Allergiker jeden Alters und Geschlechts sehen dem Frühlingsbeginn mit gemischten Gefühlen entgegen. Wie lässt sich Kleinkindern dieses Schicksal ersparen?
Aktuell sind es vor allem die Pollen von Erle und Haselnuss, die Allergikerinnen und Allergiker wie Rebekka* (28) ärgern. Sie ist allerdings ganzjährig von Symptomen betroffen, reagiert sie doch heftig auf den Kot von Hausstaubmilben.
Dennoch sollte es bei ihrem jüngsten Besuch nicht um ihre eigenen Allergien gehen: „Meine größte Sorge ist, dass mir meine kleine Tochter (Marie*, 5 Monate) nachfolgt und ebenfalls Allergien entwickelt“, bekannte sie und wollte wissen, was sie tun bzw. unterlassen solle, wenn sie jetzt mit Beikost starte:
„Sollte ich den Kontakt zu bestimmten Allergenen vermeiden, oder gibt’s vielleicht ’ne spezielle Ernährung?“ Tatsächlich gibt es viele Empfehlungen zur Verringerung des Allergierisikos bei Säuglingen und Kleinkindern. Aber wie entstehen eigentlich Allergien?
Der atopische Marsch – rechtzeitig abbiegen!
Rebekkas Sorge war gewiss nicht übertrieben, denn durch die genetische Vorbelastung, also die Allergie ihrer Mutter, trägt die kleine Marie bereits ein um ca. 30% erhöhtes Risiko, eine Allergie zu entwickeln. Bei Kindern, deren Eltern beide Allergiker sind, steigt das Risiko entsprechend auf ca. 60%.
Hierbei wird nicht eine Allergie vererbt, sondern die Wahrscheinlichkeit, Allergien zu entwickeln. Das nennt sich „Atopischer Marsch“ oder „Atopischer Formenkreis“ und beginnt häufig im Kleinkindalter mit Neurodermitis, dann folgen Asthma Bronchiale und später der Heuschnupfen.
Einige Mediziner zählen auch die Dreimonats-Koliken dazu, als erstes Zeichen, dass im Darm etwas nicht stimmt. Und genau das ist der springende Punkt beim Atopischen Formenkreis. Aber dazu später.
Schuld ist nicht der Bossanova
Definitiv nicht. Aber an der Entwicklung von Allergien sind auch nicht nur die Gene Schuld. Daneben spielen unter anderem auch z. B. die Feinstaubbelastung, Tabakrauch oder eine stark übertriebene Hygiene eine Rolle. Gerade Letzteres steht im starken Widerspruch zu den Erfahrungen, die einem frühen Kontakt mit potenziellen Allergenen nachgesagt werden:
Wer zum Beispiel das Glück hatte, auf einem Bauernhof aufzuwachsen (ich habe dabei das Ideal eines kleinen Milchviehbetriebs in den 60er Jahren vor Augen), hatte größere Chancen, allergiefrei durchs Leben zu gehen, als ein unter herausragenden hygienischen Bedingungen aufgewachsenes Stadtkind.
Wir können die Zeit zwar nicht zurückdrehen, aber das Prinzip lässt sich auch auf andere Konstellationen anwenden: Wenn ein Säugling z. B. ältere Geschwister hat, die schon in Kita, Kindergarten oder Schule ein- und ausgehen und jeden zweiten Tag einen anderen Infekt mit nach Hause bringen, kann auch dies der Entstehung einer Allergie – durch Exposition – vorbeugen.
Diese „Abhärtungsstrategie“ gilt freilich nicht für jedes Allergen! Der Kontakt mit Schimmelpilzen etwa sollte tunlichst vermieden werden, weil dies das Risiko für die Entstehung einer Allergie unnötig erhöhen würde. Zwar fallen auch Pollen von Blüten und Gräsern in diese Kategorie, aber wenn draußen die Pollen herumfliegen, ist es schwer, den Kontakt zu vermeiden.
Lasst uns über Haustiere sprechen
Wenn es aber darum geht, Allergien bei Säuglingen und Kleinkindern gar nicht erst entstehen zu lassen, müssen wir auch über Haustiere reden, besonders über Katzen. Ich wollte Rebekka zumindest dafür sensibilisieren, keine Katze neu anzuschaffen, solange ihr Kind noch so klein ist.
„Also erstmal keine Katze“, fasste Rebekka zusammen, „das leuchtet mir ein. Extra auf einen Bauernhof ziehen – das sehe ich allerdings nicht gerade …“, meinte sie und grinste. Ebenso wenig ließ sich die Tatsache ändern, dass Marie nun mal ihr erstes und einziges Kind war, aber dennoch gibt es viele weitere Faktoren, die Rebekka beherzigen kann, um Maries Allergierisiko zu senken.
Um eine Allergie entwickeln zu können, benötigt der Körper einen ersten Kontakt zu einem Allergen. Der Körper wird dabei für das bestimmte Antigen sensibilisiert, es werden also Antikörper gegen das Antigen gebildet. Dabei tritt noch keine allergische Reaktion auf. Für eine richtige allergische Reaktion braucht es daher mindestens zwei Kontakte zu dem spezifischen Allergen.
Durch die schon im Körper vorhandenen Antikörper können die Mastzellen (bestimmte Immunzellen) sofort reagieren und Botenstoffe wie Histamin ausschütten, was zu den typischen Allergiesymptomen führt. Das Immunsystem reagiert also über und bekämpft eigentlich harmlose Stoffe. Je nach Ausprägung der Allergie kann das bis zu einem anaphylaktischen Schock führen und lebensbedrohlich sein.
„Also müssen wir das Immunsystem an einer Überreaktion hindern“, schlussfolgerte Rebekka ganz richtig. Dabei gilt der Grundsatz: Stark ist ein Immunsystem dann, wenn es vor Allergien schützen kann.
Die Art der Geburt ist ganz entscheidend
Der Weg zu einem starken Immunsystem und einer Reduktion des Allergierisikos beginnt schon mit der Geburt. Der bestmögliche Start ins Leben ist dabei eine natürliche Geburt – denn beim Kaiserschnitt bleibt die natürliche „Schluckimpfung“ aus, bei der das Kind in Kontakt mit dem vaginalen Mikrobiom der Mutter kommt.
Das Darmmikrobiom eines Kaiserschnittkindes entwickelt sich nicht so gut wie das eines Kindes, das auf natürlichem Weg auf die Welt gekommen ist, und auch das Allergierisiko ist erhöht. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier:
„Zum Glück konnte ich Marie auf natürlichem Weg auf die Welt bringen“, erzählte Rebekka, „einen Kaiserschnitt hätte ich nur im Notfall machen lassen“. Der erste Grundstein für eine gute Entwicklung von Maries Immunsystem war also gelegt.
Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich auch die Ernährung des Säuglings. Die beste Option ist eindeutig die Muttermilch: Sie enthält nicht nur alle wichtigen Nährstoffe für die Entwicklung des Säuglings, sondern bildet auch eine wichtige Unterstützung für sein Immunsystem.
Wenn möglich, sollte in den ersten fünf Lebensmonaten Muttermilch die ausschließliche Nahrungsquelle für das Kind darstellen, das Allergierisiko sinkt dadurch deutlich. Doch nicht jede Mutter kann und möchte voll stillen. Eine Alternative zur Muttermilch ist Formulanahrung für Säuglinge. Diese gibt es auch als spezielle hypoallergene Nahrung für Kinder mit erhöhtem Risiko für Allergien.
Die darin enthaltenen Allergene, vor allem Kuhmilch, werden in der Formulanahrung so gespalten, dass die übrigbleibenden Partikel nicht vom Immunsystem erkannt werden können – die Allergieentwicklung wird also zuerst einmal verhindert.
Mein gespaltenes Verhältnis zur Kuhmilch können Sie hier einsehen:
Rebekka und Marie sind die ersten fünf Monate aber auch gut ohne hypoallergene Formulanahrung ausgekommen. „Natürlich werde ich auch weiterhin stillen, nur möchten wir halt langsam mit dem Zufüttern von Beikost beginnen.“ Verständlich.
Mit Vielfalt ist schon viel erreicht
Empfohlen ist der Beikost-Start für Säuglinge mit fünf bis sieben Monaten. In diesem Alter beginnt oft ein gewisses Interesse für „das, was Mama und Papa so essen“, und das Kind kann nun auch Brei schlucken. Das heißt natürlich nicht, dass Marie vom ersten Tag an brav ihren Brei vom Löffel essen wird. Wie andere motorische Fähigkeiten auch will das Essen vom Löffel geübt sein.
„Na ja, das haben wir ja alle mal geschafft“, meinte Rebekka spöttisch, „aber mit welcher Art Brei soll ich denn beginnen?“ Am besten mit einem reinen Gemüsebrei, unter den man dann mit der Zeit auch Fleischfasern und Kartoffeln mischen kann.
Durch den süßlichen Geschmack sind zum Beispiel Karotte oder Pastinake als Ersterfahrung mit dem „Abenteuer Beikost“ gut geeignet (Beikost steht hier für „das Stillen ergänzende Kost“). Funktioniert das Zufüttern mit Gemüse-Fleisch-Brei gut, können Milch-Getreide-Brei und Getreide-Obst-Brei ergänzt werden. Durch eine vielfältige Lebensmittelauswahl werden so verschiedene Nährstoffe ausreichend aufgenommen.
Wichtig ist zum Beispiel Eisen, das für ein normales Wachstum des Kindes essenziell ist. Die bei Geburt noch gut gefüllten Eisenspeicher leeren sich im Laufe der ersten Lebensmonate, weshalb ein Säugling mit Beginn der Beikost unbedingt Eisen über die zugefütterte Nahrung aufnehmen sollte. Regelmäßig Fleisch, aber auch eisenreiches Gemüse wie Spinat oder Brokkoli sind also unbedingt zu empfehlen.
Wie ein Brei zubereitet werden sollte
- Babybrei nicht würzen. Gerade Salz kann schon in geringen Mengen zu erhöhtem Blutdruck führen, und auch industrieller Zucker sollte besonders im ersten Lebensjahr vermieden werden.
