Offenbar gibt es einen Zusammenhang zwischen Morbus Parkinson und einem bestimmten Weißschimmel-Pilz. Der Meldung gehen wir doch gleich mal nach!
Erst vor kurzem wurde ich auf einen Artikel bei doccheck* aufmerksam, der den schönen Titel trug: „Parkinson: Der Pilz, der zittern lässt“. Die Veröffentlichung ist zwar schon ein bisschen her (2022), aber da die „Parkinson Disease“ (PD) die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung ist, muss uns jeder Hinweis interessieren. Schon weil die Forschung (zumindest aus der damaligen Perspektive) ein wenig auf der Stelle tritt:
„Bisher gibt es keine Behandlung, um den neurodegenerativen Prozess zu stoppen. PD-Patienten leiden nicht nur an motorisch bedingten und kognitiven Symptomen, sondern auch an gastrointestinalen Beschwerden. Es kommt bei den Patienten vermehrt zu Obstipation, verlängerter Darmpassage oder Stuhlgang-assoziierten Dysfunktionen. Diese können den klassischen motorischen Symptomen mehrere Jahre vorausgehen.“
Deshalb sollten solche Beschwerden stets auch die Diagnostik sensibilisieren. „Darüber hinaus gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass das enterische Nervensystem (ENS) vor dem Zentralnervensystem beeinträchtigt wird. Diese Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass die Parkinson-Krankheit zumindest bei einer Untergruppe von Patienten im GI-Trakt beginnen und sich auf das zentrale Nervensystem ausbreiten könnte.“
Ein Schimmelpilz unter Verdacht
Was sich alles in unserem Darm tummelt, mag man sich kaum ausmalen: „Neben Bakterien umfasst die Darmmikrobiota auch Viren und (…) Pilze. Bakteriophagen (Viren, die Bakterien infizieren und fressen, Anm. DP) spielen ebenfalls eine Rolle.“
Dies alles bleibt dem Hirn natürlich nicht verborgen! „Das Darmmikrobiom moduliert die Darm-Hirn-Achse durch Sekretion von Neurotransmittern, Zytokinen und die Produktion kurzkettiger Fettsäuren. In einer Studie von Weis et al. wurde die Besiedelung mit Pilzen und Bakterien von Patienten mit Morbus Parkinson untersucht.“
Über die Bedeutung der Darm-Hirn-Achse und warum eine gesunde Darmmikrobiota das Risiko senkt, an Parkinson zu erkranken, habe ich hier übrigens auch schon mal berichtet:
In der beschriebenen Studie tat sich ein Übeltäter besonders hervor: „Am auffälligsten waren Unterschiede in der relativen Häufigkeit des Schimmelpilzes Geotrichum candidum, der Infektionskrankheiten (Geotrichosen) auslösen kann. In den Parkinson-Proben zeigte dieser auch als Milchschimmel bekannte Pilz eine mittlere relative Häufigkeit von 39,7 Prozent aller DNA-Sequenzen, in den Kontrollproben dagegen nur von 0,05 Prozent.“
Damit eröffnen sich jedenfalls zukunftsweisende Perspektiven: „Falls Geotrichum candidum tatsächlich eine funktionelle Rolle bei Morbus Parkinson spielt, könnte man ihn vielleicht als Biomarker in der Diagnostik nutzen.“
Bekannter und auch pathogener ist der große Pilz-Bruder Candida albicans, der häufig Beschwerden macht und entsprechend behandelt werden muss. Geotrichum candidum hingegen ist ein Milchpilz, der das saure Milieu vieler Milchprodukte besiedelt und flächendeckend etwa zur Käseherstellung verwendet wird.
Er gilt als fakultativ pathogen, ist also eigentlich harmlos und macht nur Probleme bei Patienten, deren Immunsystem nicht auf der Höhe ist, sprich: Gesunden Menschen kann er nichts anhaben.
Offensichtlich konnte sich dieser Pilz jedoch bei Parkinson-Erkrankten im Darm signifikant vermehren. Tja, sind unsere Kommensalen (die sich von Nahrungsrückständen in unserem Darm ernähren) nicht in der Lage, alle Plätze auf der Schleimhaut zu besetzen, können sich eben Pilze aus der Candida-Familie dort breit machen.
