Machen wir uns nichts vor: Ist die Thrombose erst mal da, kommt man um blutverdünnende Medikamente nicht herum. Besser ist es, die Risikofaktoren zu kennen und sich rechtzeitig entsprechend zu verhalten …
„Eigentlich dachte ich ja, dass ich mit meiner Vaskulitis schon genug gestraft wäre, aber als dann vor drei Wochen noch ’ne Thrombose bei mir diagnostiziert wurde, war mir so, als müsste ich bald den Löffel abgeben!“ So theatralisch eröffnete meine Patientin Petra* (44) unser Gespräch in der Praxis. Nun, ich denke, so dramatisch wird es wohl nicht sein, aber eine Thrombose hat durchaus ihre Tücken.
Immer wieder hatte Petra wegen der autoimmunen Entzündungen ihrer Gefäße meinen Rat gesucht – darüber später mehr. Aufgefallen seien ihr jetzt vor allem Schmerzen im linken Unterschenkel und eine leichte Schwellung. „Als ich mir dann ans Bein fasste, fühlte sich der Unterschenkel ganz warm an“, schilderte sie die ersten Anzeichen. „Das kam mir so komisch vor, dass ich gleich am nächsten Morgen zu meiner Hausärztin gegangen bin, und die hat auch sofort auf ’ne Thrombose getippt.“
Es war also tatsächlich eine der am häufigsten betroffenen Stellen, an der sich bei Petra ein solches Blutgerinnsel gebildet hatte. Warum ausgerechnet in einer Beinvene? Weil das Blut hier gegen die Schwerkraft in Richtung Herz „von unten nach oben“ weitertransportiert werden muss.
Wenn man bedenkt, dass kleine Thrombosen häufig unbemerkt bleiben und sich von selbst wieder auflösen, deuteten Petras Symptome schon auf ein größeres Gerinnsel bzw. eine „tiefe Venenthrombose“ hin, denn nur die würde jene Schmerzen und Schwellungen auslösen, die bei meiner Patientin die Alarmglocken schrillen ließen. Beides deutliche Zeichen, dass der Blutfluss behindert wird.
Symptome bei einer tiefen Venenthrombose
- Schmerzen in Bein oder Hüfte
- Schwellungen
- Spannungsgefühl
- Warme, gerötete Haut
- Druckempfindlichkeit
- Muskelkrämpfe
Zudem gibt es gar nicht selten auch thrombotische Verschlüsse der Analvenen und – spätestens seit Covid-19 allseits bekannt – Sinusvenenthrombosen, die den Blutabfluss aus dem Gehirn behindern. Hinzu kommt, dass nicht nur Venen betroffen sein können: Auch in Arterien oder sogar in dem Herzen können sich Thrombosen bilden.
Doch zurück zur tiefen Venenthrombose, wie sie bei meiner Patientin vorlag. Häufig folgt darauf – oft erst Wochen oder Monate danach – das sogenannte postthrombotische Syndrom (PTS), das die Schädigungen der Gefäßwände oder Venenklappen nach einer Thrombose noch einmal zu Tage treten lässt.
Beim PTS können ähnliche Symptome wie bei der eigentlichen Thrombose auftreten: das Bein schwillt an, fühlt sich schwer an und schmerzt. Es kann aber auch zu Hautverfärbungen, Juckreiz und Ausschlag kommen. Um zu vermeiden, dass sich eine chronische Wunde bildet, sollte Petra daher bei ersten Anzeichen für ein PTS schleunigst ärztlichen Rat einholen.
Es war nicht zu übersehen, dass meine Patientin erst jetzt so richtig das Ausmaß so eines Vorfalls erkannte. Ich beruhigte sie mit dem Verweis auf die Existenz gerinnungshemmender Medikamente, wie sie z. B. nach operativen Eingriffen prophylaktisch verabreicht werden, um das Risiko für eine tiefe Venenthrombose zu senken.
Das Wandern ist des Thrombus’ Lust
Dass der Entstehungsort eines Thrombus und der Ort des Gefäßverschlusses nicht immer identisch sind, macht leider auch die Gefährlichkeit aus: So ein Blutpfropf kann sich schließlich auch von der Gefäßwand lösen, mit dem Blutstrom weitertransportiert werden und schließlich an einer ganz anderen Stelle im Körper zu Problemen führen!
Das nennt man Embolie, und die kann leicht lebensgefährlich werden, denn solche „wandernden“ Blutgerinnsel können Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Lungenembolien auslösen. Jedes kleinste Anzeichen einer Thrombose sollte also unbedingt abgeklärt werden.
Drei Gründe für ein erhöhtes Thromboserisiko
Die wichtigsten Faktoren für die Entstehung von Thromben sind eine erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes, eine verlangsamte Fließgeschwindigkeit an der betroffenen Stelle oder Schäden der Gefäßwände. Beeinflusst werden diese Ursachen allerdings durch eine ganze Reihe von Faktoren …
All dies kann zur Thrombusbildung führen:
- Langes Sitzen oder Stehen (typisch sind z. B. Beinvenenthrombosen nach langen Flugreisen, wenn eine Vene im Bereich der Kniekehle länger komprimiert wird)
- Medikamente (z. B. Kontrazeptiva)
- Schwangerschaft
- Künstliche Herzklappen oder Stents in Gefäßen (bis die „Fremdkörper“ gut in die Gefäßwand eingewachsen sind, besteht Gefahr, dass an der Stelle Gerinnungsprozesse angestoßen werden – die eigentliche Gefäßwand ist ja beschädigt)
- Erkrankungen wie Diabetes oder Tumore
- Erbliche Gerinnungsstörungen oder Störungen der Blutbildung
- Dehydration
- Rauchen
- Gefäßveränderungen, z. B. Krampfadern
„Was es nicht alles gibt“, entfuhr es Petra, „aber eine Sache hab’ ich bei der Aufzählung vermisst: die Vaskulitis. Kann die denn nicht auch meine Thrombose ausgelöst haben?“
Ich musste ihr Recht geben: Auch Entzündungsprozesse verändern schließlich die Gefäße und können die Blutgerinnung beeinflussen. Mittlerweile weiß man außerdem: Entzündungsprozesse beeinflussen die Gerinnung nicht nur lokal, sondern auch über Prozesse im Darm.
Wie der Darm in die Blutgerinnung eingreift
Petras fragenden Blick nahm ich zum Anlass, etwas ausführlicher (und nur zu gern) auf die Rolle des Darms einzugehen, denn natürlich kann auch das Mikrobiom zur Entstehung von Thrombosen beitragen. Dabei spielt neben der Diversität unserer Darmbakterien auch die Ernährung eine große Rolle.
Man weiß, dass unsere westliche Ernährungsweise reich an Cholin (Lecithin) und Carnitin ist. Das ist per se sehr gut – vorausgesetzt, wir haben die richtigen Bakterien im Darm, wie wir gleich noch sehen werden. L-Carnitin kann der Körper selbst herstellen, wir finden zudem große Mengen davon in Fleisch, vor allem in Rind- und Schaffleisch. L-Carnitin ist ein vitaminähnlicher Stoff, den die Mitochondrien (die Kraftwerke in unseren Körperzellen) benötigen, um aus Fettsäuren Energie produzieren zu können.
Cholin kommt meist gebunden als Lecithin in Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Sojaprodukten, Eiern, Hülsenfrüchten und Kohl vor. Eier liefern hierbei den größten Cholin-Anteil. Eine körpereigene Synthese findet nur im sehr geringen Umfang statt. Cholin wird in unserem Stoffwechsel zu Acetylcholin umgewandelt. Das ist ein enorm wichtiger Neurotransmitter (Botenstoff des Nervensystems), also essenziell für die Leistungen aller Nerven, des Gehirns und für die Stabilität unserer Psyche.
Auch Cholin ist wichtig für den Fettstoffwechsel, es transportiert die Fettsäuren (Triglyceride) aus der Leber an die im Körper benötigten Stellen. Funktioniert das nicht, verfettet die Leber.
So weit, so prima.
Einige Darmbakterien können nun aus Carnitin und Cholin potenziell giftige Stoffe produzieren: das Trimethylamin TMA, das wiederum in der Leber oxidiert wird und sich dann TMAO nennt. Dieses TMAO stellt in hohen Konzentrationen einen Risikofaktor für Herz-/Kreislauf-Erkrankungen dar. Es wird mit Entzündungen, Übergewicht und einer Veränderung der Blutgefäße in Verbindung gebracht.
Neben TMAO stellen Darmbakterien, vor allem die aus der Gruppe der Enterobakterien, Lipopolysaccharide (LPS) her. Man geht davon aus, dass diese Verbindungen aus Zucker- und Fettanteilen einer der wirksamsten Mechanismen des Mikrobioms sind, Vorgänge im ganzen Körper zu beeinflussen.
Gerade bei einer schon angegriffenen und durchlässigeren Darmbarriere, einem „Leaky Gut“, gelangen diese Lipopolysaccharide schnell in den Blutkreislauf. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier:
Jede Entzündung ruft körpereigene Abwehrkräfte auf den Plan
In den Blutgefäßen können diese Lipopolysaccharide dann über bestimmte Rezeptoren an den Gefäßwänden zu einer Freisetzung von Entzündungsfaktoren führen. Diese Entzündungsfaktoren führen dazu, dass vermehrt Zellen des Immunsystems zur Hilfe gerufen werden.
So werden zum Beispiel neutrophile Granulozyten, die Bakterien abwehren sollen, angelockt, um unter anderem über die Ausbildung spezieller „Fangnetze“ Krankheitserreger einzufangen.
Mittlerweile weiß man, dass dabei auch die Blutgerinnung angeregt werden kann – hier besteht also gleichzeitig die Gefahr einer Thrombosenbildung! Außerdem können die im Darm gebildeten Lipopolysaccharide selbst zu vermehrter Aktivierung der Blutplättchen führen und so die Bildung von Blutgerinnseln begünstigen.
Schon bei ihrem letzten Besuch wegen ihrer Vaskulitis hatte ich Petra ein umfassendes Konzept zur Behandlung ihres Leaky Gut empfohlen. „Zuerst sollte ich ja das OMNi-BiOTiC® 10 einnehmen, um meine Darmbarriere zu stärken. Das hab’ ich auch regelmäßig genommen und sehr auf meine Ernährung geachtet, meine Bauchschmerzen waren danach praktisch verschwunden.“
Anschließend war sie auf OMNi-BiOTiC® SR-9 und zuletzt auf OMNi-BiOTiC® 6 umgestiegen, um gezielt gegen ihre Entzündungen vorzugehen. Auch das hatte sie brav befolgt, gab aber etwas kleinlaut zu, seit ca. einem Jahr keines der beiden Probiotika mehr einzunehmen. „Auch mit meiner Ernährung bin ich etwas nachlässiger geworden, ich schätze, das muss ich nun ausbaden“, vermutete sie.
Womöglich hatte Petra damit recht, ich ermahnte sie jedenfalls, in Zukunft doch wieder mehr auf die Bedürfnisse ihrer Darmbakterien zu achten. Da der TMAO-Wert in Petras Laborbefund positiv war, riet ich ihr jetzt zu OMNi-BiOTiC® HETOX, dem Multispezies-Probiotikum, dessen Bakterien insbesondere die Leber unterstützen.
Eine fitte (nicht fette!) Leber kann die Oxidation des TMA verhindern – und so die Blutgefäße schützen. Außerdem verdrängen die enthaltenen Bakterien die unguten Kollegen, die TMA und/oder Lipopolysaccharide freisetzen. Welche anderen Tipps ich Petra mitgegeben hatte, als ihr Immunsystem die eigenen Blutgefäße angegriffen hatte, können Sie übrigens hier nachlesen:
Entzündungen an der Wurzel packen
Außerdem würde sich eine abwechslungs- und ballaststoffreiche Ernährung positiv auf ihren Darm und die Entzündungsprozesse in Petras Körper auswirken. Was genau zu einer solchen darmfreundlichen Ernährung gehört, können Sie hier nachlesen:
„Also diesen Schlendrian werde ich ab jetzt nicht mehr zulassen“, nahm sich Petra vor und wollte anschließend von mir wissen, was sie sonst noch tun könne, um ihr Thromboserisiko zu senken. „Wissen Sie, der Gedanke lässt mich einfach nicht los, dass es noch mal zu so ’ner Thrombose kommen könnte …“
So banal es auch klingen mag: Um Thrombosen vorzubeugen, empfehle ich, einfach die schon genannten Risikofaktoren zu beachten. Während man gegen bereits implantierte Stents in Gefäßen schlecht etwas tun kann, lassen sich andere Faktoren durchaus reduzieren.
Zu langes Sitzen z. B. verliert seine „thrombotischen Schrecken“, wenn man regelmäßig aufsteht und sich ein wenig bewegt. Um das in ihrem Büroalltag nicht zu vergessen, sollte sich Petra gerade am Anfang einen wiederkehrenden Alarm auf ihrem Handy einrichten.
Auch ein kurzes Hochlegen der Beine, sofern dies am Arbeitsplatz oder bei sitzender Tätigkeit zu Hause möglich ist, wäre hilfreich. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe kleiner Übungen zur Aktivierung der Muskelpumpe, die den Bluttransport gegen die Schwerkraft unterstützt.
Es genügt manchmal schon, sich im Stehen mit eng zusammenstehenden Füßen im Wechsel auf die Zehenspitzen zu stellen und den Fuß danach sofort wieder zu senken. Eine ähnliche Bewegung mit wiederholtem Anziehen der Zehenspitzen ist auch im Liegen möglich.
Körperliche Aktivität ist das A und O
… will man Thrombosen vermeiden. Dies kann auf Dauer die Durchblutung verbessern und so das Risiko senken. Dazu gehört natürlich auch ein gesunder Lebensstil, das Vermeiden von Übergewicht und der Verzicht auf Alkohol- und Nikotin-Abusus.
Was häufig zu kurz kommt, ist eine ausreichende Trinkmenge. Dies ist deshalb so wichtig, weil Flüssigkeit das Blut verdünnt und dünnflüssiges Blut das Risiko für Blutgerinnsel deutlich senkt.
Liegt eine Veranlagung für Krampfadern vor, sind Kompressionsstrümpfe empfehlenswert. Der durch die engen Strümpfe ausgeübte Druck ermöglicht einen ausgeglicheneren und etwas beschleunigten Blutfluss in den Beinvenen. Gerade auf längeren Reisen oder nach Operationen sollte – Krampfadern hin oder her – so ein „Anti-Thrombose-Strumpf“ Verwendung finden.
Nun, Krampfadern hatte Petra noch nicht bei sich entdecken können, aber sie versprach, im Büro künftig regelmäßige Bewegungspausen einzubauen, nicht zu lange „am Stück“ zu sitzen und ihre Darmbakterien „nach Strich und Faden zu verwöhnen“, wie sie es von mir gelernt hatte. Und natürlich würde sie bei den ersten Anzeichen einer weiteren Thrombose sofort bei ihrer Hausärztin auf der Matte stehen.
Wenn Sie diesen Blog schon länger verfolgen, bergen all diese Ratschläge für einen gesunden Lifestyle ja nichts Neues für Sie. Aber ist es nicht gut zu wissen, dass Sie damit gleichzeitig proaktiv einer Thrombosebildung vorbeugen?
Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
Thrombose Bein Anzeichen
In meinem Blog beschreibe ich regelmäßig Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Neben den von mir beschriebenen Produkten gibt es fast immer auch weitere von anderen Herstellern.
Es handelt sich in den Beschreibungen um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie grundsätzlich ärztlichen Rat oder den einer Heilpraktikerin / eines Heilpraktikers einholen.
Im Wechsel zu den Berichten aus der Praxis widme ich mich hier aber auch (unter dem Rubrum „News“) aktuellen Studien, die ich für erwähnenswert halte oder einen direkten Bezug zum Mikrobiom haben. Auch hier handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge