Dass Zucker nicht gerade durch gesundheitsfördernde Eigenschaften glänzt, hat sich bis in die allerletzten Winkel der Gesellschaft herumgesprochen. Jetzt ist es „amtlich“, dass ein dauerhafter Softdrink-Konsum zu Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa führen kann.
Hm, es kommt mir beinahe so vor, als ob ich an dieser Stelle schon mal über die verheerenden Folgen einer zuckerreichen Ernährung geschrieben hätte. Stimmt, u. a. hier:
Und mein Video über „Zucker, die bittere Pille für das Mikrobiom“ wurde sogar bereits über 80.000 mal geklickt! Wer auch nur ansatzweise mit offenen Augen die Medienlandschaft durchstreift, kommt an der breiten gesellschaftlichen Diskussion über die Konsequenzen eines ausgeprägten Zuckerkonsums nicht vorbei.
Nun bin ich auf eine Studie* gestoßen, in der ein Forscher-Team vom Southwestern Medical Center in Houston, Texas, explizit dem Zusammenhang zwischen „Softdrinks“ (Süßgetränken) und der Entwicklung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nachging.
Die Prämisse dürfte uns allen bekannt sein: „Eine zuckerreiche Diät stimuliert die Vermehrung von Darmbakterien, die die Schleimschicht im Dickdarm zerstören.“
Auch dass sie „damit eine Entzündung fördern, die dem Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa zugrunde liegt“, erscheint logisch.
Zwar gibt es für die Entstehung eines Morbus Crohn nicht nur einen einzigen Auslöser, aber dass dabei stets eine Dysbiose im Spiel ist, die es den Bakterien erleichtert, in das Darmepithel einzudringen, können Sie hier nachlesen:
Nun sind aber gerade in den letzten Jahren in westlichen Ländern vermehrt entzündliche Darmerkrankungen aufgetreten, und zwar „in immer früherem Lebensalter und manchmal sogar bei Kindern“.
Dies weckte das Erkenntnisinteresse der Mediziner (die genaue Ursache dieser beiden Erkrankungen ist noch unerforscht), und wie dies so üblich ist, wurden Tests an Mäusen durchgeführt, um die Hypothese zu erhärten, dass „eine Störung der Schleimbarriere Auslöser für das Eindringen von Bakterien in die Schleimhaut“ sei, was dann zu einer der beiden entzündlichen Darmerkrankungen führen könnte.
Die armen Nager müssen’s mal wieder testen
So sah der Versuchsaufbau aus: „Die Tiere wurden über 7 Tage mit einer 10-prozentigen Zuckerlösung ernährt, was nach Ansicht der Forscher klinisch relevant ist, da viele Softdrinks 15 % Zucker enthalten. Danach wurde den Tieren Dextransulfat-Natriumsalz (DSS) gegeben, was bei den Tieren eine schwere Kolitis mit Blutungen, Durchfällen, Gewichtsverlust und einer Verkürzung des Darms auslöste. Tiere, die vorher normal gefüttert wurden, zeigten keine Reaktion auf DSS.“
Interessant ist schon, dass „die Zuckerlösung keine direkten Schäden an der Schleimhaut verursachte. Sie löste weder eine Entzündung aus noch gab es Hinweise auf eine Störung der Barrierefunktion.“ Was sich allerdings massiv verändert zeigte, war die Darmmikrobiota: „Die Darmbakterien reagierten schon nach wenigen Tagen auf das veränderte Nährstoffangebot. Einige Bakterien vermehrten sich stärker, andere gingen zurück.“
„Schutzlos dem Angriff der Bakterien ausgesetzt“
Dies ist genau die Kettenreaktion, die letztlich doch die Schleimhaut unter Stress setzt, denn: „Zu den Bakterien, die sich durch die Zuckerlösungen ausbreiten konnten, gehörten Spezies, die die Schleimschicht auf dem Epithel angreifen. An einigen Stellen kam es zu einer regelrechten Erosion des Mukus (Schleims). Das Epithel war dann schutzlos dem Angriff der Bakterien ausgesetzt.“
Welche schwerwiegenden Folgen schon durch minimale Veränderungen der Schleimhaut entstehen können, habe ich hier schon einmal beschrieben:
Auffällig war das Ergebnis insbesondere bei Nagern, die „keimfrei aufgezogen wurden und deshalb keine Darmbakterien haben“:
„Wenn die Tiere eine Stuhltransplantation von Spendertieren erhielten, deren Mikrobiom zuvor durch eine zuckerhaltige Ernährung gestört wurde“, löste dies zuverlässig eine Kolitis aus und diente so als „plausible Erklärung für die Beobachtung in epidemiologischen Studien, die Morbus Crohn und Colitis ulcerosa mit einer zuckerhaltigen Ernährung in Verbindung bringen“.
Wie es wissenschaftlicher Brauch ist, wurde das Ergebnis eher vorsichtig formuliert: „Der häufige Konsum von Süßgetränken könnte zu einer Störung der Darmflora führen.“
Fakt ist allerdings auch aus Sicht der Forscher: „Es kommt zu einer Ausbreitung von Bakterien, die die Mukusschicht ausdünnen und die Schleimhaut an einigen Stellen bloßlegen.“
Und wenn es erst mal so weit gediehen ist, braucht es nicht mehr viel Fantasie, sich die Folgen vorzustellen: „Dort könnten dann normale Darmbakterien die typischen Läsionen der entzündlichen Darmerkrankungen auslösen.“
Es ist also nicht übertrieben, wenn ich immer wieder prinzipiell zu einer gesunden Ernährung mit möglichst wenig Zucker rate und vor einem Vitalstoffmangel warne. Auch an dieser Stelle daher ein Hoch auf Multispezies-Probiotika! Damit unterstützen wir unsere Mikrobiota und haben ausreichend freundliche Darmbakterien, die die Schleimhaut schützen. Wenn wir dann noch unsere Darmbakterien durch ihre Lieblingsspeisen verwöhnen (sprich: Ballaststoffe), beugen wir auch aktiv vielerlei Erkrankungen vor. Bleiben Sie gesund und munter!
Herzlich, Ihre
Dagmar Praßler
* Alle Zitate entstammen einem Bericht im „aerzteblatt“ aus 2020:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=1&nid=117935&s=S%FC%DFgetr%E4nke