stamm hat bestimmte Fähigkeiten.
Erst durch die Kombination verschiedener Stämme und Spezies wird ein Probiotikum besonders effektiv!
- Monostrain: nur ein einzelner Bakterienstamm (z. B.: Bifidobacterium animalis W53)
- Monospezies: nur eine bestimmte Bakterienart (z. B.: Bifidobakterien)
- Multispezies: verschiedene Bakterienarten in Kombination (z. B.: genau definierte Laktobazillen und Bifidobakterien)
So kam Sophie zu „ihrer“ Therapie
Nach meiner praktischen Erfahrung ist OMNi-BiOTiC® 6 das am besten geeignete Probiotikum für ein – in welche Richtung auch immer – entgleistes Immunsystem. Die sechs enthaltenen Stämme entsprechen allen Kriterien, die ein sicheres und wirksames Präparat haben sollte. Zudem unterstützen sie die Bildung von Interleukin 10, dem Balanceur. Sicher gibt es auch andere Präparate, ich verwende in meiner Praxis allerdings größtenteils OMNi-BiOTiC®, da die wissenschaftlichen Untersuchungen eindeutig sind und meine Erfahrungen mit Patienten ebenfalls.
Zu Beginn der probiotischen Therapie empfahl ich Sophie eine sanfte, aber effektive Darmreinigung über 4 Wochen, z. B. mit MikroSan, einem Elixier aus 24 ausgewählten Pflanzen- und Kräuterextrakten sowie 31 natürlichen Mikroorganismen. Warum ist das sinnvoll? In Folge ungesunder Ernährung und Stress können sich Nahrungsreste und Abfallstoffe zwischen den Darmzotten absetzen. Dies kann zu Gärungs- und Fäulnisprozessen führen – es entstehen Giftstoffe, die den Organismus belasten, außerdem gerät die natürliche Darmflora aus dem Gleichgewicht. Diese Belastungen sehen wir übrigens häufig auch auf der Haut. Die optimale Möglichkeit, solche Schlacken loszuwerden, besteht im Aktivieren der körpereigenen Entgiftungssysteme!
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Ergänzend zur probiotischen Therapie gab ich Sophie Zink – ein Mittel, das unangenehme Allergiesymptome zusätzlich mildern und so die Lebensqualität von Allergikern verbessern kann. Insbesondere der Zusammenhang zwischen Zinkmangel und Heuschnupfen ist schon seit Jahren bekannt.
Bei immunologischen Symptomen setze ich auch gern Colibiogen® ein. Dies ist ein zell- und eiweißfreies Schleimhauttherapeutikum, das aus den Stoffwechselprodukten des Escherichia coli, Stamm Laves, gewonnen wird und entzündungshemmend sowie immunregulierend wirkt. Da es keine lebenden Organismen enthält, ist es kein Mittel zur Symbioselenkung und wird deshalb nicht zum direkten Aufbau der Bakterienflora des Darmes verwendet, wie man es z. B. von Multispezies-Probiotika kennt. Allerdings ist eine gesunde Schleimhaut eine wichtige Voraussetzung, damit sich die natürliche Bakterien-Mikrobiota dort ansiedeln kann.
Da auch die Fütterung der Darmbakterien mit Ballaststoffen eine wichtige Rolle spielt, empfehle ich gern ein Präbiotikum zum Probiotikum. Da Sophie fürchtete, das Präbiotikum nicht regelmäßig einnehmen zu können, weil sie oft auswärts is(s)t, habe ich ihr OMNi-Logic® FIBRE empfohlen. Das kann sie in Getränke und Speisen, ob heiß oder kalt, einrühren, ohne Abstand zu den Mahlzeiten einhalten zu müssen. Es kostet auch keinerlei Überwindung, denn es schmeckt nach nichts. Weil es so praktisch ist, fülle ich mir vor meinen Vortragsreisen das Pulver immer in Fläschchen ab.
Einen besonderen Tipp hatte ich noch für Sophie: die Regulation des Immunsystems mit eigenen Bakterien, den sogenannten Autovaccinen.
Autovaccine (sprich: Autovakzine) werden speziell aufbereitet und zu einem individuellen Arzneimittel verarbeitet. Dafür wird der Stuhl eingeschickt, aus dem dann die Autovaccine hergestellt werden. Seit einiger Zeit gibt es dafür auch einen Sprühaufsatz, mit dem man die Vaccine problemlos in Mund und Nase oder auf die Haut sprühen kann. Nähere Informationen unter www.symbiovaccin.de oder unter 02772/981-191 SymbioVaccin.
Im übrigen können Sie auch OMNi-BiOTiC® schnupfen: Das Präparat 20 Minuten in etwas Wasser aktivieren, umrühren und in die Nase ziehen oder als Nasendusche verwenden. Hilft wunderbar bei Erkältungen und bei Heuschnupfen!
Für die Haut habe ich Sophie das Vitamingelee von Retterspitz empfohlen. Es gibt mittlerweile auch probiotische Cremes. Ich bin da allerdings skeptisch, da diese keine lebenden Bakterien enthalten, die nachhaltig das Hautbild verbessern könnten. Ich werde es beobachten.
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Ich habe Sophie ans Herz gelegt, JETZT im Herbst/Winter mit der probiotischen-Therapie zu beginnen. Der Körper braucht seine Zeit, und das Frühjahr kommt schneller als man denkt. Hoffentlich! Ich selbst kann es kaum erwarten.
Kommen Sie gut durch bis zum Frühjahr!
Ihre Dagmar Praßler
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.
© Dagmar Praßler Heilpraktikerin/med. Fachreferentin