- Den Brei gut pürieren. Besonders zu Beginn des Zufütterns mit Brei müssen die Kinder erst einmal das Schlucken von Brei lernen, enthaltene Stückchen bergen ein großes Risiko, verschluckt zu werden. Bei älteren Kindern, die man an feste Nahrung gewöhnen möchte, dürfen dann aber natürlich immer mehr Stückchen enthalten sein.
- Nicht jedes Lebensmittel verwenden. Während Lebensmittelvielfalt wünschenswert ist, sollte auf einige Lebensmittel verzichtet werden: Honig darf wegen potenziell enthaltenem Botulinumtoxin erst ab 12 Monaten gefüttert werden. Nüsse sollten wegen des Risikos, sich an größeren Stücken zu verschlucken, wenn überhaupt, nur in gemahlener Form oder als Nussmus gegeben werden. Auch schwer verdauliche Lebensmittel wie Kohl oder Linsen sollten gerade zu Beginn gemieden werden.
Was generell für die Exposition mit Allergenen gilt (Stichwort Bauernhof), kann auch für potenziell allergene Lebensmittel gelten: Es gibt mittlerweile Hinweise darauf, dass ein entsprechendes Vermeidungsverhalten kontraproduktiv ist. Es sollte also bei der Beikost möglichst früh eine große Lebensmittelauswahl eingeführt werden.
Mindestens einmal pro Woche sollte das Kind grätenfreien Fisch bekommen, außerdem auch regelmäßig gut durcherhitztes Ei, zum Beispiel in Form von zuckerfreien Kuchenbröseln.
„Und was ist mit Erdnüssen?“
Gute Frage. Zum Thema Erdnussallergie gibt es tatsächlich neue Erkenntnisse**: „Das beste Alter, um Erdnussprodukte in die Ernährung von Säuglingen einzuführen, ist offenbar zwischen vier und sechs Monaten. Laut einer Modellierungsstudie aus England könnten 77 % aller Erdnussallergien verhindert werden, wenn Babys in diesem Zeitfenster zum ersten Mal Erdnussprodukte zu essen bekommen. Werden Erdnussprodukte – zum Beispiel Erdnussbutter (nie ganze Erdnüsse) – frühzeitig in die Ernährung von Babys eingeführt, kann dies Allergien vorbeugen.“
Oberstes Ziel: die Stärkung der Darmbarriere
Stark beeinflusst von der Ernährung, sind natürlich auch die Darmbakterien ein großer Einflussfaktor auf die Entstehung von Allergien. Wie auch bei Erwachsenen, zeigen Untersuchungen an Kindern, dass Abweichungen der Darmflora mit einem erhöhten Allergierisiko einhergehen. Und auch mit dem Risiko, Koliken zu entwickeln, also einem Reizdarm bei Babys, wie ich es hier beschrieben habe:
Werden Säuglinge in den ersten Lebensmonaten beispielsweise mit Antibiotika behandelt (was eine Dysbiose der Darmflora nach sich zieht), tragen diese Kinder später ein erhöhtes Allergierisiko. Auch geringe Spiegel von kurzkettigen Fettsäuren, wichtige Nährstoffe für das Darmepithel, sind mit einem erhöhten Allergierisiko assoziiert. Natürlich ist es ebenso fatal, wenn die stillende Mutter Antibiotika einnehmen muss!
„Jaja, ich weiß, dann muss sofort OMNi-BiOTiC® 10 eingenommen werden“. Meine Patientin rollte belustigt mit den Augen. Egal, Hauptsache, sie hat das Thema verinnerlicht. Schön wäre es, wenn auch Kinderärzte so reagieren würden! Für Säuglinge gibt es jetzt OMNi-BiOTiC® 10 Kids mit der halben Dosierung, für den Fall einer Antibiose bei Säuglingen. Aber zum Glück traf das auf Marie ja nicht zu.
Wir beschlossen nun, Maries Darmmikrobiom mit einem Probiotikum zu unterstützen, das über vier wichtige Bakterienstämme verfügt: OMNi-BiOTiC® PANDA wurde für Kinder im ersten Lebensjahr entwickelt, um in dieser für die Entwicklung des Immunsystems entscheidenden Zeit die richtigen Weichen zu stellen.
Studien*** haben gezeigt, dass selbst „High-Risk-Babys“ von atopischen Eltern bei Verabreichung dieses Probiotikums deutlich weniger Allergien entwickelten. Dabei ist es ratsam, der Mutter bereits ab dem achten Schwangerschaftsmonat und dem Säugling ab dem ersten Lebenstag OMNi-BiOTiC® PANDA zu geben. Ab dem ersten Geburtstag bis zum Ende des dritten Lebensjahres wird OMNi-BiOTiC® PANDA durch OMNi-BiOTiC® 6 ersetzt.
Rebekka schien beruhigt und fühlte sich gut präpariert, mit der Beikost bei Marie zu beginnen. Ich bin zuversichtlich, dass sie mir bald von den Fortschritten mit der Beikost berichten wird.
Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Namen geändert
** https://www.kup.at/kup/pdf/9203.pdf
Baby Allergie vermeiden
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge