Beim Gedanken an Karies stellen sich den meisten Mitmenschen die Haare auf, meint man doch gleich das Geräusch des Bohrers zu hören. Dabei gibt es durchaus Wege, diesem Schicksal vorzubeugen …
Vor über drei Jahren hatte sich die Mutter einer aktuellen Patientin bei mir wegen ihrer Parodontitis (Zahnfleischentzündung) vorgestellt (Wahnsinn, wie lang es diesen Blog schon gibt!), und obwohl ich bekanntlich keinen Zahnarztstuhl in meiner Praxis habe, stand kürzlich ihre Tochter Anna* (35) wegen eines ähnlichen Problems vor mir. Es ging um Karies, was zwar definitiv von einer Parodontitis abzugrenzen ist, aber doch auch in der Regel bei einer zahnärztlichen Untersuchung festgestellt wird.
Was Karies ist, muss ich hier sicher niemandem erklären, schließlich erkranken ca. 98% aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben daran.
Einem Zahnarztbesuch können die wenigsten unter uns etwas Positives abgewinnen (von Ausnahmen mal abgesehen: Mein Mann soll als Kind mehr Angst vorm Friseur als vorm Zahnarzt gehabt haben). Dennoch ist eine Routinekontrolle so wichtig, um Krankheiten wie Karies oder Parodontitis rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Leider greift Karies oft schon die Milchzähne an, aber vor den bleibenden Zähnen machen die auslösenden Bakterien natürlich erst recht nicht Halt! Davon weiß auch Anna ein Lied zu singen: „Ich gehe ja schon immer zu den Routine-Checks, aber so langsam mag ich nicht mehr: Fast jedes Mal entdeckt mein Zahnarzt wieder einen neuen Kariesbefall und greift zum Bohrer!“
„Daher kommt ja auch der Begriff ,bohrender Schmerz’“, bemerkte ich und freute mich, dass ich Anna damit zum Lachen bringen konnte.
Als bei ihrem fünfjährigen Sohn Henry* jetzt aber ebenfalls Karies diagnostiziert wurde, war für sie klar, dass sie etwas dagegen tun musste – schon um ihrem Kind ein ähnliches Schicksal zu ersparen.
Wie Karies überhaupt entsteht
Um zu wissen, wie sich Karies vermeiden lässt, muss man verstehen, wie Karies überhaupt entsteht. Unser Mund ist – wie der gesamte Rest unseres Körpers – mit Hunderten von Bakterienarten besiedelt. Diese sind für eine gesunde Schleimhaut wichtig und spielen eine Rolle bei der ersten Immunabwehr. Bei einer vernünftigen Ernährung und sorgfältiger Mundhygiene passiert dort auch nichts Schlimmes.
Bekommen die Bakterien, überwiegend bestimmte Streptokokken, aber genug Nahrung in Form von Zucker, produzieren sie Säuren, die die Zahnhartsubstanz angreifen und den Zahnschmelz entkalken. Es entstehen Eintrittspforten für Mikroorganismen, die den Zahn dann ungehindert weiter zerstören!
Und je mehr Zeit ohne Behandlung vergeht, desto größer der Schaden, weil sich die Zerstörung in immer tiefere Schichten ausweiten und bis ins Zahnmark vordringen kann – mit einer Zahnwurzelentzündung alsErgebnis.
Eine gesunde Ernährung ist also schon mal eine wichtige Stellschraube, mit der sich das Kariesrisiko senken lässt. Darauf komme ich hier später noch zu sprechen.
Was Karies von einer Parodontitis unterscheidet
Bei Karies ist zunächst der Zahn selbst betroffen, und potenziell entzündet sich die Zahnwurzel. Bei einer Parodontitis hingegen ist das Zahnfleisch und das die Zähne umgebende Gewebe (bis hin zum Kieferknochen) entzündet.
Wie wir der Parodontitis von Henrys Oma begegneten, lässt sich hier übrigens nachvollziehen:
Das Tückische bei Karies: Es bleibt anfangs symptomlos, weshalb es meistens lange unbemerkt weiter voranschreiten kann. Weiße Flecken auf den Zähnen werden oft gar nicht damit in Verbindung gebracht. Erst im fortgeschrittenen Stadium wird es unangenehm.
Typische Symptome bei Karies
- Zahnschmerzen
- Temperaturempfindlichkeit
- Mundgeruch
Dass Mundgeruch viele Ursachen haben kann, habe ich hier schon einmal beschrieben:
Wichtig: Wird Karies nicht behandelt, können die Bakterien in einem späten Stadium den Kieferknochen angreifen oder sogar in den Blutstrom gelangen – gefährlichen Entzündungen im ganzen Körper sind dann Tür und Tor geöffnet!
Kaum Zucker, aber trotzdem Karies?
Anna schaute jetzt sehr nachdenklich drein. „Was ich nicht verstehe: Ich achte schon sehr auf eine vernünftige Ernährung, und mein Sohn isst wirklich selten Zuckerhaltiges, da bin ich richtig stolz auf ihn. Aus dem Zähneputzen haben wir sogar ein kleines Ritual gemacht, das er ganz lustig findet, aus seiner elektrischen Zahnbürste ertönt nämlich Musik. Und trotzdem hat er jetzt schon Karies! Können denn ,schlechte Zähne’ irgendwie vererbt werden oder so?“
„Können ,schlechte Zähne’ irgendwie vererbt werden?“
Das war eine berechtigte Frage. Natürlich gibt es eine genetische Veranlagung dafür, wie fest bzw. resistent der Zahnschmelz ist oder ob die Zähne viele Rillen aufweisen. Doch letztlich geben Umweltfaktoren den Ausschlag, ob den Bakterien Gelegenheit geboten wird, die Zähne anzugreifen oder nicht.
Faktoren, die das Kariesrisiko erhöhen
- schlechte Zahnhygiene
- zuckerreiche Ernährung
- wenig Speichelbildung
- geschwächtes Immunsystem
- Rauchen
- häufiges Erbrechen
- Stress
Nun wird niemand ernsthaft behaupten, schlechte Zahnhygiene oder ungesunde Ernährung würden vererbt, aber: Schlechte Angewohnheiten ziehen sich oft durch die ganze Familie, und ein falsches Vorbild färbt zweifellos schnell auf den Nachwuchs ab.
Aber Schluss mit dem erhobenen Zeigefinger und hin zu Wichtigerem: dem Mikrobiom im Mund. Wie im Darm kann auch im Mund eine Dysbiose auftreten, sprich: eine Verschiebung des Gleichgewichts der dort lebenden Bakterien. Besonders im Neugeborenenalter ist dem oralen Mikrobiom Beachtung zu schenken, denn die Mundflora eines Babys besitzt per se keine Bakterien, die Karies auslösen könnten. Warum auch? Nach irgendwelchen Zähnen würden sie dort schließlich lange suchen müssen …
Vorteil „Schluckimpfung“ bei der Geburt
Der größte Einfluss auf das Mikrobiom eines Neugeborenen wird von der Art der Geburt bestimmt. Bei einer natürlichen Geburt funktioniert das besonders gut, weil das Baby im Geburtskanal das Mikrobiom der Mutter wie bei einer „Schluckimpfung“ aufnimmt.
Da natürliche Geburten längst nicht mehr die Regel sind, hat sich unter Hebammen und Geburtshelfern mittlerweile herumgesprochen, wie ein Baby trotz Kaiserschnitt ein gesundes Mikrobiom aufbauen kann. Falls es Sie interessiert, können Sie hier mehr darüber erfahren:
Freilich können auch später noch Teile des elterlichen Mikrobioms an das Kleinkind weitergegeben werden, z. B. wenn der Löffel beim Füttern erst mal in den Mund der Mutter (oder des Vaters) wandert … Dabei können sich Bakterien in der Mundflora des Kindes ansiedeln, die schon bei den ersten Milchzähnchen zuschlagen!
Will man sein Kind also vor Karies schützen, ist gründliches Zähneputzen von Anfang an das A und O (auch wenn ich natürlich weiß, dass das vielen Kindern zuwider ist). Also: Auch wenn erst ein Zahn durchgebrochen ist, sollte man sich schon um diesen einen kümmern und ihn sauber halten (sorry, schon wieder der erhobene Zeigefinger).
Die Schulmedizin empfiehlt, bereits im Säuglingsalter Fluoridtabletten zu geben, um die verborgenen Zähne zu stärken. Und wenn man mit dem Zähneputzen beginne, solle man von den Tabletten auf fluoridhaltige Zahnpasta umsteigen. Das ist aus vielen Gründen ein heiß diskutiertes Thema, denn: Zu viel Fluorid und eine zu frühe Gabe können die Zähne schädigen und eine Zahnfluorose hervorrufen. Hierbei wird die Produktion des Zahnschmelzes, der ja die Aufgabe hat, den Zahn zu schützen, gestört.
Das passiert während der Bildung des Zahnschmelzes, die erst mit etwa fünf Jahren abgeschlossen ist. Eine ganze Reihe wissenschaftlicher Arbeiten zeigt, dass Fluoride sich negativ auf das Zentrale Nervensystem auswirken können. Wie gesagt, diese Diskussion gibt es schon ein wenig länger.
Studien zufolge kann Vitamin-D-Mangel das Kariesrisiko bei Kindern (und bei Erwachsenen) erhöhen, daher sollte Anna bei Ihrem Sohn den D3-Status im Blut messen lassen. Das ist nur ein kleiner Pieks in den Finger, viele Apotheken bieten diesen Test an.
Und wie bei Erwachsenen auch gilt es fleißig die Zahnzwischenräume zu reinigen, z. B. mit Zahnseide.
Auch wenn dies banal erscheinen mag, fragte ich Anna nach ihren Gewohnheiten beim Zähneputzen, denn ein paar Regeln gibt es ja schon: Idealerweise sollte man nach jeder Mahlzeit einfach den Mund mit Retterspitz Mund- und Gurgelwasser spülen, damit der Bakterienfilm auf den Zähnen reduziert wird.
Die Mundflora ist schon wichtig, deshalb wollen wir sie ja auch gar nicht komplett „wegschrubben“, aber regelmäßiges Zähneputzen reduziert die Bakterienzahl auf ein gesundes Maß und gibt dem Mikrobiom die Zeit, sich in der Zwischenzeit wieder zu regenerieren.
Wenn man allerdings säurehaltige Nahrung wie z. B. Obst zu sich genommen hat, ist es besser, mindestens eine halbe Stunde mit dem Zähneputzen zu warten, weil die Säure den Zahnschmelz aufweicht. Eine Zahnbürste würde in der Situation den Zahnschmelz schädigen! Auch antimikrobielle Mundspülungen sind m. E. eher kontraproduktiv.
Worauf Sie bei Zahnpasta und Co. achten sollten, zeige ich in diesem Video:
Um noch einmal auf das Thema Zucker zurückzukommen: Natürlich wäre es das Beste, komplett auf Zucker zu verzichten. Aber ich will realistisch bleiben. Mir ist völlig klar, dass Zucker für viele im Leben einfach dazugehört. Für die Kariesprävention gilt allerdings: Lieber einmal ein „Zuckerbömbchen“ verzehren als über den ganzen Tag verteilt immer wieder kleinere süße Portionen essen.
Zuckerkonsum verändert die Mundflora
Das sollte man wissen. Denn durch Zucker werden einige Bakterienarten dezimiert, andere wie die kariesinduzierenden Streptokokkenarten können sich dafür vermehren. Ein netter Nebeneffekt, wenn man als Kind kaum Zucker zu sich nimmt: Das Darmkrebsrisiko im höheren Alter wird dadurch reduziert.
Ob Zuckerersatzstoffe wirklich eine brauchbare Alternative darstellen, lesen Sie hier:
Grundsätzlich – auch dies kommt mir wie ein Allgemeinplatz vor – gilt es auf vielfältige und abwechslungsreiche Ernährung zu achten, weil die verschiedenen Bakterien-„Familien“ unterschiedliche Nahrungsbestandteile verstoffwechseln und somit die Vielfalt der Mundflora gewährleisten.
Um die Mundflora bestmöglich zu unterstützen, empfahl ich Anna und ihrem Sohn die Lutschtabletten OMNi-BiOTiC® iMMUND, die am besten direkt nach dem Zähneputzen gelutscht werden sollten.
Dieses probiotische „Leckerli“ (es schmeckt tatsächlich wie ein Fruchtbonbon, obwohl es selbstverständlich zuckerfrei ist) liefert einen natürlich im Mund vorkommenden Bakterienstamm in Kombination mit Vitamin D, was das Abwehrsystem stärkt und es krankheitserregenden Keimen erschwert, sich auszubreiten.
Welch bahnbrechende Entdeckung hinter diesem genialen Präparat steckt, können Sie hier nachlesen – Spannung garantiert:
Mir fiel gerade noch rechtzeitig ein, Anna zu bitten, auch ihrer Mutter diese Lutschtabletten näherzubringen, denn die zeigen auch bei Parodontitis Wirkung! Als Lieschen Grube* in meiner Praxis war, gab es diese noch nicht. Das darin enthaltene Bakterium Streptococcus salivarius K12 spielt auch eine Schlüsselrolle in der Abwehr von Viren, die dreisterweise über unseren Mund in den Körper wollen. Das ist gerade jetzt zum Beginn des Herbstes gut zu wissen!
Natürlich wünsche ich Anna und Henry, dass beide dem Karies mit diesen Maßnahmen endgültig die Zunge ausstrecken können, denn es gibt definitiv Schöneres, als immer wieder den Zahnarzt begrüßen zu dürfen. Naja, es kommt auf den Zahnarzt oder die Zahnärztin an …
Selbstverständlich schließe ich Sie in diese guten Wünsche mit ein!
Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Alle Namen geändert
Karies vorbeugen
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge
Ein sehr interessanter Beitrag. Es gibt wirklich vieles, was man nicht weiss oder falsche Information hat. Und das Thema Zahnarztbesuche ist wirklich nicht jedermanns Liebling. Am Ende geht es nicht nur um die Vermeidung von Karies, sondern auch um Zahnimplantate oder Zahnprothesen. Das ist dann nicht nur eine finanzielle Belastung, sondern auch noch mehr Stress. Deswegen sind gesunde Zähne ein wichtiger Teil von Lebensqualität.