„Drei Farben: Gelb“ wäre – in Anlehnung an die berühmte Film-Trilogie aus den 90ern – auch ein passender Titel gewesen, doch die Palette der möglichen Urinverfärbungen ist weitaus größer. Was uns Farbe und Geruch des Urins über unseren Gesundheitszustand verraten, erfahren Sie hier.
Wenn es uns nicht gut geht, aber lediglich unspezifische Symptome wie Abgeschlagenheit oder verminderte Leistungsfähigkeit vorliegen, ist für viele ein logischer erster Schritt, ein „großes Blutbild“ zu veranlassen. Dies sollte doch einen Aufschluss darüber geben, was im Körper eigentlich schiefläuft. Das ging jedenfalls auch meiner Patientin Tanja* (37) durch den Kopf, als sie mich wegen ihrer ständigen Blasenentzündungen aufsuchte.
Das ist grundsätzlich keine schlechte Idee, das Problem ist nur: Die Parameter, die sich mit so einem Blutbild bestimmen lassen, decken bei weitem nicht alles ab, was bei einem konkreten Verdacht gesondert abgefragt werden könnte. Deshalb fragte ich Tanja, ob ihr irgendetwas an ihrem Urin aufgefallen sei. Außer einem gelegentlichen Brennen beim Wasserlassen konnte sie zunächst nichts benennen. Nach einer kurzen Bedenkzeit fiel ihr dann aber doch ein, dass ihr Urin in letzter Zeit etwas „schaumig“ schien.
Holla! Da hatte ich also ins Gelbe getroffen. Worauf ein solches Phänomen hinweist, darauf werde ich weiter unten noch zurückkommen. Interessant finde ich, dass an eine Untersuchung des Urins viel zu selten gedacht wird. Vielleicht, weil man mit der Urindiagnostik eher einen Schwangerschaftstest bzw. Ovulationstest assoziiert. Dabei kann der Urin eine Menge über unsere Gesundheit aussagen – von der vorhergegangenen Mahlzeit (s. u.) über STDs (Sexually Transmitted Diseases = sexuell übertragbare Krankheiten) bis hin zu Nierenfunktionsstörungen.
Dazu muss man freilich die Zeichen zu deuten wissen: Wie hat ein gesunder Urin eigentlich auszusehen bzw. zu riechen? Und welche Warnzeichen sollte man tunlichst nicht ignorieren? Zur schnellen Ersteinschätzung gibt es Urin-Teststreifen, anhand derer auch Laien erkennen können, ob bspw. rote oder weiße Blutkörperchen, Glukose, Proteine etc. im Urin zu finden sind und welchen pH-Wert er aufweist.
Dieser Auftrag geht an die Nieren
Wie so vielen meiner Patient:innen war auch Tanja gar nicht klar, wie Urin überhaupt gebildet wird. Vereinfacht gesagt, handelt es sich dabei um filtriertes Blut.
Zur Klarstellung: Unser gesamtes Blut fließt mehrere Male pro Tag durch die Nieren, deren Aufgabe darin besteht, es zu filtern. Die Nieren sind sehr komplexe Organe, die über mehrere Schritte verschiedene Stoffwechselprodukte und Toxine resorbieren und sezernieren, so dass am Ende aus Blut Urin entsteht.
Falls Sie die Funktionsweise Ihrer Nieren genauer interessiert, bitteschön:
Wasserhell ist das klare Ideal
Man kann den Urin nach mehreren Kriterien untersuchen – eines der ältesten ist vielleicht der Geschmackstest! Tanja riss ungläubig und etwas angeekelt die Augenbrauen hoch, aber Tatsache ist: Bereits in der Antike erkannten Ärzte einen Diabetes mellitus u. a. daran, dass der Urin auffallend süß war. Dies erklärt auch den Namen, denn Diabetes mellitus heißt so viel wie „honigsüßer Durchfluss“.
„Naja, wenn’s der Wahrheitsfindung dient …“, merkte Tanja spöttisch an, aber ich spürte, dass sich ihr bei der Vorstellung der Magen umdrehte. „Der Geschmack ist aber nicht der einzige Indikator für die ,Zuckerkrankheit‘“, schränkte ich ein: Ein starker Harndrang und stechender Durst gehören nämlich auch dazu.
Auch wenn Tanja mir signalisierte, dass sie jetzt schon „bedient“ war, wollte ich ihr (und Ihnen) den Grund für dieses besondere „Geschmackserlebnis“ nicht vorenthalten: Bei einem Diabetes mellitus findet sich aufgrund des Insulinmangels viel mehr Glukose im Blut als bei Gesunden, weil sie schlechter von den Zellen aufgenommen werden kann. Ergo wird sie vermehrt in den Urin abgegeben. Mehr zum spannenden Thema Diabetes finden Sie übrigens hier:
… und hier:
Eine kleine Farblehre
Das Folgende habe ich meiner empfindsamen Patientin nur beiläufig erzählt, aber ich finde das Thema interessant und nutze die Gelegenheit, hier etwas weiter auszuholen: Grundsätzlich gilt, dass eine Verfärbung des Urins nicht immer gleich besorgniserregend sein muss. So können z. B. verschiedene Lebensmittel und Medikamente den Urin verfärben, ohne dass gleich die Alarmglocken schrillen müssen. Gibt es allerdings keine Erklärungsansätze dieser Art, ist es besser, professionellen Rat einzuholen.
Besonders gern gesehen ist natürlich ein klarer, leicht gelblicher, fast durchsichtiger Urin, weil das bedeutet, dass genug getrunken wurde. Geschieht dies nicht, kann der Urin eine dunkelgelbe bis braune Färbung aufweisen, weil er dann sehr konzentriert ist und das farbgebende Bilirubin (ein Abbauprodukt des Hämoglobins) dominanter ist. Aber Achtung: Wenn die dunkle Farbe trotz vermehrtem Trinken bleibt, kann auch eine Erkrankung der Leber oder Gallenwege die Ursache sein.
Ist der Urin hingegen rötlich, kann dies auf eine Einblutung hindeuten. Noch gravierender ist es, wenn der Urin braun bis schwarz verfärbt ist (ohne dass z. B. Medikamente eingenommen wurden, bei denen eine solche Verfärbung als Nebenwirkung auftreten kann). In dem Fall gilt es dringend abzuklären, ob nicht eine schwerwiegendere Erkrankung (wie z. B. Hautkrebs) vorliegt. Grünlich oder bläulich verfärbter Urin wiederum kann auf seltene genetische Erkrankungen hindeuten.
Nehmen Sie ruhig mal ’ne Nase!
Gesunder Urin ist meist geruchlos, kann aber nach dem Verzehr von bestimmten Lebensmitteln kurzzeitig auch mal einen anderen Geruch annehmen. Wer kennt das nicht: Nach einem Spargelessen ist der Urin wasserhell und riecht … nach Spargel, wenn auch leicht schweflig.
Ähnliches passiert nach Gerichten mit viel Zwiebel und / oder Knoblauch. Und wer gern und viel Kaffee oder Alkohol trinkt, muss damit rechnen, dass der Toilettengang eine olfaktorische Zumutung sein kann – unangenehme Gerüche als Tribut für den Abusus.
Riecht der Urin aber nach Ammoniak, spricht das eher für eine bakterielle Harnwegsinfektion oder (seltener) für einen Vitamin-D-Mangel. Auch dies ein wichtiges Indiz, um entsprechende therapeutische Maßnahmen zu erwägen.
Gelegentlich kann der Urin auch an acetonhaltigen Nagellackentferner erinnern, was – wie beim schäumenden Urin – harmlose Ursachen haben, aber durchaus auch ein Zeichen für einen unentdeckten Diabetes mellitus sein kann.
Bei einem „fauligen Geruch“ ist erst recht Aufmerksamkeit gefordert, weil dies im schlimmsten Fall auf einen tumorbedingten Zellzerfall hinweisen kann.
Von locker-flockig bis aufgeschäumt
Dass auch die „Konsistenz“ bei einer Urinuntersuchung aufschlussreich sein kann – dafür war meine Patientin der beste Beweis. Zwar lag bei ihr keine Trübung vor, wie sie z. B. durch Blutbestandteile oder pathogene Erreger ausgelöst werden kann (das wäre dann ein Hinweis auf eine potenzielle Infektion der Harnwege), aber ihr Eindruck, dass ihr Urin „schäumte“, ließ mich auf eine „Proteinurie“ tippen.
Hier wurde Tanja hellhörig: „Ja, dieser Schaum … genau das ist ja bei mir der Fall“, stoppte sie mich und schaute mich fragend an: „Was ist denn eine … Proteinurie? Ist das was Schlimmes?“
„Das kommt darauf an“, sagte ich und versicherte ihr, dass hinter so einer vermehrten Ausscheidung von Eiweiß (nichts Anderes verbirgt sich hinter einer Proteinurie) häufig ein harmloser Auslöser wie etwa Stress stecken könne.
„Im Rückblick lässt sich Vieles früh erkennen“
D. Prassler
Gleichzeitig sollte aber auch eine ernstzunehmende Nierenerkrankung als mögliche Ursache mitbedacht werden: Wenn nämlich Proteine nicht mehr ausreichend zurückgehalten und vermehrt ausgeschieden werden, deutet dies auf eine Störung der Filterfunktion der Nieren hin.
Zu den „harmlosen“ Auslösern einer Proteinurie zählen beispielsweise auch besondere sportliche Anstrengungen. Weiter kam ich nicht, denn Tanja outete sich als Triathletin, die in ihrer Freizeit viel und ausgiebig Sport treibe.
Sie war sichtlich erleichtert, dass dies eine mögliche Erklärung für den „aufschäumenden Charakter“ ihres Urins sein könne. Da sie aber nach eigener Aussage in schöner Regelmäßigkeit unter einer Zystitis (Blasenentzündung) zu leiden hatte und ihr in der Vergangenheit öfter Antibiotika verschrieben worden waren, drängte ich sie zu einer Stuhlprobe.
Warum die Zystitis überwiegend als „Frauenleiden“ gilt, habe ich übrigens hier erklärt:
Was den unerwünschten Bakterien einfällt
Warum ich in ihrem Fall eine Stuhluntersuchung für angebracht hielt? Fest steht, dass unser Mikrobiom durchaus Einfluss auf die Nierenfunktion oder auch die Entstehung von Infektionen der Harnwege hat. So gilt z. B. als gesichert, dass eine Dysbiose, also eine gestörte Zusammensetzung des Darmmikrobioms, nicht selten mit einer Nierenerkrankung korreliert.
Ein möglicher Grund dafür ist die Bildung von nierenschädigenden Giftstoffen im Darm – ausgelöst durch eine Fehlansiedelung von unerwünschten Bakterienstämmen. Mehr dazu können Sie auch hier nachlesen:
Vor allem bei der Entstehung der lästigen Blasenentzündungen – Tanjas Achillesferse – spielt das Mikrobiom eine wichtige Rolle. Haupterreger von Blasenentzündungen ist der Keim E. Coli, der vom Darm aus über die Scheide die Harnröhre erreicht, sich dort in den Zellen einnistet und dann zu Entzündungen führen kann.
Die Vagina selbst hat übrigens ihr ganz eigenes Mikrobiom, hauptsächlich bestehend aus Laktobazillen, die eine protektive Wirkung haben und den pH-Wert im Intimbereich stabilisieren, was es pathogenen Erregern erschwert, eine Infektion auszulösen.
Bekannt ist aber, dass sowohl die Darmflora als auch das vaginale Mikrobiom durch Antibiotika geschädigt werden können, weswegen man besonders nach häufigen Antibiotika-„Kuren“, wie sie Tanja aufgrund ihrer wiederkehrenden Blasenentzündungen durchmachen musste, den Laktobazillen mehr Beachtung schenken sollte.
Der Blasenentzündung ein Schnippchen schlagen!
Ob sie „die Pille“ nehme, wollte ich noch wissen. Tanja bejahte und musste sich von mir anhören, dass auch dies die Scheidenflora aus dem Gleichgewicht bringen kann. Ich riet ihr daher, ihrem Intimbereich mit OMNi-BiOTiC® FLORA plus+ etwas Gutes zu tun. Damit würde sie sich nämlich nicht nur gezielt die dringend benötigten Milchsäurebakterien zuführen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit für künftige Harnwegsinfektionen dezimieren.
„Wenn damit meine größten ,Baustellen’ behoben werden können – gern“, freute sich Tanja.
Gegen die Auswirkung ihres beinahe täglichen „Auspowerns“ beim Sport habe ich Tanja noch das OMNi-BiOTiC® Power empfohlen.Körperliche (aber auch mentale) Belastung schädigt nämlich auf die Dauer den Darm! Große Anstrengung reduziert die Durchblutung im Verdauungstrakt – manchmal um bis zu 80%. Die Leistungsfähigkeit leidet, Müdigkeit macht sich breit.
Ihre Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten ist für sie natürlich besonders wichtig. Ich ermahnte sie aber auch, es mit dem Sport nicht zu übertreiben. Ständig Höchstleistung zu bringen schadet eher, als das es dem Körper nützt.
Darüber habe ich mich hier ausgelassen:
Und dass die Zusammensetzung des vaginalen Mikrobioms ganz direkt auch einen Kinderwunsch beeinflussen kann („Bei mir erst mal nicht der Fall“, fiel mir Tanja sofort ins Wort) habe ich hier in aller Ausführlichkeit beschrieben:
Zum Abschied legte ich meiner Patientin noch dringend die Lektüre meines Blogs zur Zystitis (s. o.) ans Herz, weil dort eine Menge nützlicher Tipps zur Prophylaxe und für den Akutfall versammelt sind. Ich drückte ihr ein Röhrchen für die Stuhlentnahme in die Hand und erklärte, wie und wann sie die Probe in die Post geben solle. Sobald der Befund da sei, solle sie sich wieder melden, damit wir das weitere Vorgehen besprechen könnten.
Ich hoffe, dass auch Sie nach dieser Lektüre animiert sind, ihrem Urin etwas mehr Beachtung zu schenken, denn: Im „Rückblick“ lässt sich so Manches früh erkennen!
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
Urin Untersuchung
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.
Danke für die wertvollen Tipps, wie man zukünftige Harnwegsinfektionen vorbeugen kann. Ich habe seit letzter Woche wahrgenommen, dass der Farbton meines Harns nicht der Normalität entspricht. Da ich mir langsam Sorgen mache, werde ich diesbezüglich am besten einen Fachmediziner für urologische Beschwerden suchen.
Der Urologe wird wahrscheinlich ein Urinsediment anlegen, also den Urin auf feste Bestandteile untersuchen. Farbveränderungen ergeben sich aber auch abhängig von verzehrten Lebensmitteln und getrunkenen Flüssigkeitsmengen.