Schon die ersten Anzeichen einer Bauchspeicheldrüsen-Unterfunktion sind Alarmzeichen, denn unbehandelt drohen schnell ernste Konsequenzen wie z. B. eine akute Entzündung. Zumindest der wahrscheinliche Verlauf einer Pankreatitis lässt sich vielleicht bald besser vorhersagen.
Es gibt ein Organ, das – gemessen an seiner Bedeutung – viel zu wenig Beachtung erfährt. Das liegt einerseits daran, dass es sich im hinteren Bauchraum geschickt versteckt und selbst bei einer Ultraschalluntersuchung nur schwer auszumachen ist. Andererseits leidet es, wenn es in seiner Funktion behindert wird, so still vor sich hin, dass es beim Auftreten erster spürbarer Symptome schon „höchste Eisenbahn“ ist, weil der Funktionsverslust dann schon bei circa 90% liegt!
Die Rede ist natürlich von der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), die im Verborgenen ganz wesentliche Aufgaben erfüllt. Dabei unterscheidet man zwischen dem Exokrinen Pankreas – jenem Teil des Organs, der Verdauungsenzyme herstellt und 98% des Gewebes ausmacht – und dem Endokrinen Pankreas. Der macht zwar rein rechnerisch nur etwa 2% aus, produziert aber dennoch ganz wichtige Hormone wie z. B. das Insulin.
Jetzt hat ein Göttinger Ärzteteam aus Gastroenterologen, gastrointestinalen Onkologen und Endokrinologen* festgestellt, dass „schwere akute Bauchspeicheldrüsenentzündungen (Pankreatitis) mit signifikanten Veränderungen des intestinalen Mikrobioms einhergehen.“
Das ist zwar keine ganz neue Erkenntnis, aber die Forscher sind optimistisch, dass „diese Zusammenhänge den Verlauf der Pankreatitis frühzeitig voraussagen und zu optimierten Behandlungsstrategien führen“ könnten.
Wie wichtig dies ist, zeigen die möglichen Folgen einer Pankreatitis. So kann sich daraus neben schlimmen Verdauungsstörungen auch leicht ein pankreatogener Diabetes entwickeln – ganz abgesehen vom „worst case“, dem Pankreaskarzinom.
Die Symptome einer Entzündung sind daher oft ein erster wichtiger diagnostischer Hinweis. Ein nicht zu ignorierender Anlass für die Suche nach ärztlicher Hilfe sind heftige bis unerträgliche Schmerzen im Oberbauch, die plötzlich auftreten und gürtelförmig bis in den Rücken ausstrahlen können. Daneben gibt es aber auch andere Anzeichen:
Häufige Symptome einer Pankreatitis
- Übelkeit und Erbrechen
- Kreislaufprobleme
- Fieber
- Aufgeblähter Bauch
Im Stuhl liegt Wahrheit
Was mich als junge Medizinerin sehr beeindruckt hat, war die Szene in dem Film „Der letzte Kaiser“, in der sich mehrere Bedienstete nacheinander das Töpfchen mit den Stuhlbrocken des jungen Kaisers unter die Nase hielten, um dann zu entscheiden, ob er ausreichend Bohnen bekäme oder so ähnlich.
Von den Chinesen lernen ist ja nicht unbedingt verkehrt. Die Beobachtung der eigenen Stühle gehört zweifellos dazu, denn: Eine fehlende oder eingeschränkte Verdauungsfunktion der Bauchspeicheldrüse kann sich in weichen, klebrigen, mitunter grauen Stühlen und Durchfällen in Verbindung mit einem Gewichtsverlust äußern. Aber ich schweife ab …
Für die Forscher sind „die Muster im Stoffwechsel, die man anhand bioinformatischer Vorhersagemodelle habe identifizieren können, hochspannend“, zeigte sich doch offenbar, dass „möglicherweise kurzkettige Fettsäuren, die von Mikroorganismen produziert werden, Einfluss auf die Entzündung der Bauchspeicheldrüse haben können“.
Also wieder der Darm im Mittelpunkt des Geschehens: Entnommen wurden Proben vom „Mikrobiom aus Abstrichen von Mund und Enddarm von 424 Erkrankten mit einer akuten Pankreatitis aus 15 europäischen Behandlungszentren“, und die Untersuchung der mikrobiellen Zusammensetzung mit Hilfe modernster Methoden ermöglichte „die genaue Bestimmung der Bakterien bis auf Speziesebene.“
Wenn man akzeptiert, dass eine akute Pankreatitis (AP) einen veritablen „Verdauungsnotfall“ darstellt, der sich schnell zu einer systemischen Erkrankung entwickeln kann, dann versteht man auch, warum die Rolle des Darms vermehrt zum Gegenstand intensiver Forschung wurde, wie es in dem Beitrag „Die Rolle kurzkettiger Fettsäuren bei einer akuten Pankreatitis“ ** beschrieben ist:
„Zu den Interessengebieten zählen Dysbiose der Darmflora, eine geschwächte Darmbarrierefunktion sowie die Translokation von Bakterien und Endotoxinen. Kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) als einer der Metaboliten der Darmmikrobiota sind bei AP-Patienten nachweislich erschöpft.“
Kurzkettige Fettsäuren mit langem Atem
Sie mögen ja kurze Ketten tragen, aber ihre Funktion kann man gar nicht hoch genug schätzen, denn: „SCFAs tragen zur Wiederherstellung der Darmhomöostase bei (Stabilisierung des Gleichgewichts im Darm, Anm. DP), indem sie die Darmflora wieder aufbauen, die Darmepithelbarriere stabilisieren und Entzündungen regulieren.“
Das ist aber nur die eine Seite. Gleichzeitig können SCFAs auch „systematische Entzündungsreaktionen unterdrücken, die verletzte Bauchspeicheldrüse verbessern und andere Organstörungen verhindern und schützen.“
Kein Wunder also, dass gerade im Zusammenhang mit einer AP die Erhöhung dieser multitalentierten SCFAs so im Fokus steht: „Spezifische Strategien umfassen den direkten Einsatz von Butyrat oder die indirekte Nahrungsergänzung durch Ballaststoffe, Prä-/Pro-/Synbiotika oder die Transplantation fäkaler Mikrobiota als vielversprechende Adjektivtherapie zur enteralen Ernährung.“ Will sagen: Gesunde Ernährung + Probiotika + Präbiotika.
Hm, haben wir das nicht irgendwo schon mal gehört? Welche Maßnahmen ich ganz konkret bei ersten Anzeichen einer Pankreatitis empfehle, können Sie hier in meinem Blog aus dem Jahr 2020 nachlesen:
Aber noch einmal zurück zu der Arbeit des Göttinger Ärzteteams: Ob man künftig anhand des Darmmikrobioms zu 100% vorhersagen kann, wie eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung verlaufen wird, scheint noch nicht gesichert, aber zumindest sehen die Forscher bei dieser Methode eine deutlich stärkere Vorhersagekraft als bisher, zumal auch die Zeit „von der Probenentnahme über die DNA-Extraktion bis hin zur Sequenzierung“ schon jetzt wesentlich verkürzt werden konnte.
Bis zu den erhofften neuen Behandlungsstrategien werden wohl noch einige Folgestudien nötig sein, aber einmal mehr zeigt sich, wer hier bei schweren Erkrankungen ganz vorn mitmischt: das Darmmikrobiom natürlich! Und das gilt es zu hegen und zu pflegen … na, Sie wissen schon!
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Wörtliche Zitate im oberen Teil entstammen einem Artikel, der im Februar 2024 auf dem Online-Portal des Ärzteblatt veröffentlicht wurde. © cw/aerzteblatt.de
** Wörtliche Zitate im unteren Teil entstammen einem Artikel, der im Juni 2023 in der National Library of Medicine erschien.
Pankreatitis Mikrobiom
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge