Da denkt man, den „Kinderkrankheiten“ endlich entwachsen zu sein, und dann kommt plötzlich die Diagnose Mumps! Warum dies bei meinem erwachsenen Patienten Panik auslöste, lesen Sie hier.
Ohne meinem neuen Patienten Moritz* (29) zu nahe treten zu wollen, möchte ich hier ein kurzes, wenn auch plakatives Bild aufzeichnen. Moritz ist ein typischer „Gym-Bro“, und so darf ich ihn auch nennen, hat er mir doch seine Erlaubnis gegeben.
Allzu viel Erfahrung habe ich mit dieser Personengruppe nicht, daher ließ ich mir seinen Alltag und seine Einstellungen etwas genauer erklären: Er geht fast täglich ins Gym (Fitnessstudio) und richtet seine Ernährung auch stark nach „gains“ aus, also nach der Zunahme der Muskelmasse. Wie die Ernährung dann aussieht?
„Protein-Shakes und viel Fleisch stehen da natürlich auf der Tagesordnung. Ich hab’ mit dieser Ernährung aber offenbar ein kleines Problem …“, begann Moritz zu erzählen.
Ich möchte Sie, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt aber nicht auf die falsche Fährte locken, denn hier und heute soll es in erster Linie um Mumps gehen. Aber jede Erkrankung ist so komplex wie der dazugehörige Mensch, daher ist es sinnvoll, die auslösenden Faktoren und Begleitbeschwerden genau zu beleuchten. Moritz kam nämlich mit einer gerade abklingenden Mumpssymptomatik zu mir in die Praxis, getrieben von der Sorge um seine Fruchtbarkeit.
„Dieser Mumps geht mir echt auf die Eier“
Diese Bemerkung von Moritz war drastisch, traf aber genau den wunden Punkt: Bei ca. 15-30% der erwachsenen Männer, die an Mumps erkranken, tritt im Verlauf die Komplikation einer Hodenentzündung auf, die mit einem nicht unerheblichen Risiko für Unfruchtbarkeit einhergeht. Daher waren Moritz’ Sorgen definitiv nachvollziehbar.
Mumps ist eine Viruserkrankung, ausgelöst durch das Mumps-Virus aus der Familie der Paramyxoviridae. Es ist über einen Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen hochansteckend und kann von asymptomatischen bis hin zu komplikationsreichen Verläufen reichen. Mittlerweile ohnehin selten, trifft es im Normalfall Kinder, oft Jungen, im Alter von zwei bis 15 Jahren und verläuft in diesen Fällen relativ harmlos, doch je älter der/die Patient:in, desto wahrscheinlicher werden verschiedene Komplikationen.
Man ist nie zu alt für Mumps!
Hat man als Kind eine Mumpserkrankung durchgemacht, besteht in der Regel eine lebenslange Immunität; nur in seltenen Fällen infizieren sich Personen im Laufe ihres Lebens erneut.
Das Mumps-Virus tritt über die oberen Atemwege in den Körper ein und kann sich dann in weiteren Organen vermehren und ausbreiten. Besonders gern siedelt es sich in Speicheldrüsen an, wodurch die krankheitstypischen Schwellungen ausgelöst werden. Besonders die Ohrspeicheldrüsen sind oft befallen. Sie haben sicherlich die klassischen, geschwollenen Backen vor Augen. Aber auch Bauchspeicheldrüse, Ovarien oder Hoden können betroffen sein.
Besonders Letzteres schien Moritz Sorgen zu bereiten, da er neben den klassischen Allgemeinsymptomen und einer Entzündung der rechten Ohrspeicheldrüse auch mit Hodenschmerzen zu tun hatte. „Da hab’ ich schon etwas Panik bekommen, denn eine große Familie möchte ich eigentlich schon eines Tages haben…“, stellte Moritz klar.
Aber auch bei erwachsenen Frauen sind schwerwiegende Komplikationen nicht ausgeschlossen. Wandert das Mumpsvirus in die Eierstöcke, können sich diese entzünden und Abszesse bilden. Im schlimmsten Fall wandern die Erreger in den Bauchraum und verursachen eine Entzündung des Bauchfells, eine Peritonitis, was einen akuten Notfall auslöst.
Über die Peritonitis habe ich hier bereits geschrieben:
Das Glück der Herdenimmunität
Vor allem im Vergleich zu früher tritt die Erkrankung heutzutage ja wirklich nur noch selten auf, weil die Mumps-Masern-Röteln-Impfung (MMR) seit Längerem etabliert ist und mittlerweile eine Durchimpfungsrate von über 95% (der Kinder in Deutschland) erreicht hat, wodurch eine starke Herdenimmunität gewährleistet ist.
Daher war meine erste Frage, ob Moritz denn auch zu den MMR-geimpften Personen zählt. Dabei stellte sich heraus, dass schon seine Mutter kein Fan des Impfens war und ihn im Kindesalter nicht impfen ließ. Diese Haltung hatte sich auf Moritz übertragen, der „halt einfach keine Chemie im Körper“ wollte.
Dies allein könnte schon ein Grund sein, warum bei ihm Mumps ausgebrochen war, aber ich vermutete, dass sein Immunsystem auch nicht ganz auf der Höhe war.
Bei Protein-Shakes und ähnlicher Nahrungsergänzung schien ihn die Chemie allerdings nicht zu stören. Eine ausreichende Proteinzufuhr ist natürlich wichtig, vor allem wenn man viel Kraftsport betreibt, da hat Moritz keinesfalls Unrecht. Das allerdings, wie alles andere auch, nur in Maßen. Übertreibt man es nämlich, freut sich der Körper sehr bald schon gar nicht mehr.
Zunächst wollte ich wissen, ob Moritz in letzter Zeit sonstige körperliche Beschwerden hatte, die darauf hinweisen könnten, dass er zu viel Protein zu sich nahm. Meine Vermutung war nämlich, dass dadurch – über verschiedene Schaltkreise – ein geschwächtes Immunsystem entstanden sein konnte.
„Stimmt, ich hatte die letzten Monate schon immer wieder Verdauungsbeschwerden wie Durchfall und Bauchschmerzen, vielleicht vertrage ich einfach irgendwas nicht,“ mutmaßte mein Patient. Er versuche aktuell herauszufinden, welche Lebensmittel er nicht vertrage.
Was einseitige Ernährung anrichten kann
Da hatte ich eine andere Erklärung parat und erklärte ihm, dass eine einseitige Ernährung großen Einfluss auf unser Mikrobiom hat.
Ist die Ernährung zu sehr auf Proteine ausgelegt, lässt das unser Mikrobiom natürlich nicht kalt. Je nachdem, was im Darm verdaut wird, entstehen unterschiedliche Stoffwechselprodukte. Bei der Proteolyse, also der Spaltung und dem Abbau von Proteinen, entstehen u.a. toxische Metabolite wie Ammoniak oder Schwefelwasserstoffe, die in erhöhten Mengen die Darmbarriere schädigen und somit z. B. ein Leaky-Gut-Syndrom herbeiführen können.
Was das Leaky-Gut-Syndrom so mit sich bringt, können Sie hier nachlesen:
Wenn mehr Proteine verdaut werden müssen, braucht der Verdauungstrakt natürlich auch genügend „Mittel“, um das zu bewerkstelligen. In diesem Fall steigt also die Anzahl der proteolytischen Bakterien, die andere Bakterienstämme verdrängen, es entsteht also eine Dysbiose. Und was das für den restlichen Körper bedeutet, wissen Sie sicher schon: Verdauungsbeschwerden, beeinträchtigtes Immunsystem, erhöhtes Risiko für die Entstehung verschiedener Erkrankungen und vieles mehr!
Aus diesem Grund führte ich Moritz’ Bauchschmerzen und Durchfälle auf den Überkonsum von Protein und die damit verbundene, durcheinander geratene Darmflora zurück. Dass Moritz nicht gegen Mumps geimpft war, hatte sicherlich den größten Anteil am Ausbrechen der Krankheit, aber auch die Dysbiose wird einen Teil dazu beigetragen haben.
Dysbiose ist kein Schicksal!
Das Mikrobiom ist ein großer Spieler in der Funktion des Immunsystems, vor allem die dendritischen Zellen, T- und B-Zellen werden dadurch beeinflusst. Diese Zellarten sind wichtig für die Erkennung von Krankheitserregern und rufen die Immunreaktion auf den Plan.
Die gute Neuigkeit für Moritz: Gegen seine Dysbiose lässt sich etwas unternehmen! Dafür musste er freilich, um die proteolytischen Keime loszuwerden, zunächst seine Proteinzufuhr deutlich zurückfahren und z. B. durch komplexe Kohlenhydrate ersetzen, die Nahrung für andere Bakterienstämme darstellen. Zusätzlich verschrieb ich ihm OMNi-BiOTiC® 10, um die Diversität der Bakterien in seinem Darm zu erhöhen und somit für eine gesunde Darmflora und -funktion zu sorgen.
Was aber die Sorge um seine Fruchtbarkeit anging, konnte ich ihm leider nichts versprechen. Sollte ihm das Thema absolut keine Ruhe lassen, würde ich ihm zu einer urologischen Untersuchung raten, um die Qualität seiner Spermien untersuchen zu lassen.
Lactobazillen für das seminale Mikrobiom
Ansonsten gelten die allgemeinen Empfehlungen zur Verbesserung der Spermienqualität und damit der Fruchtbarkeit. Sport, eine ausgewogene Ernährung mit wenig Milchprodukten und die passende Unterwäsche sind da schon mal ein guter Anfang. Auch mit Laktobazillen, z. B. in Form von OMNi-BiOTiC® FLORA plus+, würde die Qualität seiner Spermien geschützt.
Zum Schluss legte ich ihm die Lektüre eines Blog-Beitrags ans Herz, in dem ich einem meiner Patienten – einem Samenspender – noch ein paar mehr Tipps gegeben hatte:
Das sollte Moritz die Angst nehmen. Und auch wenn seine Muskeln künftig vielleicht etwas langsamer wachsen würden, empfahl ich ihm dringend, auch all die anderen Tipps (s. o.) zu beherzigen.
Sie sehen, vor manchen Kinderkrankheiten sind auch Erwachsene nie ganz gefeit. Aber wer sein Immunsystem bewusst unterstützt, hat die besten Chancen, keine bösen Überraschungen zu erleben!
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
Mumps im erwachsenen Alter
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.