Wiederkehrende Harnwegsinfektionen können zwar auch Männer treffen, aber in der Hauptsache sind doch Frauen betroffen. Was vorbeugend hilft, erfahren Sie hier.
Lang ist es her, dass ich über Blasenentzündungen geschrieben habe. Aber nach wie vor ist dieser Blogbeitrag einer der populärsten, und das aus gutem Grund: Rund 10% aller Frauen sind mindestens einmal im Jahr von einem Harnwegsinfekt (HWI) betroffen. Auf die Lebenszeit gerechnet, trifft es sogar mehr als die Hälfte.
Männer (vor allem jüngere) bleiben oftmals davon verschont, aber mit zunehmendem Alter sind auch sie nicht mehr vor einer Infektion des Harntrakts gefeit. Eine einzige Blasenentzündung wäre schon lästig genug, doch diese Erkrankung kann sehr hartnäckig sein, so dass es oft zu sogenannten Rezidiven kommt (ein Rezidiv ist das Wiederauftreten einer Krankheit).
Bevor HWI zur lästigen Routine wird …
Speziell bei Harnwegsinfekten gibt es eine klare Definition, ab wann man von rezidivierenden HWI (rHWI) spricht: Muss frau sich mindestens zweimal im halben Jahr oder dreimal innerhalb von zwölf Monaten mit einer Infektion des Harntrakts abärgern, spricht man von einem Rezidiv. Das Problem an der Sache: Haben sich die entzündungsauslösenden Keime einmal angesiedelt, ist es schwierig, sie wieder loszuwerden. Das ist auch der Grund, warum rund 25% der HWI-Patient:innen ein Rezidiv erleiden.
Meine Patientin Betty* (45), von der ich in dem damaligen Blog berichtet hatte, konnte ein Lied davon singen, doch ich hatte nun länger nichts mehr von ihr gehört. Als sie mich neulich erneut aufsuchte, ahnte ich schon, dass es wieder aus dem gleichen Grund war: Blasenentzündung. Und zwar nicht nur eine oder zwei, wie sie sichtlich genervt berichtete, sondern immer wiederkehrende:
„Ein Windhauch später, und alles geht wieder von vorn los.“
„Ein paar Wochen Ruhe habe ich dazwischen immer, dann denke ich, es geht endlich bergauf. Aber ein Windhauch oder einmal Geschlechtsverkehr später, und alles geht wieder von vorn los. Wie kann es sein, dass ich da so anfällig bin?“
Relevant ist, ob es – wie in Bettys Fall – beschwerdefreie Zeiträume zwischendurch gibt oder ob die Beschwerden konstant anhalten. Denn bei Letzterem würde man eher von einer chronischen Blasenentzündung sprechen.
Zunächst wollte ich wissen, wie es Betty nach unserer letzten Sitzung ergangen war, wo ich ihr einen recht ausführlichen „Fahrplan“ mit auf den Weg gegeben hatte.
„Ich hab’ mich anfangs wirklich genau an Ihre Anweisungen gehalten, wahrscheinlich, weil der Leidensdruck so hoch war, und es ging mir auch ’ne Zeit lang wirklich besser. Aber dann gab es ein paar … Veränderungen in meinem Leben, alles wurde sehr stressig, und insgesamt hab’ ich mich ziemlich hängen lassen. Mit den bekannten Konsequenzen leider …“
Symptome, die jede/n mürbe machen würden
Immerhin hatte Betty für sich erkannt, was diesen Rückfall ausgelöst hatte, doch statt bei den Maßnahmen wieder anzuknüpfen, mit denen sie anfangs erste Erfolge erzielt hatte, war sie nun so „mürbe“, dass sie lieber einen Arzt konsultierte.
Was ich ihr damals geraten hatte, können Sie hier übrigens nachlesen:
Da Betty ihre Symptome wahrheitsgemäß als sehr hartnäckig und immer wiederkehrend beschrieben hatte, verschrieb ihr der Arzt sicherheitshalber eine lang andauernde Antibiotika-Kur.
Erst da schrillten sämtliche Alarmglocken in Bettys Kopf, weil sie meinen Blog schon lange verfolgt und somit meine Haltung zu Antibiotika wie ein Mantra schon im Schlaf wiedergeben kann. „Deshalb wollte ich nun erst nochmal Ihre Meinung hören, ob das denn wirklich notwendig und vor allem auch nachhaltig ist.“
Nachhaltig ist genau das richtige Stichwort, denn bei starken Beschwerden kann es durchaus sinnvoll sein, durch Antibiotika Ruhe in das System zu bringen. Allerdings ist der gewünschte Effekt oft nur von kurzer Dauer, weil die Bakterien, die das Übel verursachen, über verschiedene Mechanismen verfügen, um dem Angriff aus dem Weg zu gehen.
Das Fatale: Gerade eine längerfristige, niedrig dosierte Antibiotika-Kur bietet den Bakterien eine gute Grundlage, Resistenzen zu bilden. Von den Nebenwirkungen ganz zu schweigen.
Die perfiden Strategien „böser“ Bakterien
So hat man herausgefunden, dass sich Bakterien zu Kommunen innerhalb der Epithelzellen an der Blasenwand zusammenfinden und sich dort „in Kommunen“ vermehren können – sie bilden dann sogenannte Intracellular Bacterial Communities (IBC).
Eine weitere perfide Strategie verbirgt sich hinter den Quiescent Intracellular Reservoirs (QIR), bei denen sich Bakterien in tieferen Schichten der Blasenwand versammeln und dort ihren Stoffwechsel so weit herunterfahren, dass sie z. T. monatelang überdauern können … nur um dann nach einer gewissen Zeit die scheinbar geheilte Blase wieder zu reinfizieren.
Gegen diese „versteckten“ Kolonien kommen weder das Immunsystem noch Antibiotika an, daher muss der Nutzen einer Antibiotikatherapie immer kritisch hinterfragt werden, um z. B. eine Blutvergiftung auf Grundlage eines Harnwegsinfektes zu verhindern. So eine Blutvergiftung kann als Komplikation bei allen bakteriellen Infektionen auftreten. Dabei sind Antibiotika zweifellos die ultima ratio, aber in anderen Situationen sollten Probiotika unbedingt ins Kalkül gezogen werden – dazu gleich mehr.
„Das stimmt mich nicht gerade sehr optimistisch“, befand Betty, aber warum eigentlich? Zum einen kann diese Erkenntnis helfen, unnötige Antibiotikatherapien und somit auch vermeidbare Schäden am gesamten Mikrobiom zu verhindern, zudem zeigt dieser Ansatz der Wissenschaft neue Richtungen auf, die erforscht werden können … und auch längst erforscht werden!
Doch was sollte Betty nun tatsächlich tun, um ihre wiederkehrenden Harnwegsinfektionen endlich in den Griff zu bekommen? Die wichtigsten Voraussetzungen gelten natürlich unverändert weiter: ca. zwei Liter trinken pro Tag, die richtige Intimhygiene und das Vermeiden von „kalten Füßen“. Doch das musste ich Betty nicht weiter einbläuen, denn diese Ratschläge hatte sie längst verinnerlicht.
Die Frage, ob sie ihre Wechseljahre schon hinter sich habe, verneinte sie, und die naheliegende Folgefrage war, ob und wie sie denn verhüte. „Mit der Pille,“ antwortete sie. Die Frage war insofern berechtigt, als Studien gezeigt haben, dass Verhütungsmethoden mit Spermiziden wie z. B. bestimmte Diaphragmen das Risiko für HWI erhöhen können.
Der Harnweg als Lebensraum
Prinzipiell geht es bei der Prävention von Harnwegsinfekten hauptsächlich darum, den Harnweg als Lebensraum für unerwünschte Bakterien so unangenehm wie möglich zu gestalten bzw. zu verhindern, dass sich die Keime überhaupt einnisten können. Der Körper schafft das normalerweise selbst. Kommt es aber z. B. durch falsche oder übertriebene Intimhygiene oder auch Antibiotika-Einnahme zu einer Veränderung des Milieus (zumeist durch Verdrängung der ansässigen Laktobazillen), kann es sein, dass man von außen nachhelfen muss.
Als Alternative zu Antibiotika bietet sich D-Mannose an, die ähnlich gut wirkt wie eine Langzeitprophylaxe mit dem Antibiotikum Nitrofurantoin, allerdings ganz ohne Entstehung einer Dysbiose (Fehlbesiedelung). D-Mannose bindet an E. coli-Bakterien, umgibt sie und verhindert so das Anheften an die Blasenwand. Dies bestätigt übrigens auch ein Artikel im Ärzteblatt aus 2015**.
Kaum schlechter als die Antibiotikagruppe der Sulfonamide wirken Probiotika, speziell Laktobazillen. Was man hier im Gegensatz zu den Antibiotika jedoch nicht hat, sind unerwünschte Nebenwirkungen, weshalb ich diese Option immer vorziehen würde.
Folglich riet ich Betty zu einer 9-monatigen Kur mit OMNi-BiOTiC® FLORA plus – einem Präparat, das vier für den Harntrakt wichtige Laktobazillen-Arten beinhaltet und so für ein gesundes vaginales Milieu sorgt. Fakt ist, dass diese Laktobazillen sogar in der Lage sind, den Biofilm zu knacken, in dem sich die feindlichen Bakterien sicher fühlen. Sollte also ein Antibiotikum eingesetzt werden, dann immer ein Probiotikum wie OMNi-BiOTiC® 10 und OMNi-BiOTiC® FLORA plus einnehmen. Das eine morgens, das andere abends.
Mehr zur wichtigen Rolle von Laktobazillen – gerade beim Kinderwunsch – finden Sie hier:
Auch pflanzliche Mittel können in der Akutsituation die Beschwerden lindern. Bewährt haben sich z. B. die Inhaltsstoffe Bärentraubenblätter (Cystinol akut®, Cystinol long® mit Goldrute bei chronischen Verläufen) und die Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel (Angocin®). Ein neuer Ansatz insbesondere bei Rezidiven ist die Kombination aus Tausendgüldenkraut, Liebstöckel und Rosmarin, was entzündungshemmend und schmerzlindernd wirkt und ebenfalls die Anheftung der Bakterien verhindern soll.
So ganz schien Betty noch nicht entschlossen, den ärztlichen Rat zum Antibiotikum in den Wind zu schlagen, daher schärfte ich ihr noch ein letztes Mal ein, in dem Fall nicht die ergänzende Einnahme von OMNi-BiOTiC® 10 zu vergessen, damit sich die Kollateralschäden an ihrem Darm-Mikrobiom im Rahmen hielten.
Immerhin konnte ich ihr damit ein Schmunzeln entlocken, gehörte sie doch zu den „Aufgeklärten“, die in der Hinsicht nichts falsch machen würden. Ich wünschte ihr einen anhaltenden Erfolg und gab meiner Hoffnung Ausdruck, dass sie mich beim nächsten Besuch mit erfreulichen Nachrichten überraschen möge …
Wenn ich Sie mit diesem Beitrag noch einmal daran erinnern konnte, was eine Harnwegsinfektion „im Keim ersticken“ kann, sollte es mich freuen!
Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
Harnwegsinfektion vorbeugen
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge