Viel zu oft bleibt eine korrekte Diagnose dem Zufall überlassen. So war es auch bei diesem Patienten, der von einer Hämochromatose betroffen ist. Dabei zählt dieser Gendefekt zu den häufigsten Erbkrankheiten überhaupt!
Immer wieder begegne ich in meiner Praxis Patientinnen und Patienten, die unter Eisenmangel leiden. Dies betrifft in erster Linie Frauen, vor allem aber Menschen, die sich rein pflanzlich ernähren und nicht genug Eisen über ihre Nahrung aufnehmen. Mein neuester Patient Sebastian* (34) hatte allerdings das gegenteilige Problem – er litt unter einer Hämochromatose, einem Eisenüberschuss im Körper.
Zu viel Eisen und die Folgen
„Es hat sehr lange gedauert, bis meine Hausärztin irgendwann die Eingebung hatte, mich auf Hämochromatose zu untersuchen. Bis dahin hatte ich weder eine Ahnung, dass man zu viel Eisen im Körper haben kann, noch, dass dies die Erklärung für meine konstante Schlappheit sein könnte“, erzählte Sebastian.
Seine Ärztin habe er aber nicht nur deswegen immer wieder aufgesucht, sondern auch, weil er immer mal wieder über starke Bauchschmerzen und heftige Durchfälle zu klagen hatte. Später kamen auch noch Gelenkschmerzen dazu. „Eigentlich hatte ich ja eher das Gefühl, dass meinem Körper irgendwas fehlen würde“, berichtete er.
Das Gegenteil war jedoch der Fall! Die übermäßige Ablagerung von Eisen – eben jene spät diagnostizierte Hämochromatose – hatte die unspezifischen Symptome ausgelöst. Als der Ärztin bei einer Untersuchung eine Vergrößerung seiner Leber auffiel, begann sie die Möglichkeit einer Stoffwechselerkrankung in Betracht zu ziehen – und lag richtig.
Leider erlebe ich genau das immer wieder: Wenn mal eine Hämochromatose erkannt wird, geschah es erstens sehr spät und häufig eher zufällig. Immerhin hatte Sebastian das „Glück“ einer belastbaren Diagnose nach einem Gentest, bei dem sich eine Mutation im HFE-Gen ergab, das den Eisenstoffwechsel reguliert.
Wie eine Hämochromatose entsteht
Dieser angeborene Gendefekt ist der häufigste Grund für die Entstehung einer Eisenüberladung. Unterschieden werden dabei vier verschiedene Typen der angeborenen Eisenspeicherkrankheit, die vom genauen Ort der Mutation und dem dadurch betroffenen Protein abhängen.
„Wie kann es eigentlich sein“, platzte es aus meinem Patienten heraus, „dass ich bis jetzt noch nie Probleme damit hatte, obwohl ich diese Genveränderung doch offenbar schon immer hatte?“ Tja, dass eine Hämochromatose erst im Erwachsenenalter auffällt, ist tatsächlich gar nicht so selten. Es liegt wohl daran, dass der menschliche Körper die Folgen der meisten Mutationen im Eisenstoffwechsel lange kompensieren kann und geringgradige Eisenablagerungen nicht sofort auffallen.
Gerade bei Frauen, die ohnehin eher zu Eisenmangel neigen, zeigt sich eine Hämochromatose oft sogar erst nach der Menopause, weil die Menstruation und der damit einhergehende Blutverlust den Eisenüberschuss ausgleichen. Lagert sich durch die Hämochromatose mit der Zeit immer mehr Eisen im Körper ab, führt das aber irgendwann doch zu solchen Symptomen, unter denen nun auch Sebastian litt.
Eisenüberladungen müssen aber nicht unbedingt angeboren sein. Auch bei Lebererkrankungen wie der Hepatitis C lassen sich Eisenablagerungen in den Leberzellen finden.
Ohne Eisen läuft es nicht
Um besser verstehen zu können, was in Sebastians Körper nicht so funktioniert, wie es sollte, erlaubte ich mir einen kleinen Exkurs zum Eisenstoffwechsel:
Wir benötigen täglich eine Eisenaufnahme von ca. 10 mg. In diesem Wert ist schon berücksichtigt, dass nur 5-40% des mit der Nahrung aufgenommenen Eisens im Darm resorbiert werden. Abhängig ist die Eisenaufnahme auch von den im Körper vorhandenen Eisenspeichern, die für 5 bis 7 g gut sind. Der größte Anteil von ca. 70% dieses Eisens ist im Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, gebunden, aber auch Myoglobin, ein Protein des Muskelgewebes, speichert Eisen.
Und dann gibt es da noch verschiedene Zelltypen, die Eisen mithilfe des sogenannten Ferritin-Proteins speichern können. Schon im Magen wird dafür Vorarbeit geleistet: Das an Proteine gebundene Eisen wird dort freigesetzt und über Transporterproteine der Darmwand in die Zellen des Darms aufgenommen.
Ein verzweigtes Transportsystem
Anders als bei der Deutschen Bahn kann man sich auf den „Shuttle-Service“ im Darm verlassen: Das Protein Mobilferrin (der Name ist Programm!) bindet das Eisen und kommt dann seinem Auftrag als „Eisen-Shuttle“ nach, indem es für den Weitertransport Richtung Blutkreislauf sorgt.
Im Blut angekommen, bindet das Eisen an ein weiteres Protein: das Transferrin. In dieser „Darreichungsform“ können Zellen, die Eisen benötigen oder speichern, das Eisen dann über Transferrin-Rezeptoren aufnehmen.
Und hier kommt die Mutation im HFE-Gen ins Spiel, denn über dieses Gen wird die Interaktion zwischen Transferrin und Transferrin-Rezeptoren geregelt. Wird diese Interaktion durch eine Mutation gestört, funktioniert die Eisenaufnahme in die Zellen nicht. In der Folge werden mehr und mehr Eisentransportproteine in die Darmwand eingebaut, die Eisen aus der Nahrung aufnehmen, das sich mit der Zeit in verschiedenen Geweben ablagert und dort Schaden anrichten kann.
Wo sich Eisen bevorzugt ablagert
Unter dieser übermäßigen Eisenablagerung hatte besonders Sebastians Leber gelitten. Das ist deshalb so gefährlich, weil diese Ablagerung mit der Zeit zu einer Leberzirrhose und einem erhöhten Risiko für hepatozelluläre Karzinome (vulgo: Leberkrebs) führen kann. Als erste und wichtigste Maßnahme empfahl ich Sebastian daher ein Multispezies-Probiotikum, das sich gezielt die Gesundung seiner Leber vornehmen würde: OMNi-BiOTiC® HETOX.
In einer Studie der Medizinischen Universität Graz mit Patient:innen, die unter einer „kompensierten Leberzirrhose“ litten (deren Leber also grundsätzlich noch ihre zentralen Stoffwechselfunktionen erfüllen konnte) über einen Zeitraum von 6 Monaten erzielte dieses Präparat (im Vergleich zu einer Placebo-Gruppe) eine deutliche Verbesserung der Leberfunktion.
Vor allem die Infektanfälligkeit, über die Patient:innen mit Leberfunktionsstörungen häufig klagen, konnte durch eine verbesserte Immunfunktion reduziert und die Lebensqualität der Patient:innen nachweislich verbessert werden – allein durch die Gabe von humanen Bakterien, die in jedem gesunden menschlichen Darm vorkommen!
Sebastian hing an meinen Lippen, und ich legte ihm diese Lektüre ans Herz:
Ein Spotlight auf die Leber
Wenn man weiß, dass die Leber neben der Entgiftung des Körpers auch bei verschiedenen Stoffwechselvorgängen wie der Fettverdauung und der Regulation des Blutzuckerspiegels eine wichtige Rolle spielt, sollte man alles tun, um diesem wichtigen Organ wieder zu voller Stärke zu verhelfen. Dabei hilft auch ein anderes, sehr spezielles Präparat, das Sebastian künftig unzerkaut vor dem Essen mit etwas Flüssigkeit zu sich nehmen sollte:
META-CARE® Leber enthält nicht nur den essenziellen Nährstoff Cholin, der den Fettstoffwechsel unterstützt, sondern zusätzlich Extrakte aus der Mariendistel, Löwenzahn- und Wasabiwurzel sowie aus Traubenkernen – sämtlich wichtige Mikronährstoffe, die einer geschwächten Leber gezielt wieder auf die Beine helfen.
Last, not least, empfahl ich meinem Patienten bei dieser Gelegenheit auch noch das Präbiotikum OMNi-LOGiC IMMUN, das quasi als Futter für unsere wichtigsten Darmbakterien fungiert. Indem er diese „anfüttert“, würde nämlich auch seine Darmbarriere gestärkt.
War’s das? Mitnichten!
Leider ist die Leber nicht das einzige Organ, in dem sich das Eisen besonders gut ablagern kann – davon zeugen die unterschiedlichen Symptome der Krankheit: Zum einen kann das Herz betroffen sein, was Herzrhythmusstörungen oder eine Herzinsuffizienz auslösen kann:
Auch die Inselzellen des Pankreas, also jene Zellen, die für die Insulinproduktion zuständig sind, können durch Eisenablagerung zugrunde gehen. Das kann dann schnell zu einer Diabeteserkrankung führen! Ablagerungen finden sich aber auch in Gelenken und in der Haut, was Betroffene über Gelenkschmerzen bzw. eine verstärkte Pigmentierung der Haut klagen lässt.
Über die wichtigen Funktionen der Bauchspeicheldrüse habe ich mich hier ausgelassen:
„Mit anderen Worten“, unterbrach mich Sebastian, „ich kann also noch von Glück sagen, dass meine Krankheit erkannt wurde, bevor noch mehr Organe betroffen waren!“
Damit lag er absolut richtig, denn unbehandelt verläuft eine Hämochromatose tödlich! Selbst wenn sich seine Problematik „nur“ auf die Leber beschränkte, musste er sich dringend einer Therapie unterziehen, aber das war ihm schon klar.
Blutspende als Therapie: Aderlass
Es klingt vielleicht anachronistisch, aber ein regelmäßiger Aderlass ist tatsächlich die adäquate Therapie in so einem Fall, weil sich ein großer Teil des im Körper befindlichen Eisens in Form von Hämoglobin nun mal in den roten Blutkörperchen befindet. Glücklicherweise hatte sich bei Sebastian noch keine Leberzirrhose entwickelt, daher konnte ich ihm Hoffnung machen, dass sich seine Leber vollständig von der Eisenüberlastung erholen würde.
„Wenn ich so eine Nadel nur seh’, graust es mich!“
Dass mein Patient die Eisenspeicher im Körper leeren müsste, war ihm schon von seiner Ärztin klargemacht worden: Mit initial ein bis zweimal wöchentlicher Abnahme venösen Bluts sollte Sebastian schon nach relativ kurzer Zeit seine Eisenablagerungen los sein. Danach würde ein Aderlass alle 2 bis 3 Monate ausreichen, um die durch die genetische Erkrankung immer wieder entstehende Eisenüberladung auszugleichen. Pro 500 ml Blut könnten so 250 mg Eisen aus Sebastians Körper abtransportiert werden.
„Eigentlich finde ich ja Blutabnahmen entsetzlich, und wenn ich so eine Nadel nur seh’, graust es mich“, bekannte Sebastian, „aber ich schätze, ich muss mich wohl an den Gedanken gewöhnen.“
Es wird ihm auch nichts anderes übrig bleiben, denn eine Hämochromatose muss leider lebenslang behandelt werden …
Mittlerweile gibt es zwar auch Medikamente wie z. B. Deferoxamin, die Eisen binden können und den so gebildeten Komplex über den Urin ausscheiden, aber an dem kontinuierlichen Aderlass würde für Sebastian kein Weg vorbeiführen.
Eisenhaltige Nahrung? Nur wenn’s „nicht-häm“ ist
Die Magen-/Darmbeschwerden meines Patienten nahm ich zum Anlass, seine Ernährungsgewohnheiten zu hinterfragen – schon um die Aderlass-Therapie nicht durch eine „falsche“ Ernährung zu konterkarieren! Dass er keinerlei Nahrungsergänzungsmittel, die Eisen oder Vitamin C enthalten, zu sich nehmen sollte, bedurfte keiner Erklärung, denn Eisen hatte er eh zu viel, und Vitamin C fördert die Aufnahme von Eisen aus dem Darm, während Calcium das Gegenteil bewirkt.
Zur Ernährung generell: Auch wenn Sebastian nicht zwanghaft auf den Eisengehalt seiner Nahrungsmittel würde achten müssen, sollte er doch einige Dinge berücksichtigen:
Beschäftigt man sich mit dem Eisengehalt von Nahrungsmitteln, stößt man schnell auf die Begriffe Häm-Eisen und Nicht-Häm-Eisen. Im Gegensatz zum Nicht-Häm-Eisen kann unser Körper Häm-Eisen, das sich z. B. im Fleisch findet, gut aufnehmen. Eisen ist also nicht gleich Eisen – dies zu wissen war schon mal grundlegend für die Gestaltung von Sebastians Ernährung!
Das Nicht-Häm-Eisen, das beispielsweise in Hülsenfrüchten, Spinat oder Kürbiskernen vorkommt, wäre für Sebastian eher unbedenklich, weil der Körper davon vergleichsweise geringe Mengen aufnimmt. Es wäre also ratsam, wenn er auf rotes Fleisch und besonders auf Leber mit ihrem extrem hohen Eisengehalt verzichten könnte.
Glücklicherweise hatte ich es bei Sebastian mit einem sehr verständigen Patienten zu tun, denn er kündigte sogleich an, „in dem Zuge auch mehr Gemüse in meinen Speiseplan einzubauen“.
Auch den Darm lässt eine Hämochromatose nicht kalt
Das mag Sie jetzt nicht sonderlich überraschen, hat doch der Darm bei allem, was im Körper passiert, „den Hut auf“. Während die Entstehung einer Leberzirrhose zu den wesentlichen Komplikationen dieser Eisenspeicherkrankheit zählt, gefällt natürlich auch dem Darm die Eisenüberladung überhaupt nicht. Dabei ist Eisen für das Wohlbefinden vieler Bakterienarten in unserem Darm sehr wichtig, weil weiteres Wachstum oder bestimmte Stoffwechselreaktionen davon abhängen.
Studien haben gezeigt, dass das Darmmikrobiom sowohl auf Eisenmangel als auch auf Eisenüberschuss reagiert. Dabei führte in den Untersuchungen gerade ein Überschuss an Eisen zu einem vermehrten Auftreten potenziell schädlicher Bakterienstämme.
Erste Daten aus einem Mausmodell zur angeborenen Hämochromatose zeigen, dass die Eisenüberladung die Entstehung von Dickdarmentzündungen begünstigt und viele der Tiere einen sogenannten „Leaky gut“ entwickelten.
Wie fatal eine löchrige Darmbarriere für unsere Gesundheit ist, habe ich im Detail hier beschrieben: https://probiotische-praxis.blog/leaky-gut/loecher-im-darm
In Kurzform: Durch die Eintrittspforte einer undichten Darmbarriere dringen allerhand Keime in unseren Körper ein und richten Schaden an. Das Immunsystem wird zwar alarmiert, kann aber durch eine Überaktivierung auch zur Entstehung von Autoimmunprozessen beitragen.
Leber an Darm: zu viel ist zu viel!
Gerade Sebastians Leber, die bereits durch Eisenablagerungen belastet ist, wäre durch zusätzliche, aus einem löchrigen Darm ankommende Pathogene überfordert. Aber erstens hat er ja jetzt Prä- und Probiotika an seiner Seite, und zweitens würde die Aderlasstherapie, wie erste Studien mit Hämochromatose-Patient:innen gezeigt haben, sich auch positiv auf die Gesundheit seines Darmmikrobioms auswirken.
„Ich hab’ mich ja schon halbwegs damit abgefunden“, meinte Sebastian, „aber dieser häufige Aderlass wird mich noch viel Überwindung kosten.“
Klar, so eine Hämochromatose-Therapie ist nicht gerade angenehm. Aber wenn Sebastian sich an alle Empfehlungen hält, würden die Intervalle des Blutabzapfens schnell länger und erträglicher. Sogar zu einem Scherz ließ er sich zum Abschied hinreißen: „Man muss das Eisen ja schmieden, so lange es heiß ist“, feixte er. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass er meine Praxis einigermaßen optimistisch gestimmt verließ.
Ihnen aber wünsche ich, dass Ihr Eisenhaushalt okay ist – den Tipp mit dem Verzicht auf zu viel rotes Fleisch sollten wir sowieso alle beherzigen …
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
Hämochromatose Diagnose
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge
Liebe Frau Praßler, vielen Dank für den Bericht.
Werden die im Artikel angegebenen Mikronährstoffe in der vom Hersteller empfohlenen Dosierung eingenommen oder besteht hier erhöhter Bedarf?
Freue mich über eine Rückmeldung.
Hallo Sabrina! Die Dosierung hängt von dem individuellen Bedarf ab, evtl. auch von Laborwerten.