Gallensteine sind nichts für Schwächlinge. Je nach Schwere hilft manchmal nur eine OP. Doch schon die Vorstellung davon lässt manche Betroffene die Wände hochgehen …
Ängste sind etwas sehr Archaisches, ob sie nun diffus oder konkret sind. In aller Regel stellen sie sich ein, wenn Bedrohungen oder Ungewissheiten im Spiel sind. Dass dies auch bei fremden oder gar fiktiven Schicksalen funktioniert, weiß jeder, der mal „Der Weiße Hai“ im Kino gesehen hat. Selbst wenn nur die markante, treibende Musik irgendwo angespielt wird, sind wir sofort wieder „im Film“ und spüren das Grauen aus der Tiefe.
Hier geht es jedoch nicht um das Gruseln, das uns sogar Vergnügen bereitet, sondern um die ganz konkrete Angst einer Patientin, die geradezu panisch reagierte, als ihr eröffnet wurde, dass sie wohl „unters Messer“ müsse.
Woher die Angst auch immer kommt – „mechanisch“ betrachtet passiert Folgendes: Die Amygdala (der Mandelkern) in unserem limbischen System beginnt sofort damit, Stresshormone, Adrenalin und Cortisol auszuschütten. Im vorliegenden Fall schien der Mandelkern Überstunden zu machen …
Luise* (50) hatte ihre Diagnose bereits in der Tasche, als sie in meine Praxis kam, doch was sie sich erhoffte, war wohl die Art Zuspruch, die ihr die Angst vor dem, was sie erwartete, nehmen könnte. Ich wollte mein Bestes tun.
Angefangen hatte es bei ihr mit immer wieder auftretenden Oberbauchschmerzen über einen längeren Zeitraum, die sie zwar einigermaßen gut aushalten konnte, aber irgendwann doch mal ärztlich abklären ließ. Die Ultraschalluntersuchung zeigte ein recht eindeutiges Bild: Gallensteine.
„Diese Gallensteine sind nun aber so groß, dass sie mir nach Ansicht meiner Ärztin immer wieder Probleme bereiten würden, sollte ich sie nicht operativ entfernen lassen. Sie müssen wissen, ich wurde in meinem ganzen Leben noch nie operiert, und schon beim Gedanken daran sterbe ich vor Angst. Am liebsten würde ich die OP natürlich ganz vermeiden, wenn das irgendwie möglich ist.“
„Sterben vor Angst“ ist keine Option
Dass sich eine Fünfzigjährige so von ihren Ängsten leiten ließ, überraschte mich, aber mir kam ein anderer Patient in den Sinn, von dem ich vor längerer Zeit berichtet habe. Ronald* hatte mir so eindrucksvoll von seinen Nierensteinen und den „schlimmsten Schmerzen seines Lebens“ berichtet, dass mir sein Fall nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist. Falls Sie seine Geschichte interessiert, finden Sie sie hier:
Ähnliches habe ich auch schon von akuten Gallenkoliken gehört, so dass ich die Letzte wäre, die einer Patientin von einer medizinisch indizierten OP abraten würde. Viel mehr lag mir daran, herauszufinden, wovor Luise eigentlich so große Angst hatte und wie ich sie ihr nehmen konnte. Dafür musste ich aber noch tiefer „bohren“.
„Was ist, wenn ich nie wieder aufwache?“
„Ich mag mir das gar nicht vorstellen“, begann Luise, „man versetzt mich in eine Vollnarkose, und dann soll ich ,schlafen’?? Was ist, wenn ich nie wieder aufwache?“ Wie sie dabei ihre Hände knetete, zeigte, wie es in ihr aussah.
Natürlich ist das eine berechtigte Sorge, ist doch eine Narkose etwas „Unnatürliches“. Ich wollte Luise auch nichts vormachen, denn eine Narkose birgt, wie andere medizinische Eingriffe auch, immer gewisse Risiken. Doch bei ansonsten gesunden Patient:innen wie ihr halten sich die zu befürchtenden Komplikationen wirklich in Grenzen. Selbst schwer vorerkrankte, sehr alte Patient:innen können heutzutage problemlos narkotisiert werden.
Anästhesie bildet den Rahmen jeder OP
Zunächst erklärte ich Luise Schritt für Schritt, wie eine OP samt Narkose ablaufen würde, denn ganz offensichtlich rührte ihre Angst aus der Ungewissheit: „Bevor es überhaupt losgeht“, beruhigte ich sie, „findet immer ein klärendes Gespräch mit dem oder der Anästhesist:in statt.“ Dabei würde sie nicht nur en détail über das geplante Narkoseverfahren informiert, sondern sie könne auch jede Frage über mögliche Risiken stellen und eine ehrliche Antwort erwarten.
Am Tag der OP werden die Patient:innen zuerst von ihrer Station im Bett in die „OP-Schleuse“ gefahren, wo sie direkt vom Personal der Anästhesiepflege erwartet und z. B. befragt werden, ob sie nüchtern seien und aufgeklärt wurden. Luise hing an meinen Lippen.
Im Anschluss geht es in die „Einleitung“, wo die Patient:innen „verkabelt“ werden, um die Vitalparameter jederzeit im Blick zu haben. Außerdem wird meist ein venöser Zugang gelegt, über den die narkotisierenden Medikamente verabreicht werden und – im Fall der Fälle – Notfallmedikamente binnen Sekunden ins Blut gelangen können.
Ist dies alles geschehen, beginnt unter Anleitung des/der Anästhesist:in die Narkoseeinleitung. Dabei fließen verschiedene Medikamente in die Vene, so dass die Patient:innen langsam „wegdämmern“.
Schon diese Vorstellung trieb meiner Patientin den Schweiß auf die Stirn. Aber sie bat mich ausdrücklich, weiter zu erzählen.
Die Sache mit der selbstständigen Atmung
Irgendwann hören die Patient:innen auf eigenständig zu atmen … „Wie bitte?“ unterbrach mich Luise geschockt, und ich beeilte mich zu sagen, dass sich das zwar gruselig anhören würde, aber durchaus intendiert sei.
Im Anschluss würde der Atemweg gesichert durch eine Intubation, für die es verschiedene Möglichkeiten gibt. Priorität Nr. 1 ist immer, die Patient:innen so schnell wie möglich ans Beatmungsgerät anzuschließen. Alles wird mehrfach durch mehrere Personen kontrolliert, und erst wenn alles passt, geht es überhaupt in den OP-Saal.
Dort macht sich dann nach Lagerungskontrollen, technischen Checks usw. das Chirurgenteam ans Werk. Währenddessen werden ständig Vitalwerte wie zum Beispiel der Blutdruck und viele weitere Parameter durch den oder die Anästhesist:in kontrolliert – bei Bedarf wird eingegriffen.
„Das hört sich wirklich ziemlich gruselig an“, meinte Luise, „aber was ist denn, wenn ich während der Narkose wach werde oder Schmerzen habe und mich gar nicht äußern kann?“
Dass sie während der OP wach würde, sei im Prinzip ausgeschlossen, beruhigte ich sie, und anhand der verschiedenen Parameter wie Puls und Blutdruck ließe sich gut einschätzen, ob ein Patient gerade Schmerzen hätte oder nicht. Dafür lägen immer verschiedene Schmerzmittel und Opiate griffbereit, die jederzeit verabreicht werden können.
Allein der Blick auf den Patienten würde einem erfahrenen Anästhesisten immer eine Menge verraten, mehr noch als die Angaben der Maschinen. Zusätzlich gebe es noch verschiedene Messmethoden, um die Narkosetiefe bestimmen zu können, z. B. die Ableitung der Gehirnaktivität durch Elektroden auf der Stirn.
„Huch, das erinnert mich an Bilder von Tierversuchen“, meinte Luise. Beruhigt schien sie noch lange nicht, und sie schob die Frage nach: „Wie wache ich denn überhaupt wieder auf?“
Ihr Vertrauen in das OP-Team aufzubauen war nicht leicht. Ich versicherte ihr, dass das Narkosemittel am Ende der OP so reguliert würde, dass die Wirkung rasch nachlassen würde und sie wieder selbst atmen könnte. „Manche wachen schneller auf, manche etwas langsamer“, fasste ich meine Erfahrung zusammen.
„Hm, Hauptsache, man wacht überhaupt wieder auf“, bemerkte Luise, aber sie wirkte schon etwas gefasster als noch zu Beginn unseres Gesprächs.
Narkotisiert in Morpheus’ Armen …
„Sobald Sie wieder selbstständig atmen und ansprechbar sind“, schloss ich meine Darstellung ab, „wird die Atemwegssicherung entfernt, und es geht in den Aufwachraum“.
In meiner Ausbildungszeit am Universitätskrankenhaus Eppendorf – auch daran ließ ich sie teilhaben – hatte ich öfter erlebt, wie „enttäuscht“ Patient:innen waren, wenn sie aus der Narkose aufwachten, weil sie gern noch weiter geträumt hätten.
„Naja, angesichts der heftigen Schmerzen, die meine Gallensteine manchmal verursachen, komm’ ich um so eine OP wohl nicht herum“, gab sich Luise geschlagen, „aber wie wahrscheinlich ist es denn, dass ich nach der OP dann auch meine Ruhe habe?“
Zu 100% lässt sich das natürlich nicht voraussagen, aber es gibt mehrere Möglichkeiten, das Risiko für Rezidive möglichst gering zu halten.
Was Gallensteine entstehen lässt
„Womit hab’ ich bloß diese Gallensteine verdient?“ Luise haderte immer noch mit ihrem Schicksal, also klärte ich sie auf: Gallensteine bilden sich, wenn sich die Gallenflüssigkeit, die normal aus ca. 80% Wasser besteht, hin zu cholesterinreicherer bzw. bilirubinreicherer Flüssigkeit verändert, bis das Gleichgewicht nicht mehr stimmt und diese Bestandteile auskristallisieren.
Am häufigsten seien jedoch Cholesterinsteine. Je nach Lokalisation dieser Kristalle spricht man von Gallenblasensteinen oder auch Gallengangssteinen. Tatsächlich löst nur ein Bruchteil der Steine überhaupt Symptome aus, so dass viele Menschen vermutlich Gallensteine haben, ohne es zu wissen.
„Wie kommt es denn überhaupt dazu, dass sich die Gallenflüssigkeit verändert?“, insistierte Luise. Die Frage war berechtigt, und ich erinnerte mich an „die großen 6 F“, mit denen sich das Risiko für Gallensteine bemessen lässt:
Diese Risikofaktoren sollte man (frau) kennen:
- female (weiblich)
- fat (übergewichtig)
- fertile (im gebährfähigen Alter)
- forty (über 40)
- fair (heller Haut- und Haartyp)
- family (familiäre Veranlagung)
So, wie Luise da vor mir saß, erfüllte sie schon mal mindestens drei dieser sechs Faktoren. Tatsächlich treffen in den meisten Fällen mehrere Risikofaktoren aufeinander. Im Verbund mit Begleiterkrankungen wie z. B. Diabetes Mellitus, dem Gallensäureverlustsyndrom oder einer schlechten Ernährung ist dann bereits der Grundstock für eine solche Veränderung der Gallenflüssigkeit gelegt.
Manche Essgewohnheit erhöht das Risiko
Vor allem unausgewogene, fettreiche Ernährung stellt ein hohes Risiko für die Entstehung von Gallensteinen dar, weil dadurch oftmals der körpereigene Cholesterinspiegel erhöht ist, was das oben erwähnte Ungleichgewicht in der Gallenflüssigkeit begünstigt. Auch Veränderungen im Hormonhaushalt, z. B. durch eine Schwangerschaft oder hormonelle Verhütung, können das Risiko erhöhen.
Über Diabetes und Gallensäureverlustsyndrom habe ich hier bereits etwas verfasst:
Dementsprechend riet ich Luise, in Zukunft vermehrt auf ihre Ernährung zu achten und fettreiche Kost zu vermeiden. Wenn, dann sollte sie lieber auf ungesättigte und Omega-3-Fettsäuren zurückzugreifen, wie sie in Pflanzenöl und Fisch zu finden sind. Generell seien auch Vollkornprodukte und Ballaststoffe immer zu bevorzugen, weil sie positive Effekte auf den ganzen Körper haben.
Allerdings würde ich ihr von einer strikten Diät abraten, weil dies Cholesterin aus den Fettzellen mobilisieren und somit Gallensteine begünstigen würde. Aber das Körpergewicht war ohnehin nicht ihre „Baustelle“.
Als Probiotikum empfahl ich Luise das OMNi-BiOTiC® HETOX, das, wie der Name schon andeutet, Leber und Galle besonders gut schützt. Über das Pfortader-System haben wir eine direkte Verbindung zwischen Darm und Leber, eine „Autobahn“, auf der die Nährstoffe direkt aus dem Darm zur Leber transportiert werden. Damit die Leber – und somit auch die Galle – vor Schadstoffen geschützt sind, bilden Bakterien ein „Bollwerk“ an der Darmschleimhaut.
Einige Tage vor der OP sollte Luise GABA zu sich nehmen. GABA(Gamma-Aminobuttersäure) ist ein natürlicher, inhibierender Neurotransmitter, der effektiv Angstzuständen entgegenwirkt.
Als letzten Tipp vor ihrer OP (für die sich Luise dann doch entschied) gab ich ihr mit, auf Pfefferminztee komplett zu verzichten, weil dieser galletreibend wirken und somit die Symptomatik noch verschlechtern würde. Stattdessen empfahl ich ihr CHARANTEA® metabolic Lemongrass-Mint-Tee, auf den ich schon deshalb schwöre, weil er lecker schmeckt und gleichzeitig den Blutzucker reguliert.
So werden Heißhungerattacken vermieden, mit denen eine gesunde Ernährung ja meist unmöglich ist. Heißhunger lässt keine Zeit zur Auswahl gesunder Nahrungsmittel, davon können wohl viele Leidensgenoss:innen ein Lied singen.
„Angst ist ein schlechter Ratgeber“, heißt es. „Über diese eine Brücke musst Du jetzt gehen“ klingt da schon besser. Ich halte es für sehr wichtig, die Ängste meiner Patient:innen ernst zu nehmen.
Wenn ich Ihnen mit diesem Blog auch die eine oder andere Angst vor einem nötigen operativen Eingriff nehmen konnte, sollte es mich freuen. Bleiben (oder werden) Sie gesund!
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle Namen geändert
Titelbild: © Hamna Iftikhar / shutterstock
Gallensteine Ernährung
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.