Haben wir die Corona-Welle hinter uns? Keineswegs, aber die Forschung ist heute ein paar Schritte weiter. Speziell zur Frage, welcher Umstand die Schwere des Verlaufs einer SARS-CoV-2-Infektion bestimmt, liegen neue Erkenntnisse vor.
Was mich kürzlich bei einer flüchtigen Durchsicht des DocCheck-Online-Portals aufmerksam werden ließ, war die zündende Überschrift „Candida und Corona – Duo infernale?“* Es zeigt nicht nur, wie wichtig eine gut formulierte Headline ist, sondern bestätigte mich auch in der Ansicht, dass es stets dem Zustand des humanen Mikrobioms geschuldet ist, ob sich eine Krankheit ausbilden kann – seien es Phänomene auf der Haut oder, wie in diesem Fall, die individuelle Reaktion auf eine Corona-Erkrankung.
Die Erklärung dafür ist ganz einfach: etwa 80% aller Immunzellen werden im Darm gebildet, und bei einer Dysbiose (Fehlbesiedelung des Darms) funktioniert leider auch die Immunabwehr nicht mehr wie vorgesehen.
Pilze unter Verdacht
Die Frage, die sich nun ein Forscher-Team des Weill Cornell Medical College in New York stellte, war: „Warum sorgen Infektionen mit dem gleichen Virus in dem einen Menschen für einen milden Krankheitsverlauf, während ein anderer schwer erkrankt?“ Und sie fanden heraus, dass es einen Zusammenhang zwischen einer Corona-Erkrankung und Pilzbefall im Darm gibt:
„Candida albicans, auch Soorpilz genannt, ist der häufigste Auslöser der Kandidose und im Darm von ca. 75% der gesunden Menschen zu finden. Er ist fakultativ pathogen – so lange man also eine gesunde, ausbalancierte Darmflora hat, ist er nicht gefährlich. Sobald das Gleichgewicht allerdings wankt, zum Beispiel durch die Einnahme von Antibiotika, nutzt er seine Chance und breitet sich aus – er wird krankheitserregend.“
Und nicht nur das, sondern er gilt sogar als „ausschlaggebend für die Schwere einer SARS-CoV-2-Infektion“. Aber ich greife vor, also noch einmal zurück zur Ausgangssituation:
„Es gab schon länger Hinweise, dass Pilzinfektionen eine wichtige Rolle bei einem COVID-19-Verlauf spielen. COVID-19-Patienten haben oft ein dysreguliertes Immunsystem, was zu einem veränderten Darm-Mikrobiom führt, wodurch die Darmschrankenfunktion eingeschränkt werden kann. Es wurde auch speziell von einer Veränderung in der Pilz-Flora im Darm berichtet.
Zusätzlich wurden in einige Fällen Pilzinfektionen in der Lunge von COVID-19-Patienten gefunden. Es stellte sich also die Frage, ob eine chronische Darminfektion mit Pilzen und die daraus folgende ständige Immunantwort die Stärke einer COVID-19-Infektion beeinflusst.“
Candida – Coronas williger Helfer?
Für ihre Studie untersuchten die Forscher „91 COVID-19-Patienten und 36 Patienten ohne SARS-CoV-2-Antikörper. Sie fanden bei den COVID-19-Patienten einen signifikanten Anstieg der Antikörper-Titer gegen drei Darmpilze: Candida albicans, Candida parapsilosis und Saccharomyces cerevisiae. Auch fanden sie eine höhere Pilzlast im Stuhl der COVID-19-Patienten, welche vor allem durch C. albicans verursacht wurde.
Über eine Infektion mit C. albicans habe ich an dieser Stelle schon geschrieben:
Und noch etwas fanden die Forscher heraus: So war „die Pilzlast bei Patienten mit schweren COVID-19-Verläufen höher, als bei jenen mit moderaten Verläufen. Auch sind im Gegensatz zu den moderaten Fällen bei den schweren Fällen die Antikörper-Titer gegen C. albicans im Verlauf der Krankheit angestiegen. Das ist ein weiterer Hinweis dafür, dass C. albicans die Schwere der COVID-19-Erkrankung beeinflusst.“
Antimykotika gegen virale Infektionen
Ich erspare Ihnen hier die Details der Vorgehensweise, die zusätzlich ein Maus-Modell umfasste, und verweise auf den Link zum Original-Artikel ganz unten. Es zeigte sich aber, dass das Interleukin IL-6 jene neutrophilen Immunzellen erst so richtig aufstachelte, die „mit schweren COVID-19-Verläufen assoziiert“ sind.
Was Interleukine bewirken
Interleukine sind Botenstoffe des Immunsystems. Einige von Ihnen reduzieren die immunologische Aktivität, andere aktivieren sie. Sind diese aktiv, „befeuern“ sie das Immunsystem, was zu Entzündungen (Inflammationen) führt. Interleukin 6 ist ein proinflammatorischer Botenstoff.
Daraus schlossen die Forscher, dass IL-6-Blocker einen positiven Einfluss auf den Verlauf einer COVID-19-Infektion haben müssten, und tatsächlich brachte diese Maßnahme die erhofften Ergebnisse, was wiederum den Weg für neue Therapieansätze bereiten könnte: „Anstatt sich nur auf SARS-CoV-2 zu konzentrieren, könnten zusätzlich auch die Pilz-Infektionen bekämpft werden, zum Beispiel durch IL-6-Blocker.“
Damit ließen sich schwere Verläufe der Erkrankung vermeiden. Aber die Ergebnisse dieser Studie weisen weit über COVID-19 hinaus: „Es ist gut möglich, dass ähnliche Prozesse auch andere virale Infektionen beeinflussen. Auch diese könnte man dann mithilfe antimykotischer Therapie unterstützend behandeln.“
Die Naturheilkunde sieht für eine antimykotische Behandlung Oregano-Öl vor – und ein Probiotikum wie z. B. OMNi-BiOTiC® 6. Studien** haben nämlich gezeigt, dass die darin enthaltenen Leitkeimstämme in der Lage sind, das Wachstum von Candida stark zu hemmen.
Das lässt doch hoffen! Aber einmal mehr zeigt sich: Die beste prophylaktische Immunabwehr besteht in der liebevollen Pflege unserer Darmbakterien, damit die Pilze gar nicht erst die Oberhand bekommen.
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle wörtlichen Zitate entstammen einem Artikel von Carolin Hattendorf, der im November 2023 auf dem DocCheck-Online-Portal erschien.
** Domig K.J. et al., Strategies for the evaluation and selection of potential vaginal probiotics from human sources: an exemplary study, Beneficial Microbes, 2014;5(3): 263–272
Candida albicans
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge