„Krebs – der König aller Krankheiten“, wie Siddhartha Mukherjee es so treffend formuliert hat, ist ein vorrangiges Forschungsobjekt, wird doch fast jede/r Zweite (in Deutschland) einmal im Leben mit einer solchen Diagnose konfrontiert. Jetzt scheint die Tumorforschung eine wichtige Entdeckung gemacht zu haben …
In diesem Blog habe ich schon von vielen verschiedenen Geweben und ihrer Bakterienbesiedelung berichtet. Ob Darm, Mund-Rachenraum oder auch die Lungen – überall siedeln Bakterien. Eine neue Erkenntnis aus der Tumorforschung weist nun nach, dass auch Tumorgewebe von speziellen Bakterien besiedelt ist.
Die Beobachtung, dass sich in Tumorgewebe auch Bakterien befinden können, ist an sich gar nicht so neu. Kleinere Untersuchungen bestimmter Tumorarten hatte es in den letzten Jahren immer wieder gegeben, ein umfassender Überblick fehlte aber lange.
2020 hatte sich nun eine Forschungsgruppe aus Israel mit der Thematik* beschäftigt und über 1.500 Tumorproben aus sieben verschiedenen Krebsarten untersucht, von Brust- über Lungen-, Eierstock-, Bauchspeicheldrüsen-, Haut- und Knochenkrebs bis hin zu Hirntumoren.
Über Brustkrebs habe ich hier geschrieben:
Über Darmkrebs hier:
Dabei wurde die Existenz tumorspezifischer Zusammensetzungen des Mikrobioms sichtbar. So fanden sich beispielsweise in einer bestimmten Art von Lungenkrebs – dem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom – Bakterien, die besonders gut Bestandteile von Zigarettenrauch verstoffwechseln können!
Wenn Sie sich erinnern, dass wir häufig zwischen „guten“ und „schlechten“ Bakterien unterscheiden, fallen diese wohl in die erste Kategorie! Allerdings können bei der Verstoffwechslung von Toxinen durch bestimmte Bakterien auch wieder andere Toxine entstehen. Hier ist die Wissenschaft noch am Forschen.
Das Tumormikrobiom als Verbündeter?
Die entscheidende Frage bleibt natürlich, ob diese Erkenntnis in absehbarer Zeit Krebspatient:innen helfen kann. Ravid Straussman vom Weizmann-Institut in Israel, der mit seiner Arbeitsgruppe an Krebstherapien forscht, ist davon überzeugt.
Die Erkenntnis, dass bestimmte Bakterien für eine Resistenz gegenüber bestimmten Krebstherapien sorgen, wird nicht ohne Folgen für die Behandlung bleiben. Auch die Frage, inwieweit im Tumor angesiedelte Bakterien das Immunsystem als solches beeinflussen, birgt enormes Potenzial für die Krebsforschung.
Chemotherapie? Manche Bakterien haben etwas dagegen
Am Beispiel des Chemotherapeutikums Gemcitabin** (im Zusammenhang einer Darmkrebstherapie) konnte eine Beeinflussung der Therapie durch Bakterien schon gezeigt werden: Eine Injektion bestimmter Bakterien in Tumoren löste eine Therapieresistenz für das Chemotherapeutikum aus, die dann schließlich mit einer Antibiotikatherapie auch wieder rückgängig gemacht werden konnte. Bestimmte Bakterien verhindern demzufolge einen Therapieerfolg, während andere ihn unterstützen.
Untersuchungen der Bakterienbesiedelung bei einer Form von Hautkrebs konnten nämlich zeigen, dass die Tumorzellen bakterielle Peptide an ihrer Oberfläche präsentieren. Genau diese bakteriellen Oberflächenpeptide könnten ein potenzieller Ansatzpunkt für eine erfolgreiche Krebstherapie sein.
Hoffnung für Krebserkrankte
Diese vielversprechenden Forschungsergebnisse, die aktuell bereits weiterverfolgt werden, geben zusammen mit Erkenntnissen zum Darmmikrobiom bei Krebserkrankungen Hoffnung auf eine Verbesserung von Krebstherapien.
Mittlerweile weiß man ja beispielsweise, dass bestimmte Bakterien das Risiko für Darmkrebs erhöhen können und das Darmmikrobiom (als Hauptsitz des Immunsystems) generell als hilfreicher Ansatzpunkt bei der Bekämpfung von Krebserkrankungen gilt.
Viele von einer Krebserkrankung betroffenen Patient:innen werden sicher froh sein zu hören, dass diese neuen Erkenntnisse entsprechend auch neue, vielversprechende Therapien ermöglichen könnten. Das Wissen um ein tumoreigenes Mikrobiom in Organen auch außerhalb des Darms erscheint hier wie der Baum der Erkenntnis!
Wenn man bedenkt, dass in Deutschland fast jede/r Zweite an Krebs erkrankt, sollten wir alle für Fortschritte in der Krebsdiagnostik und -therapie dankbar sein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein entspanntes Wochenende!
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Die Studie, auf die ich mich beziehe, wurde hier veröffentlicht: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32467386/
** Vgl.: https://www.science.org/doi/10.1126/science.aah5043
Tumor Mikrobiom
In meinem Blog beschreibe ich alle 14 Tage Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Ratoder den einer Heilpraktikerin/ eines Heilpraktikerseinholen.
Alternierend, ebenfalls 14-tägig, widme ich mich hier (unter dem Rubrum „News“)aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.