Auch mir wurde in jungen Jahren der Appendix entfernt. Doch nicht immer ist damit die Gefahr einer erneuten „Blinddarmentzündung“ gebannt …
Die Mär, dass der „Blinddarm“ (genauer: der Wurmfortsatz bzw. Appendix) nutzlos sei und man daher gut darauf verzichten könne, ist längst widerlegt: Nicht nur ist er an Immunvorgängen beteiligt, weil viel Lymphgewebe in ihm steckt, sondern er dient auch als Rückzugsort für die wichtigsten Leitkeimstämme unserer Darmbakterien!
Gerade weil sich im Appendix die größten Ansammlungen von Lymphfolikeln befinden, kommt es beim Auftreten pathogener Keime hier schnell zu einer Immunabwehr in Form einer entzündlichen Reaktion, was dann eine operative Entfernung des Wurmfortsatzes erforderlich macht.
Wie man erkennen kann, ob sich das „Darmanhängsel“ entzündet hat, habe ich hier schon einmal geschildert:
Wer allerdings meint, mit so einem Eingriff sei zumindest dieses Gesundheitsrisiko für immer eliminiert, sei eines Besseren belehrt. Da sich der bei „doccheck“ beschriebene Fallbericht*, auf den ich mich hier beziehe, wie ein Krimi liest, will ich nicht weiter vorgreifen (Spoiler-Alarm: es war nicht der Gärtner), sondern lieber ausführlich aus dem Artikel zitieren, der den kecken Titel trägt „Jährlich grüßt der Wurmfortsatz“:
„Eine 47-jährige Frau stellt sich aufgrund von starken abdominellen Schmerzen in der Notaufnahme vor. Seit circa einem Monat verspüre sie regelmäßig kolikartige, periumbilikale Schmerzen (in der Nabelgegend, Anm. DP), die in den rechten Unterbauch ausstrahlen. Heute seien diese zusätzlich von Übelkeit und Erbrechen begleitet und nicht durch Körperposition oder Medikamente zu lindern.“
Okay, Schmerzen im rechten Unterbauch erregen immer den Verdacht auf eine Appendizitis, also eine Entzündung des Wurmfortsatzes, aber die Anamnese war da noch nicht abgeschlossen:
„Bei der Untersuchung erweisen sich die Vitalparameter der Patientin als stabil. Sie hat eine rosige Hautfarbe, ist aktiv und wach. Die abdominelle Untersuchung zeigt ein weiches Abdomen, jedoch mit allgemeiner Empfindlichkeit, hauptsächlich im rechten Unterbauch. Rebound-Schmerz und Rovsing-Zeichen sind positiv.“

Nur kurz zum Verständnis: Von Rebound-Schmerzen spricht man, wenn der Schmerz noch zunimmt, nachdem der Druck auf den empfindlichen Bereich nachlässt. Und das Rovsing-Zeichen, benannt nach einem dänischen Chirurgen, gilt als ein Indikator für eine mögliche Appendizitis, wenn beim Ausstreichen des Dickdarms Schmerzen ausgelöst werden.
Seltsamerweise fiel den untersuchenden Ärzten erst dann „im Bereich des Abdomens eine Narbe auf, die auf eine zurückliegende offene Appendektomie (operative Entfernung des Appendix, Anm. DP) hinweist. Die Patientin bestätigt dies: Die Operation sei vor einem Jahr bei akuter gangränöser Appendizitis durchgeführt worden.“
Gangränös bezeichnet ein Stadium, in dem bereits die Gefahr eines Darmdurchbruchs besteht. Die OP war also offenbar dringend nötig gewesen. Für die Ärzte ist das ganze ein Rätsel, denn: „Der klinische Befund entspricht dem klassischen Bild einer Appendizitis – Differenzialdiagnosen wie Harnwegsinfekt oder Divertikulitis erscheinen zunehmend unwahrscheinlich. Doch eine Appendizitis nach Appendektomie? Das klingt unplausibel.“
Wenn nicht sein kann, was nicht sein darf, bleibt nur eines: „Eine Computertomographie (CT) des Abdomens und des Beckens mit Kontrastmittel schafft schlussendlich Klarheit: Tatsächlich zeigt sie eine Entzündung eines verbliebenen Teils des Wurmfortsatzes. Die Diagnose: Rezidivierende Appendizitis.“
Eine unentdeckte Appendizitis kann schnell zu einem Notfall werden, zu einem „akuten Abdomen“.Woran man diesen erkennt, lesen sie hier:
Shocking! Was beim ersten Mal nicht vollständig entfernt wurde, konnte sich erneut entzünden. Doch weiter aus dem Operationsbericht: „Bei der ersten Appendektomie wurde die Wurmfortsatzwurzel abgebunden, der Wurmfortsatz jedoch nicht vollständig entfernt. Ein Teil wurde aufgrund schwerer Verwachsungen in situ belassen.“ (In situ ist lateinisch für ,am Platz’, aber man könnte es in diesem Fall auch frei übersetzen mit: ,Da sollten wir lieber nicht dran rühren’.)
Zu meinem Erstaunen wollte man offenbar auch diesmal nicht daran rühren (keineswegs maße ich mir an, das ärztliche Vorgehen in Zweifel zu ziehen, es gab dafür sicher gute Gründe), sondern beschränkte sich auf massive Antibiotikagaben – mit Erfolg: „Die Patientin wurde zwei Tage lang konservativ antibiotisch behandelt, worunter sie sich klinisch deutlich besserte. Sie wurde bei gutem Allgemeinzustand und ohne Komplikationen nach Hause entlassen.“
Was mir fehlt, ist ein Hinweis auf die begleitende Zufuhr eines Probiotikums! Wie wichtig dies ist, um eine Antibiotika-assoziierte Diarrhoe zu verhindern, sollte mittlerweile jedem klar sein, und wenn nicht, empfehle ich diese Lektüre:
Was lernen wir daraus? Sollten sie, obwohl Sie bereits ihren Wurmfortsatz verloren haben, erneut die typischen Symptome einer „Blinddarmentzündung“ verspüren, lassen Sie unbedingt abklären, ob nicht eine rezidivierende Appendizitis vorliegt. Vorbeugend ist nach wie vor die beste Maßnahme, mit gesunder Kost Ihren Darmbakterien die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, und damit sich keine pathogenen Knilche einnisten können, helfen Multispezies-Probiotika!
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle wörtlichen Zitate entstammen einem Artikel, der im Januar 2025 bei „doccheck“ veröffentlicht wurde. © doccheck
Blinddarmentzündung
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.
Wie immer herzlichen Dank für diesen Beitrag Frau Praßler,
mir wurde vor ca 40 Jahren dieses Teil entfernt und das eigentlich ohner Grund. Wegen Schmerzen in dieser „Gegend“ wurde ich eingeliefert und am nächsten Morgen war ich im OP. Als ich wieder wach wurde,erführ ich,daß es keine Ebtzündung war, aber „wenn schon mal offen ist, haben wir ihn gleich rausgemacht“ (O.Zitat)
Warum ich das dennoch erwähne: an der Narbenstelle hab ich seitdem immer wieder (leichte !!) Schmerzen. Damals sprach man (Monate später) von Wundschmerzen. Wenn ich heute lese, daß der BDarm (wie von mir schon immer vermutet) doch nicht umsonst da ist, macht mich das echt ärgerlich.
Hallo Herr Holfelder!
Ihren Ärger kann ich gut verstehen. Lassen Sie sich von einem Arzt, der Neuraltherapie anbietet, die Narbe mit Procain unterspritzen.
Dann ist die Narbe „entstört“ und sollte nicht mehr schmerzen.
Alles Gute und liebe Grüße! Dagmar Praßler