Um festzustellen, wie wichtig ein funktionierender Riechsinn ist, muss man weder Drogenspürhund noch Trüffelschwein sein. Warum gerade Patient:innen mit Long COVID unter anhaltenden Riechstörungen zu leiden haben – dieser Frage sind US-amerikanische Forscher jetzt nachgegangen.
Dass mir die Lektüre des Ärzteblatts in letzter Zeit zur lieben Gewohnheit geworden ist, hat einen einfachen Grund: Wie sonst würde man auf so illustre Magazine wie „Science Translational Medicine“ gestoßen! Aus dem zitierte nämlich kürzlich das Ärzteblatt, und so las ich über die Bemühungen eines Forscherteams* in North Carolina, USA, die herausfinden wollten, warum manche Long-COVID-Patienten über anhaltende Riechstörungen klagten.
Über eine andere Covid-19-assoziierte Sinnesstörung habe ich hier bereits berichtet:
Im vorliegenden Fall ging es nicht etwa um einen teilweisen Verlust des Geruchssinns (Hyposmie), sondern um den vollständigen Verlust (Anosmie), bei dem die meisten Patienten zwar verschiedene Geschmacksrichtungen erkennen, aber keine bestimmten Aromen unterscheiden können, sprich: Die Nase als Sinnesorgan wird zum Totalausfall.
Wie Long COVID uns an der Nase herumführt
Da traf es sich gut, dass dem Team um Bradley Goldstein vom Duke University Medical Center „die Biopsien von 9 Patienten“ zur näheren Untersuchung zur Verfügung standen –jeweils Gewebeproben „eines gutartigen Hypophysentumors“, der mit der COVID-19-Infektion nichts zu tun hatte.
„Alle 9 Patienten litten an einer Anosmie, was durch einen Spezialtest (Smell Identification Test) bestätigt worden war. (…) Bei keinem der 9 Patienten konnten die Forscher Zeichen einer anhaltenden Infektion mit SARS-CoV-2 entdecken. Sie fanden allerdings eine weit verbreitete Infiltration mit T-Zellen.“
T-Zellen blasen zur Attacke
Für die Forscher war klar: „Dies spricht für eine anhaltende Entzündungsreaktion im Riechepithel“, und sie folgerten weiter, dass dieser Angriff der T-Zellen auf eine Autoimmunreaktion hinwies, weil „die Stützzellen im Riechepithel“, gegen die sich die T-Zellen-Aktion richtete, gar nicht mehr mit SARS-CoV-2 infiziert waren, wie dies in der Akutphase der Fall war.
Und noch etwas war auffällig: Dendritische CD207-Zellen waren eindeutig in Überzahl vorhanden.
Der Untergang der Sinneszellen
„Das Gesamtbild“, so das Ärzteblatt, „spricht für einen anhaltenden Angriff auf die Stützzellen. Da diese Zellen für den Erhalt der Sinneszellen in der Nasenschleimhaut benötigt werden, könnte es anschließend zum Untergang der Sinneszellen kommen, wofür die Forscher ebenfalls Anzeichen fanden.“
Und es endet mit dem Ausblick: „Wenn die Vermutungen zutreffen, dann könnte eine rechtzeitige lokale Behandlung, die den Angriff der T-Zellen stoppt, die Zerstörung der Sinneszellen verhindern. Dies ist bisher noch nicht in klinischen Studien erprobt worden.“
Schön und gut, aber was mich an diesem Artikel stört, ist der fehlende Darmbezug. Da wissen Sie als meine treuen Leser:innen vermutlich besser Bescheid als die Forscher!
Falls Sie sich für diesen äußerst spannenden Tatort interessieren:
Schließlich liegen bereits Studien vor, die zeigen, dass an COVID-19 erkrankte Patient:innen in der Regel unter einer Dysbiose (Fehlbesiedelung des Darms) litten, wie ich hier schon berichtet habe:
Stecken wir mal die Nase in den Darm!
Zum einen haben wir ein durchgängiges Schleimhautsystem vom Darm bis zur Nase. Die größte Immunkompetenz haben wir im Darm, immerhin sitzen hier locker 80% unserer Immunzellen.
Zum anderen sind es genau die Aktivitäten bestimmter T-Zellen, die von hier aus immunologische Reaktionen an anderen Organen beeinflussen, so auch insbesondere an unserem Riechorgan. Eine überbordende Aktivität im Darm kann zu Autoimmunreaktionen an anderen Ökosystemen wie der Nasenschleimhaut führen – wenn hier bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, wie es in der Studie beschrieben wurde.
Eine weitere Rolle spielen die dendritischen Zellen, jene sogenannten antigenpräsentierenden Zellen, die in ständiger Verbindung zwischen den Mikroorganismen auf der Schleimhaut und den Immunzellen stehen. Im Darm, in der Haut, in der Nase. Sie induzieren letztendlich eine Immunantwort.
In der Überzahl kommt es zu vermehrter immunologischer Aktivität. Ich muss wohl nicht betonen, dass wir auch von diesem Kaliber die größte Anzahl im Darm haben. Läuft hier etwas schief, haben wir unter Umständen in der Nase den Salat – wie in dem hier beschriebenen Fall.
Eine lokale Behandlung wäre also schön und gut, eine ursächliche im Darm können wir jetzt schon haben: Mit medizinisch relevanten Multispezies-Probiotika, die vorrangig das Immunsystem balancieren, wie z. B. OMNi-BiOTiC® 6.
Vielleicht sollte ich mal einen Leserbrief schreiben. Was meinen Sie?
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle wörtlichen Zitate stammen aus einem Beitrag auf dem Online-Portal des „Ärzteblatt“ vom Dezember 2022, © rme/aerzteblatt.de Quelle: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/139853/Long-COVID-Warum-der-Geruchsverlust-bei-manchen-Patienten-bestehen-bleibt?rt=474b89b4b1c46bd22478da964dbd3771
Long Covid Riechsinn
In meinem Blog beschreibe ich alle 14 Tage Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Ratoder den einer Heilpraktikerin/ eines Heilpraktikerseinholen.
Alternierend, ebenfalls 14-tägig, widme ich mich hier (unter dem Rubrum „News“)aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.