Prionen – die „falschen Fuffziger“ mit Hang zum Rinderwahn
Das ENS ist über den Sympathikus und den Vagusnerv, die die sogenannte Darm-Hirn-Achse bilden, mit dem Zentralnervensystem verbunden. Daten deuten darauf hin, dass diese neuronale Kette zwischen ENS und dem Gehirn es pathologischen Peptiden ermöglicht, sich prionenartig zwischen Darm und Gehirn auszubreiten, wodurch der Verlauf dieser neurologischen Erkrankung moduliert wird.“
Beim Stichwort „Prionen“ muss ich natürlich sofort an jene „falschen Fuffziger“ denken, denen man nachsagt, sie würden den Rinderwahnsinn (BSE) und eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auslösen. Der Autor stellt daher die spannende Frage: „Ist Parkinson möglicherweise auch eine Prionopathie?“
Bei Prionenkrankheiten ändert ein normales Protein seine Form und wird anormal. Einige der neu gebildeten Prionen werden im Gehirn nicht abgebaut und sammeln sich dort langsam an.
Ich will Sie nicht mit sämtlichen biochemischen Details überfordern (obwohl ich Ihnen den unten verlinkten Artikel zur Lektüre empfehle, weil ich ihn sehr lehrreich und spannend finde), aber wenn’s um „Darm-assoziierte PD-Symptome“ geht, kann ich nicht anders, denn:
„Der pathologische Prozess der Parkinson-Krankheit entlang der Darm-Hirn-Achse wird vermutlich durch die Darmmikrobiota moduliert oder initiiert.“ Vermutet wird, „dass eine verstärkte Entzündung bei Parkinson, die durch erhöhte Spiegel von fäkalen Markern für Entzündungen und Darmpermeabilität (Leaky Gut) angezeigt wird, mit einer Dysbiose in der Darmumgebung in Verbindung gebracht wird.
Falls Sie das Thema Leaky Gut näher interessiert, gibt es hier ein Video dazu:
Wehe, wenn sie losgelassen!
Was das bedeutet, wenn z. B. der Dünndarm von Bakterien überwuchert wird, die dort nichts zu suchen haben und „typischerweise im Dickdarm vorkommen“, weiß man: „Es kann zu einer Ansammlung von mikrobiellen Gasen im Darm kommen. Auch Darmentzündungen, Malabsorption und Vitamin-Ungleichgewichte können auftreten.“
Wie’s der Zufall will, habe ich auch zum Thema SIBO (Small intestinal bacterial overgrowth) gerade erst in dieser Woche ein Video veröffentlicht – gern mal reingucken (s. Startseite).
Dass in so einem Fall klassischerweise orale Antibiotika verabreicht werden, ist klar, aber der Autor würdigt explizit auch die Rolle von Probiotika: „Die Manipulation der Darmmikrobiota durch probiotische Anwendung … bei Menschen mit Parkinson kann ebenfalls zu einer klinischen Verbesserung führen, insbesondere in Bezug auf gastrointestinale Symptome“.
Zusammenfassend hält der Autor fest: „Die Dysbalance des Darmmikrobioms scheint bei Morbus Parkinson und anderen neurologischen Erkrankungen noch bedeutsamer zu sein als gedacht.“
Umgekehrt ist es auch erlaubt zu sagen: Wer das Risiko einer Parkinson-Erkrankung (und vielen anderen Krankheiten) senken möchte, ist gut beraten, seinen bakteriellen Freunden im Darm jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Naja, wie das gehen soll, so Aug’ in Aug’, weiß ich auch nicht, aber Sie wissen schon, wie ich das meine …
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle wörtlichen Zitate entstammen einem Artikel des Medizinjournalisten M. Bastigkeit, der im Juli 2022 bei doccheck veröffentlicht wurde. © Matthias Bastigkeit
Quelle: https://www.doccheck.com/de/detail/articles/37018-parkinson-der-pilz-der-zittern-laesst
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge