„Zucker und Salz, Gott erhalt’s“. Dass dieser Sinnspruch so nicht länger gilt, ist unumstritten. Aber was passiert eigentlich in unserem Körper, wenn der Salzkonsum ständig erhöht ist?
„Was macht denn Ihr Sodbrennen?“ Mit dieser Frage zur Begrüßung erwischte ich meinen Patienten Herbert*, der mich in Begleitung seiner Frau Elfriede* in der Praxis aufsuchte, wohl auf dem falschen Fuß. Interessanterweise musste er nämlich kurz überlegen, so als ob er die Frage gar nicht recht einzuordnen wusste.
Umso besser, dachte ich, denn bei seinem letzten Besuch hatte er noch einen ziemlichen Leidensdruck verspürt. Offenbar hatten meine Hinweise und Ratschläge ihren Zweck erfüllt. Welche das waren, können Sie hier nachlesen:
Was sich das Paar von mir nun erhoffte, hatte ausnahmsweise nichts mit irgendwelchen Krankheitssymptomen zu tun, sondern betraf ihren Vorsatz, sich im Neuen Jahr bewusst gesünder zu ernähren, und damit rannten sie bei mir natürlich offene Türen ein.
Speziell zum Thema Salz hatten die beiden einige Fragen, seit sie im Fernsehen über eine entsprechende Reportage gestolpert waren.
Salzarme Ernährung
„Ein bisschen Salz aufs Frühstücksei streuen oder eine Sauce mit einer ordentlichen Prise Salz verfeinern – das macht man ja ohne nachzudenken“, führte Herbert das Wort, „und bisher hatte ich unseren Salzkonsum auch nie als problematisch angesehen.“
Mit diesem mangelnden Problembewusstsein ist er sicher nicht allein. Während die meisten Deutschen die empfohlene Tagesmenge an Salz (6 Gramm) locker überschreiten und im Durchschnitt eher bei 10 Gramm liegen, sind sich die wenigsten bewusst, dass sie zu viel Salz konsumieren. Besonders tückisch ist dabei das „versteckte Salz“, das man zum Beispiel in Wurst oder Käse und stark verarbeiteten Lebensmitteln wie z. B. „Fertiggerichten“ findet.
„Siehst Du“, meinte Elfriede und blickte Herbert dabei streng an, „ich sag’ Dir ja schon lange, dass Du nicht immer so viel Wurst essen sollst.“
Wie Herbert darauf reagierte, erspare ich Ihnen.
„Gibt es denn gesundes Salz?“ Herbert gab nicht so schnell auf.
„Zu viel Salz ist zu viel Salz.“
Die Frage nach „gesundem Salz“ richtet sich, wie bei allem, nach der Dosis. Weder Steinsalz noch Himalayasalz oder Meersalz ist gesünder als das jeweils andere. Das trifft auch auf jodiertes Salz zu. Zu viel Salz ist zu viel Salz, ganz einfach.
Vom „weißen Gold“ zum Risikofaktor
Die Zeiten, in denen Salz als teures Luxusgut gehandelt wurde und den Status einer Währung hatte, sind längst vorbei. Trotzdem hat es in unserem Leben nichts an Bedeutung verloren, denn Salz ist für uns Menschen lebensnotwendig.
Unser Körper enthält 150 bis 300 Gramm des chemisch als Natriumchlorid bezeichneten Kochsalzes, was unter anderem wichtig für unseren Flüssigkeitshaushalt, Säure-Basen-Haushalt und verschiedene Stoffwechselprozesse ist.
Einen kleinen Anteil davon, ca. 3 Gramm, verlieren wir täglich über unsere Ausscheidungen und wenn wir schwitzen. In Ausnahmefällen wie bei Durchfallerkrankungen oder starkem Schwitzen beim Sport kann der Salzverlust sogar auf bis zu 20 Gramm ansteigen.
Warum Schwitzen gut und wichtig für den Körper ist, erfahren Sie hier:
Dennoch liegt unser durchschnittlicher Salzbedarf weit darunter, und 6 Gramm sollten die Obergrenze des täglichen Salzkonsums markieren, auch wenn eine noch salzärmere Kost wünschenswert wäre.
Elfriede stellte dann die entscheidende Frage: „Was passiert denn, wenn wir auf Dauer zu viel Salz zu uns nehmen?“
Wie Salz unseren Flüssigkeitshaushalt bestimmt
Um diese Frage zu beantworten, galt es etwas tiefer in die Zusammenhänge zwischen Salz und dem Flüssigkeitsvolumen in unserem Körper einzusteigen: Die Natrium- und Chloridionen, die zusammen das Kochsalz bilden, machen einen wichtigen Anteil der im Blut vorhandenen Elektrolyte aus. Ob sich die Flüssigkeit im Körper eher in die Zellen hineinbewegt oder aus ihnen heraus und unter anderem ins Blut strömt, hängt von der Verteilung dieser Elektrolyte ab.
Bei hoher Salzaufnahme steigt auch die Konzentration der Natrium- und Chloridionen im Blut, was zu einem ausgleichenden Flüssigkeitseinstrom führt. Das Blutvolumen steigt und der Blutdruck erhöht sich dementsprechend.
Wussten Sie, dass übermäßiger Stress die Lust auf Salziges verstärkt? Im Stress produzieren die Nebennieren nämlich vermehrt das Stresshormon Cortisol, und das steigert das Verlangen nach Salz und Fett – eine äußerst ungünstige Kombi. Salz und Fett sind Geschmacksträger und deshalb so beliebt. Ich sage nur: Schokolade und Meersalz. Salzkaramell, hmm … Schluss jetzt!
Dass Salz auch den Süßgeschmack verbessert, wussten schon unsere Großmütter. Deshalb gaben sie dem Kuchenteig stets eine Prise Salz hinzu. Um dann weniger Zucker zu verwenden? Pustekuchen! Salz dazu, ja, aber Zucker dafür raus? Nein. Schlechte Bilanz.
Ein wichtiger Schauplatz der Elektrolyt- und Volumenregulation sind die Nieren, die unser Blut filtern und die Ausscheidung überschüssiger und schädlicher Stoffe verantworten. Sie sind für 95% der Salzausscheidung zuständig, die über verschiedene Botenstoffe und Blutdrucksensoren genau reguliert wird. So kann bei hohem Salzkonsum auch durch eine verminderte Flüssigkeitsausscheidung über die Nieren der Blutdruck noch weiter steigen.
Ein verstärktes Durstgefühl wirkt dem zwar entgegen, trotzdem ist hoher Salzkonsum ein wichtiger Risikofaktor für Bluthochdruck – vor allem bei salzempfindlichen Menschen.
Diagnose: salzsensitiv
Untersuchungen haben gezeigt, dass ungefähr ein Drittel aller Menschen besonders salzempfindlich ist. Bei Menschen aus dieser Gruppe ist der Umstieg auf eine salzarme Ernährung zur Bekämpfung von Bluthochdruck besonders effektiv. Bei ihnen ist der Sympathikus meist auf einem höheren Aktivitätslevel als bei nicht-salzsensitiven Menschen, was zum Beispiel zu einem dauerhaft stärkeren Zusammenziehen der Blutgefäße führt – und entsprechend zu einem höheren Blutdruck.
„Woher weiß ich denn, ob ich salzsensitiv bin?“
Auch die Ausscheidung des Salzes über die Nieren scheint bei salzsensitiven Menschen beeinträchtigt. „Aber woher weiß ich denn, ob ich salzsensitiv bin“, unterbrach mich Herbert, der mir zuvor schon von seinen erhöhten Blutdruckwerten berichtet hatte.
Dafür gibt es tatsächlich einen relativ einfachen Bluttest, den man in vielen Hausarztpraxen machen kann. Das kann freilich jede/r auch ohne Test herausfinden: Eine strikte Reduktion der Salzzufuhr für ca. zwei Wochen würde deutlich zeigen, ob man zu den „Salzsensitiven“ zählt oder nicht.
Beim begleitenden, regelmäßigen Blutdruckmessen lässt sich dann nämlich erkennen, wie sehr der Salzkonsum den Blutdruck beeinflusst: Beträgt der mittlere Blutdruck nach einem Zeitraum mit salzarmer Diät mindestens 5 mmHg weniger als vorher, gilt man als salzsensitiv.
„Wäre also eine salzärmere Ernährung ein geeigneter Weg, meinem Bluthochdruck beizukommen?“ Das hatte Herbert richtig erkannt. Mehr zur Volkskrankheit Bluthochdruck finden Sie hier:
Man muss aber nicht unbedingt zu den Salzsensitiven zählen, um seinen Salzkonsum zu hinterfragen, denn eine zu salzhaltige Ernährung ist immer schädlich!
Hoher Salzkonsum geht ganz schön an die Nieren
Neben dem auf Dauer gefährlichen Bluthochdruck kann zu viel Salz auch Schäden an den Blutgefäßen verursachen bzw. die Versteifung der Gefäße begünstigen. Wozu das führt, erfahren Sie hier:
Besonders die für die Regulation von Salz- und Flüssigkeitsausscheidung zuständigen Nieren können durch dauerhaft erhöhten Salzkonsum geschädigt werden. Das hängt einerseits mit den gerade benannten Schädigungen der Blutgefäße, aber auch mit der Dauerbelastung durch den Bluthochdruck zusammen.
Auch Übergewicht – dieses rasant wachsende, unseren Ernährungsgewohnheiten geschuldete Phänomen – wird mit erhöhtem Salzkonsum in Verbindung gebracht, weil Salz als Geschmacksverstärker appetitsteigernd wirkt! Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass hoher Salzkonsum auch einen Risikofaktor für Autoimmun- und Krebserkrankungen oder auch Multiple Sklerose darstellt.
Steht unser Darm auf salzige Kost?
Es ist immer eine Frage der Menge, aber klar ist, dass unser Mikrobiom von einem zu hohen Salzkonsum negativ beeinflusst wird. In einschlägigen Versuchen schien eine durch Salz bedingte Reduktion der Laktobazillen mit einem Anstieg bestimmter Immunzellen, den Th17-Zellen und der Entstehung von Bluthochdruck zu korrelieren.
Diese Th-17-Zellen spielen eine zwiespältige Rolle, denn eigentlich haben sie keinen so guten Ruf und gelten als pro-entzündlich, weil sie Erkrankungen wie Rheuma und Arthritis auslösen und verstärken können. Deshalb gilt als ein Therapieansatz in solchen Fällen, die Bildung solcher Zellen zu blockieren.
Andererseits wurde bereits vor Jahren entdeckt**, dass Th-17-Zellen unter bestimmten Umständen im Darm eine diametral entgegengesetzte Funktion ausüben: Wenn nämlich einem besonders stark entzündeten Darm Th17-Zellen verabreicht werden, mildern diese die Entzündung erfolgreich ab. Das Problem: Bei hohem Salzkonsum funktioniert die Regulierung durch Th-17 Zellen nicht mehr. Das ist besonders zu beachten bei Colitis Ulcerosa! Auf diese chronisch-entzündliche Darmerkrankung bin ich hier schon einmal zu sprechen gekommen:
Fazit: Ein durch zu salzige Kost aus der Balance geratenes Mikrobiom scheint die übrigen bekannten Auswirkungen eines erhöhten Salzkonsums wie z. B. Bluthochdruck noch zu verstärken! Zudem wird vermutet, dass das Mikrobiom einen Einfluss auf unsere Salzsensitivität hat.
Spätestens jetzt waren Herbert und Elfriede überzeugt, dass „so’n bisschen Salz“ doch große Auswirkungen auf ihre Körper haben konnte.
Achtung bei „verstecktem Salz“!
Auf ihren Salzkonsum besser zu achten und ihn künftig zu reduzieren – diesen Entschluss hatten die beiden im Prinzip schon getroffen. Bei der aktiven Verwendung von Salz beim Kochen oder Nachwürzen von Speisen lässt sich der sicher auch gut umsetzen. Anders beim „versteckten Salz“, wie oben bereits erwähnt. Bekanntlich schneiden hier besonders „Fertiggerichte“ sehr schlecht ab.
So enthält z. B. eine Tiefkühlpizza um die 5 Gramm Salz – damit ist die empfohlene Tagesmenge schon beinahe erreicht! „Nun essen wir ja sowieso nicht so viel von so’m Zeugs“, schränkte Elfriede ein, bat aber dennoch um konkrete Tipps für eine möglichst salzarme Ernährung.
Bitteschön: Sehr einfach ist beispielsweise der Wechsel zu salzärmerem Brot – hier schmeckt man den Unterschied meist nicht einmal. Generell (das kommt jetzt sicher nicht überraschend) ist eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch und möglichst gar keiner Wurst perfekt, will man den Salzkonsum in Maßen halten. Um für einen „runden Geschmack“ nicht immer auf große Mengen Salz als Geschmacksträger zurückgreifen zu müssen, ist ein probates Mittel, stattdessen vermehrt auf diverse Gewürze und Kräuter zurückzugreifen.
Wie sinnvoll eine Reduktion der Salzaufnahme ist, zeigen Daten aus Finnland. Hier wurde schon in den 1970ern eine große Kampagne zur Salzreduktion gestartet, die zu einem deutlichen Rückgang von Bluthochdruck und Todesfällen durch Herz-Kreislauferkrankungen geführt hat.
Ein ausgeglichenes Mikrobiom ist das A und O
„Sie sagten eben“, hakte Herbert nach, „dass der Salzkonsum auch unser Mikrobiom verändert. Meinen Sie denn, dass unser Darm aufgrund unserer salzigen Ernährung schon gestört ist?“ Tatsächlich vermutete ich, dass dies wahrscheinlich bereits der Fall war. Warum hätten die Laktobazillen angesichts ihres dauerhaft zu hohen Salzkonsums ausgerechnet bei Herbert und Elfriede nicht leiden sollen! Dabei sind genau diese Laktobazillen so ungemein wichtig für eine gesunde Darmmikrobiota und viele andere Körperfunktionen.
Man weiß, dass Laktobazillen eine wichtige Rolle im Kampf gegen pathogene Eindringlinge spielen, die über die Darmbarriere in den Körper gelangen wollen. Auch die Butyratproduktion gehört zum Funktionsumfang von Laktobazillen: Die kurzkettigen Fettsäuren stärken und ernähren die Zellen unserer Darmwand und versorgen unser Gehirn! Hier schenkte Elfriede ihrem Mann einen vielsagenden Blick …
Um das Mikrobiom der beiden in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen und die optimale Grundlage für einen neuen, gesünderen Lebensstil zu legen, empfahl ich dem Paar die Einnahme des Probiotikums OMNi-BiOTiC® Aktiv. Mit den darin enthaltenen elf Leitkeimstämmen (u. a. auch Laktobazillen) lässt sich die wichtige bakterielle Diversität im Darm wiederherstellen, was nicht nur die Darmbarriere stärkt, sondern – zu Ende gedacht – die beste Prophylaxe gegen Erkrankungen darstellt.
Verzicht auf zu viel Salz
Herbert und Elfriede gaben sich entschlossen, auszuprobieren, ob ihr künftiger Verzicht auf zu viel Salz besser funktionieren würde, wenn ihre Darmbakterien mitspielen. „Ich habe mir gemerkt, was Sie mal geschrieben haben, dass nämlich Darmbakterien Pizza bestellen können. Vielleicht können die ja eine salzarme Pizza ordern.“
Herbert entpuppte sich als Witzbold, wer hätte das gedacht. Aber es stimmt ja: Darmbakterien bestimmen definitiv unsere Essgewohnheiten!
„Deine Leberwurst kannst Du Dir in die Haare schmieren!“
„Dann werden wir uns zu Hause gleich mal auf die Suche nach salzärmeren Rezeptideen machen“, verkündete Elfriede, und zu Herbert gewandt: „Deine Leberwurst kannst Du Dir dann auch gleich in die Haare schmieren!“
Ich schenke mir, den darauf folgenden Wortwechsel zwischen den beiden wiederzugeben, aber es freut mich natürlich immer, wenn ich merke, dass mein Plädoyer für eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung auf fruchtbaren Boden fällt. Dass Sie, lieber Leser und liebe Leserin, diesem Rat längst folgen, dessen bin ich mir ganz sicher. Schließlich ist unsere Gesundheit das beste Salz in der Suppe.
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle Namen geändert
** siehe: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2011/01/30/th17-zellen-haben-zwei-gesichter
Salzarme Ernährung
In meinem Blog beschreibe ich alle 14 Tage Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Ratoder den einer Heilpraktikerin/ eines Heilpraktikerseinholen.
Alternierend, ebenfalls 14-tägig, widme ich mich hier (unter dem Rubrum „News“)aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge.