Über Geschlechtskrankheiten wird nicht gern gesprochen, obwohl Aufklärung genau darüber wichtig ist. Immerhin gibt es ca. eine Million Neuinfektionen pro Tag! Auch das Humane Papillomavirus gehört in diese Kategorie …
Weltweit ist ca. jede vierte Person von einer sexuell übertragbaren Krankheit (STI) betroffen, und die Zahlen steigen. In Deutschland treten besonders häufig Infektionen mit Chlamydien auf, aber auch Trichomonaden und Syphilis sind keine Seltenheit. Weit verbreitet ist auch das Humane Papillomavirus (HPV), das bei einer jungen Patientin diagnostiziert worden war.
Milla* (24) wirkte sehr verunsichert, als sie mir erzählte, dass sie vor wenigen Wochen ihre Gynäkologin aufgesucht und diese eine HPV-Infektion bei ihr festgestellt hätte.
„HPV – was heißt denn das für mich?“
„Wenn ich HPV höre, denke ich sofort an Krebs“, gestand sie, „und jetzt hab’ ich richtig Angst. Was heißt denn das für mich? Eigentlich wollte ich meine Frauenärztin noch fragen, aber die hatte die Hütte voll und war ganz hektisch, da hab’ ich’s dann gelassen.“
Ich kann verstehen, dass eine Diagnose jeglicher Art angsteinflößend sein kann, vor allem wenn – wie in diesem Fall – eine Infektion mit HPV in den Medien schnell mal mit Krebs assoziiert wird. Das ist ja auch nicht ganz falsch, aber mir fehlten noch zu viele Informationen, um Millas Frage beantworten zu können.
Unzählige Spielarten eines Virus
Tatsächlich sind HP-Viren die meistverbreiteten sexuell übertragenen Viren, was per se erstmal nichts Schlimmes bedeuten muss. Die Durchseuchungsrate ist sehr hoch, so dass sich rund 80% aller Menschen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal mit HPV infizieren.
Allerdings gibt es ungefähr 200 HPV-Typen, von denen die meisten keine Symptome auslösen. Leider bleiben die Infektionen häufig unentdeckt und können dementsprechend auch nicht behandelt werden. Dadurch wird die Übertragung dann wieder erleichtert, weil man potenziell weniger vorsichtig handelt.
Außerdem unterscheidet man zwischen Niedrigrisiko-Gruppen (z. B. Typ 6 oder 11) und Hochrisiko-Gruppen (z. B. Typ 16 oder 18), auf die ich gleich noch einmal zu sprechen komme.
Ich fragte Milla, ob das HPV-Virus bei einer Routinekontrolle nachgewiesen wurde oder ob sie Symptome bei sich festgestellt hatte. „Letzteres, ich hatte vor einigen Monaten auf einmal Hautveränderungen im Genitalbereich“, sagte sie, und ich spürte, wie unangenehm ihr das Thema war.
„Zuerst hab’ ich selbst ein wenig rumprobiert, ob ich da mit ,Hausmitteln‘ was ausrichten kann. Als das nicht geklappt hat, bin ich irgendwann zu meiner Frauenärztin gegangen. Die hat sich das angeschaut und meinte, dass das unkomplizierte Warzen seien, die mit HPV zusammenhängen.“
Daraufhin habe Millas Gynäkologin einen standardmäßigen PAP-Smear-Test gemacht und die Warzen behandelt.
Der „PAP-Test“ – für viele Frauen ein alter Bekannter
Diesen Test – ein Zellabstrich vom Gebärmutterhals zur mikroskopischen Untersuchung, ob evtl. eine Krebserkrankung oder auch ein Vorstadium vorliegt – gibt es übrigens schon fast hundert Jahre.
Die Abkürzung „PAP“ leitet sich aber nicht etwa vom Papillomavirus ab, sondern verweist auf den Arzt George Papanicolaou, der diese Untersuchung ursprünglich entwickelt hat. Die Zahlen beim PAP-Test („PAP I“ bis „PAP V“) sowie zusätzliche Buchstaben geben nicht nur Auskunft darüber, wie ausgeprägt Veränderungen sind, sondern auch, welches Gewebe betroffen ist.
Und was heißt das jetzt? PAP I weist auf normale, gesunde Zellen hin, PAP II kündet von leichten Zellveränderungen, die weder Krebs noch eine Vorstufe signalisieren. PAP III wiederum kennzeichnet einen unklaren Befund, d. h. es müssen weitere Untersuchungen angestellt werden. Dann gibt es noch PAP IIID, wobei das D für Dysplasie steht, also Zellveränderungen, die aber ebenfalls noch keine Krebserkrankung darstellen.
Erst ab PAP IV läuten die Alarmglocken, denn hier kann eine Krebsvorstufe oder Krebserkrankung vorliegen, evtl. auch im Frühstadium. Auch hier würden weitere Untersuchungen folgen. PAP V gibt hingegen Gewissheit, dass es sich um Zellen eines bösartigen Tumors handelt – eine Krebsdiagnose ist in dem Fall sehr wahrscheinlich.
Bei alledem gilt es zu beachten: Ein auffälliges Ergebnis bei diesem Test ist noch keine Krebsdiagnose. Häufig steckt nur eine Entzündung an Muttermund oder Gebärmutterhals dahinter, und selbst wenn Gewebeveränderungen festgestellt werden, ist dies noch kein Grund zum Verzweifeln, denn bei vielen Frauen bilden sich diese von ganz allein zurück.
Schreck, lass’ nach: Warzen im Genitalbereich!
Bei den Warzen, von denen Milla berichtete, handelte es sich um Feigwarzen im Genitalbereich. Diese werden durch den HPV-Typ 6 oder 11 ausgelöst und sind an sich unproblematisch. Bis sie nach einer Infektion auftreten, können bis zu acht Monate vergehen.
„Dann muss ich mich ja schon vor einem knappen Jahr infiziert haben!“ Milla kramte offenbar in ihrem Gedächtnis, um zu ergründen, wem sie dieses blöde Virus zu verdanken hatte, aber sie kam anscheinend nicht gleich drauf. Stattdessen beschäftigte sie eine andere Frage:
„Und wie werd’ ich diese fiesen Warzen jetzt wieder los?“ Hm, gar nicht so einfach. Man kann sie vereisen, kautern oder operativ entfernen lassen, allerdings können die Warzen jederzeit wieder auftreten, denn das Virus verschwindet nicht aus dem Körper …
„Das sind ja tolle Aussichten“, meinte Milla resigniert, „und was ist dieses Kautern?“ Manchmal setze ich wohl doch zu viel voraus. Also, durch Kauterisation wird Gewebe zerstört, ob mit einem Brenneisen oder einem Ätzmittel (mit dieser Methode kann man z. B. auch eine Blutung stoppen). Milla zuckte merklich zusammen.
Und das Krebsrisiko?
Diese bange Frage hatte Milla ja schon zu Beginn unseres Gesprächs gestellt, aber ich konnte sie beruhigen: Zwar besteht prinzipiell ein Entartungsrisiko, allerdings ist das sehr gering, weil die Feigwarzen von den Niedrigrisiko-HPV-Typen ausgelöst werden. Werden (Schleim-) Hautveränderungen durch die Hochrisiko-Typen 16, 18, 31… ausgelöst, ist das Krebsrisiko deutlich höher, doch selbst eine Infektion mit einem Hochrisiko-Typ heißt noch nicht, dass sich unweigerlich ein Gebärmutterhalskrebs daraus entwickeln würde.
Eine chronische Infektion mit einem Hochrisiko-Typ kann allerdings dazu führen, dass Zellen des Gebärmutterhalses (Zervix) entarten und früher oder später zu Krebs werden.
Deshalb sind Pap-Tests (Abstriche des Gebärmutterhalses) so wichtig und sollten in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden, denn damit lässt sich die Zervix auf eben solche entarteten Zellen untersuchen, um so ein sich möglicherweise entwickelndes Zervixkarzinom frühzeitig zu erkennen.
Jedes Karzinom ist natürlich eines zu viel, aber von den Patientinnen, die sich mit einem Hochrisiko-Typ infiziert haben, erkranken im Schnitt nur ca. 1% tatsächlich an Gebärmutterhalskrebs. Daneben sind allerdings auch Karzinome im Nasen-/ Rachenbereich möglich. Jedes Jahr erkranken in Deutschland ca. 6.300 Frauen und 1.600 Männer an HPV-assoziierten Karzinomen.
Man sieht also: Auch wenn deutlich mehr Frauen an HPV-bedingten Krebsarten erkranken und sterben, können auch Männer betroffen sein, und die spielen halt leider auch eine große Rolle bei der Verbreitung.
Für Milla stand jedoch erst einmal „tief durchatmen“ auf dem Programm. Mit regelmäßigen Vorsorge-Untersuchungen und ein paar weiteren Hinweisen kann sie das Risiko nämlich relativ gering halten.
Wie bereits erwähnt, wird HPV u. A. durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen. Das Nutzen von Kondomen oder Lecktüchern kann das Übertragungsrisiko deutlich verringern. Aber es gibt auch andere Wege der Ansteckung.
Risikofaktoren für Ansteckung bzw. Entwicklung eines Zervixkarzinoms:
- Übertragung durch eine infizierte Mutter während der Geburt
- erster Geschlechtsverkehr vor dem 16. Lebensjahr
- bereits bestehende genitale Infektionen
- Einnahme der „Pille“ für mindestens fünf Jahre
- supprimiertes Immunsystem
- Rauchen
Ein Plädoyer für eine frühe Impfung
Gerade angesichts der erschreckend hohen Infektionsrate sollten Eltern ihre Kinder – ob Mädchen oder Junge – gegen HPV impfen lassen, am besten im Alter von 9 bis 14 Jahren. Diese Möglichkeit gibt es schon seit einigen Jahren, und obwohl ich selbst nicht jede Impfung für sinnvoll halte, würde ich diese durchaus empfehlen.
Ein weiterer, nicht unerheblicher Faktor, der die Entstehung eines Karzinoms beeinflussten kann, ist das vaginale Mikrobiom, wie neue Studien gezeigt haben.
„Vaginales Mikrobiom?“ Millas Überraschung war nicht gespielt: „Dass es im Darm ein Mikrobiom gibt, wusste ich, aber dass auch die Vagina eines haben soll, ist mir völlig neu!“
Das geht vielen meiner Patientinnen so, aber allein, dass sie schon mal vom Darmmikrobiom gehört hatte, freute mich sehr.
Im Vergleich zum intestinalen Mikrobiom weist das vaginale Mikrobiom eine geringere Diversität auf, sprich: Es tummeln sich weniger unterschiedliche Bakterienstämme. Man unterscheidet grundlegend fünf Typen, basierend auf der Häufigkeit bestimmter Laktobazillus-Stämme.
Es hat sich gezeigt, dass sich das Risiko einer HPV-Infektion – und sogar einer Infektion mit einem Hochrisiko-Typ – je nach vorherrschendem Laktobazillus-Typ relativ gut vorhersagen lässt. Bei einer vaginalen Flora jedenfalls, die im Verhältnis eher weniger Laktobazillen aufweist, scheint das Infektionsrisiko erhöht zu sein.
Laktobazillen – die guten Geister in jeder Vagina
Doch nicht nur, was eine HPV-Infektion betrifft, stellen Laktobazillen einen schützenden Faktor dar. Sie können das „Andocken“ von Erregern im Genitalbereich erschweren, bei Entzündungsreaktionen helfen und somit andere genitale Infektionen verhindern. Nicht zuletzt spielen sie die Hauptrolle bei der Frage, ob sich ein befruchtetes Ei einnisten kann oder nicht!
Darüber habe ich hier schon mal geschrieben:
Ich fragte Milla nach den typischen Risikofaktoren für ein unausgewogenes vaginales Mikrobiom: Wie stand es um Antibiotika-„Kuren“ oder die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel? Beides bejahte sie: „Ich hab’ immer wieder mal Blasenentzündungen, gegen die mir dann regelmäßig Antibiotika verschrieben werden. Damit werd’ ich sie zwar los, aber trotzdem tauchen sie immer wieder auf.“
Ein typischer Teufelskreis, von dem viele meiner Patient:innen berichten. Zur Vermeidung einer erneuten Blasenentzündung braucht frau in erster Linie ein gesundes vaginales Mikrobiom, … das leider durch die häufigen Antibiotikagaben immer wieder durcheinandergebracht wird.
Mehr zu diesem Thema finden Sie auch hier:
Aus diesem Grund empfahl ich Milla OMNi-BiOTiC® FLORA plus, ein Probiotikum, das reich an Laktobazillen ist. Studien haben gezeigt, dass exakt jene vier Lactobacillus-Stämme in diesem Probiotikum entscheidend sind für eine gesunde, aktive Immunabwehr im vaginalen Mikrobiom. Diese werden einfach getrunken und werden vom freundlichen Nachbarn, dem Darm, direkt an ihren Wirkort „nebenan“ geleitet. Dort können sie sich ansiedeln und ihre Schutzfunktion ausüben.
Damit würde Milla nicht nur Schlimmeres durch ihre HPV-Infektion verhindern, sondern – als Nebeneffekt – auch ihre wiederkehrenden Blasenentzündungen im Zaum halten!
Diese versöhnliche Aussicht ließ die Miene meiner jungen Patientin von besorgt auf hoffnungsvoll umspringen. Was die Behandlung ihrer Feigwarzen betraf, wollte sie sich noch etwas Bedenkzeit gönnen …
Ich hoffe, ich konnte auch Sie sensibilisieren für das HPV-Risiko, das gerade im jugendlichen Alter wirkungsvoll eingedämmt werden kann. Vielleicht haben Sie ja Kinder oder Enkel, die Sie entsprechend schützen können?
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
Humanes Papillomavirus
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge