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Mein Patient Oliver W. (37) erinnerte sich bei seiner Morbus Crohn-Diagnose an seinen geliebten Dalmatiner. Eine ungewöhnliche Verbindung.
Vor ein paar Wochen hatte ich von meinem neuen Patienten Oliver berichtet, der mich unter anderem wegen schleimig-blutiger Durchfälle und extrem heftiger, kolikartiger Bauchschmerzen konsultierte.
Die Schilderung seiner Beschwerden sprach für eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) wie Colitis Ulcerosa (CU) oder Morbus Crohn (MC). Da die Symptome bei CU und MC sehr ähnlich sind, bedurfte es dringend einer gastroenterologischen Abklärung. Mehr zu seiner Geschichte und der Diagnostik von CEDs finden Sie auch hier:
Der Umstand, dass Oliver von Blut im Stuhl berichtete, ließ mich zwar zunächst an Colitis Ulcerosa denken, weil diese Symptomatik bei CU häufiger auftritt als bei Morbus Crohn. Allerdings sollte sich mein ursprünglicher Verdacht nicht bestätigen – ein sofort veranlasstes Blutbild gab den entscheidenden Hinweis: Es zeigte neben Entzündungsmarkern einen eindeutigen Nährstoffmangel. Der aber lässt eher auf Morbus Crohn schließen (weiter unten gehe ich darauf noch näher ein).
Froh zu sein bedarf es wenig
Als Oliver kurze Zeit später wieder bei mir in der Praxis erschien, war ich natürlich gespannt, was der Gastroenterologe diagnostiziert hatte. „Einerseits bin ich ja froh, dass ich nun endlich weiß, warum es mir die ganze Zeit schon so schlecht geht“, meinte er. Doch als er den Befund „Morbus Crohn“ nannte, verdüsterte sich seine Miene. „Die Vorstellung, vom Rachen bis zum After Entzündungsherde haben zu können, erinnert mich irgendwie an meinen Dalmatiner“: Meinem erstaunten Blick begegnete er mit: „Naja, der hat auch Flecken von der Schnauze bis zum Hintern, wenn auch äußerlich“. Na, glücklicherweise hatte Oliver seinen Humor nicht verloren.
Das ist gut so, denn diese Krankheit schwingt im Alltag ein strenges Zepter, und Betroffene müssen erst mal den Verzicht auf die gewohnte Unbeschwertheit „verdauen“. Hinzu kommt, dass Darmkrankheiten noch nie als Party-Thema getaugt haben – sprich: Es fällt selbst im Freundeskreis schwer, sich als MC-Patient*in zu „outen“.
Morbus Crohn wurde übrigens bereits im 17. Jh. beschrieben; 1932 veröffentlichte Dr. Burill B. Crohn eine Beschreibung mehrerer Erkrankter, später wurde die Erkrankung nach ihm benannt.
Wen es trifft und warum
Von Morbus Crohn sind meistens Kinder und junge Erwachsene im Alter von 15-35 Jahren betroffen. Etwa 150 von 100.000 Menschen leiden darunter. Die Gründe für die Ausbildung eines Morbus Crohn sind nicht genau bekannt, allerdings gibt es Risikofaktoren wie das Rauchen, die die Entstehung begünstigen.
Als gesichert gilt auch, dass eine entsprechende genetische Disposition die Entwicklung eines Morbus Crohn wahrscheinlicher macht. So tritt offenbar bei ca. 50% der Patienten eine Mutation des NOD2-Gens auf – ein „Rezeptor für Fremdstoffe im angeborenen Immunsystem“ (Wikipedia).
Früher wurde Morbus Crohn (wie auch andere CED) zu den klassischen Autoimmunerkrankungen gezählt, was aber nach aktuellem Forschungsstand nicht mehr der Wahrheit entspricht. Laut neueren Erkenntnissen handelt es sich bei Morbus Crohn um eine sogenannte „komplexe Barriereerkrankung“.
Die Darmbarriere habe ich hier beschrieben:
„Fehlt das ,Verteidigungsmolekül‘, haben pathogene Keime leichtes Spiel“
Die Entstehung von Morbus Crohn ist multifaktoriell, es gibt also nicht nur einen einzigen Auslöser. Fakt ist allerdings, dass der Manifestation der Erkrankung eine veränderte Zusammensetzung der Bakterien (Mikrobiota) vorausgeht. Da Bakterien und wichtige Immunzellen im Darm (wie auf allen Schleimhäuten) eng zusammenarbeiten, führt ihr Fehlen dazu, dass die Epithelzellen der Darmschleimhaut zu wenig Beta-Defensine produzieren.
Humane Defensine sind Teil des angeborenen Immunsystems, also ein wichtiges Verteidigungsmolekül. Ist dieses nicht ausreichend vorhanden, sind krankmachenden und entzündungsfördernden Keimen im wahrsten Sinne des Wortes Tür und Tor geöffnet. Das führt auch zu weiteren Entzündungen im Körper!
So treten extraintestinale Manifestationen wie Erythema nodosum und Arthritis bei über 50% der Patienten auf und gehen dabei in ihrer Ausprägung mit der Entzündungsaktivität im Darm einher.
Hinzu kommt, dass bestimmte Immunzellen im Darm nur noch bedingt fähig sind, pathogene Bakterien zu erkennen und zu bekämpfen. Zudem lässt sich eine veränderte Schleimschicht auf der Darm-Mukosa erkennen, und charakteristisch ist eben auch eine gesteigerte Permeabilität (Durchlässigkeit) des Darmepithels, also ein Leaky-Gut-Syndrom, das ich hier genauer beschrieben habe:
In der Folge verändert sich die Darmflora – eine Dysbiose entsteht. Dies wiederum erleichtert den Bakterien, in das Darmepithel einzudringen, was dann eine Entzündungsreaktion und lokale Gewebsschädigungen hervorruft.
Obwohl Morbus Crohn nicht mehr als Autoimmunerkrankung bezeichnet wird, kann sie dennoch durch eine fehlgeleitete Aktion des Immunsystems ausgelöst werden – etwa eine Infektion durch bestimmte schädliche Keime, auf die die körpereigenen Abwehrkräfte übermäßig stark reagieren.
Irgendwo zwischen Mund und After
Prinzipiell kann MC im ganzen Verdauungstrakt auftreten – also irgendwo zwischen Mund und After. Hauptsächlich sind aber der letzte Abschnitt des Dünndarms (Ileum) und der Dickdarm betroffen. Wenn ein Darmbereich entzündet ist, dann ist nicht nur die Schleimhaut entzündet: Alle Wandschichten werden in Mitleidenschaft gezogen. Grundsätzlich gilt auch, dass sich gesunde und erkrankte Darmteile abwechseln können. So kam ja überhaupt erst die Assoziation meines Patienten mit den Flecken seines Dalmatiners zustande.
Wenn die Morbus-Crohn-Diagnose relativ früh im Verlauf gestellt wird, lässt sich der erste Schub ziemlich schnell unterbinden. Da die Symptome meist schubweise auftreten, ist das natürliche Ziel, die beschwerdefreien Phasen so lange wie möglich zu erhalten. Wenn es nicht gelingt, die Schübe möglichst kurz zu halten, die Symptome also mindestens ein halbes Jahr lang andauern, spricht man von einem chronisch-aktiven Verlauf. Leider trifft dies auch auf Oliver zu, hat er doch schon seit längerer Zeit Beschwerden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sein Morbus Crohn einen chronischen Verlauf nimmt, ist daher hoch. Umso wichtiger erscheint eine enge, behutsame Begleitung – nicht nur, aber besonders in psychologischer Hinsicht.
Gut für die mentale Stabilität
So hatte Oliver darüber geklagt, wie sehr ihn seine Symptome psychisch belasten würden. Vor allem bei seiner Arbeit als Verkaufsleiter in einem Sportartikelgeschäft fühlte er sich dadurch noch mehr gestresst als sonst. Ganz oben auf dem Zettel für die Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen steht bei mir daher das Multispezies-Probiotikum OMNi-BiOTiC® SR-9 mit B-Vitaminen, dessen Wirkung ich mehrmals in meinen Blogs beschrieben habe – z. B. hier:
Zwar soll man eigentlich im Akutfall keine Probiotika einnehmen, aber ich kenne dieses Produkt lange genug, um die Wirkung einschätzen zu können: OMNi-BiOTiC® SR-9„schmiert“ gewissermaßen die funktionelle Verbindung zwischen Darm und Gehirn und nimmt so dem mentalen Stress eines „frisch Diagnostizierten“ die Spitze. Bei seiner Rückmeldung nach drei Wochen bestätigte mir Oliver dann auch, dass sich sein Gesamtzustand – körperlich wie seelisch – spürbar gebessert habe!
Sehr empfindlichen Patient*innen gebe ich in akuten Phasen ihrer CED OMNi-BiOTiC® PANDA. Es ist eigentlich ein „Säuglings-Probiotikum“ und reguliert bereits zu Beginn des Lebens das Immunsystem. Dieser „back to the roots“-Effekt ist auch bei Erwachsenen hilfreich:
Wie bereits erwähnt, litt Oliver unter chronischem, blutig-schleimigem Durchfall, was im Zusammenhang mit seiner Diagnose allerdings eher selten ist. Durchfall ist durchaus typisch für MC, dieser ist jedoch meistens unblutig. Während eines Schubes kann dieser drei bis sechs Mal am Tag auftreten. Ebenfalls recht typisch sind die kolikartigen Bauchschmerzen im rechten Unterbauch, die an eine Blinddarmentzündung denken lassen können.
Morbus Crohn Diagnose
Auf meine Frage, ob der Arzt bei Oliver auch Abszesse (Eiteransammlungen) oder Fisteln festgestellt hätte (Letztere sind Verbindungen zu anderen Organen, entweder in die Bauchhöhle oder nach außen), verneinte er dies zwar. Erwähnenswert ist aber, dass Fisteln – v. A. im Analbereich – häufig erste Anzeichen von Morbus Crohn sind.
Weitere mögliche Symptome bei Morbus Crohn:
-Übelkeit bis hin zum Erbrechen
-Blähungen
-Fieber
-Müdigkeit, Abgeschlagenheit
-Augenentzündungen
-Muskel- und Gelenkentzündungen
-Entzündung der Gallenwege (häufiger bei Colitis Ulcerosa)
-Hautveränderungen
-Gewichtsabnahme
Eine typische Stelle für Hautveränderungen sind vor allem die Unterschenkel, wo sich in Verbindung mit MC öfter das Unterhautfettgewebe entzündet.
Bei Morbus Crohn Symptomen regiert der Mangel!
Die Entzündungen, besonders im Bereich des Dünndarms, haben gravierende Folgen: Sie verhindern nämlich, dass die Darmwand ausreichend Spaltprodukte der Nahrung aufnehmen kann. Dies führt zum sogenannten Malabsorptionssyndrom, der wiederum zu Gewichtsverlust führt – zum einen, weil viele Patienten aus Angst vor Schmerzen nicht ausreichend essen, zum anderen, weil durch die Durchfälle viele Nährstoffe verloren gehen.
So entsteht schnell ein Nährstoffmangel – auch durch die schlechtere Resorption der Spaltprodukte. Besonders der Zinkhaushalt wird sehr in Mitleidenschaft gezogen, was sich ebenfalls durch Hautveränderungen zeigt – z. B. an der Mundschleimhaut. Langfristig kann auch ein Kalziummangel mit daraus resultierender Osteoporose auftreten.
Auch ein Vitamin-B12-Mangel ist nicht selten. Sollte dieser in Verbindung mit einem Eisenmangel auftreten, kann es zu einer Anämie kommen. Eine Anämie, zu deutsch „Blutarmut“, hat eine Verminderung der Hämoglobin-Konzentration im Blut zur Folge. Bei Kindern übrigens manifestiert sich das Malabsorptionssyndrom häufig auch als Wachstumsstörung.
Das Blutbild von Oliver zeigte einen eklatanten Nährstoffmangel und bestätigte die Diagnose des Facharztes. Wäre der Nährstoffmangel nämlich weniger stark oder kaum ausgeprägt, hätte dies eher auf eine Colitis Ulcerosa hingewiesen, bei der viel eher der Dickdarm entzündet ist, was dann keine allzu großen Auswirkungen auf die Nahrungsresorption hätte. In Olivers Fall war der Nährstoffhaushalt freilich schon durch den chronischen Durchfall durcheinandergeraten.
Erholung mit Tücken
Da die Entzündungen im Darm meistens schubweise auftreten, gibt dies dem Darm immer wieder die Möglichkeit der Selbstheilung. Dadurch entstehen aber häufig Narben, die an einer ungünstigen Stelle sogar einen Darmverschluss (Ileus) hervorrufen können, der dann operativ behandelt werden muss.
Grundsätzlich wird versucht, die Schübe anhand von Kortikosteroiden unter Kontrolle zu bekommen. Dennoch müssen viele Patient*innen im Laufe ihrer Erkrankung operiert werden – sei es zur Resektion betroffener Darmabschnitte oder zur operativen Behandlung möglicher Begleiterscheinungen.
Menschen, die unter Morbus Crohn leiden, tragen ein leicht erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Dies sollten Betroffene auf jeden Fall im Hinterkopf behalten und sich regelmäßig untersuchen lassen, um diese Eskalation früh zu erkennen und das Risiko möglichst gering zu halten.
Den Stress-Level proaktiv verringern
Auch wenn Morbus Crohn (noch) nicht heilbar ist, lässt sich einiges tun, um den Schweregrad möglichst niedrig zu halten. Da bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen psychosoziale Faktoren eine wesentliche Rolle spielen, riet ich Oliver dazu, neben der Einnahme von OMNi-BiOTiC® SR-9 (s. o.) auch andere Methoden zu beherzigen, mit denen sich sein Stress-Level reduzieren ließe. Zur Auswahl nannte ich ihm:
- Meditation
- Autogenes Training
- Progressive Muskelentspannung
Die wichtigste Maßnahme, um die Beschwerden zu lindern, besteht natürlich in einer Ernährungsumstellung! Dies gilt für Morbus Crohn wie für jede Darmerkrankung. In erster Linie gilt es den Magen-Darm-Trakt zu schonen, d. h. aufmerksam auf Unverträglichkeiten zu achten und bewusst nährstoffreich zu essen.
Zu Beginn seiner Therapie habe ich Oliver mit Infusionen unterstützt, die genau die Nährstoffe enthalten, die ihm fehlen.
Eine Lanze für Glutamin
Ergänzend zu OMNi-BiOTiC® SR-9 habe ich Oliver L-Glutamin von metacare® verschrieben. L-Glutamin ist in allen Schleimhäuten vorhanden, insbesondere der Darmschleimhaut. Es ist ein zentraler Metabolit (Abbauprodukt von Stoffwechselvorgängen) für alle Lebewesen.
Insbesondere der Dünndarm braucht für seine Leistung viel Glutamin. Gleichzeitig leiden gerade Morbus-Crohn-Patient*innen an einem eklatanten Mangel dieser wichtigen Aminosäure. Bei der chronisch entzündlichen Darmerkrankung ist der Darm auf eine gesteigerte Glutamin-Zufuhr zur Behebung des Entzündungsschadens angewiesen.
Auch die Zufuhr von Zink ist insbesondere für Morbus-Crohn-Patient*innen wichtig.
Hier gibt es einige gute Präparate. Sehr gut resorbiert werden Zink-Gluconate.
Grundsätzlich empfahl ich Oliver außerdem, lieber mehrere kleine als wenige große Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Um seinen Darm zu schonen, sollte er zudem saure oder scharfe Gerichte unbedingt auf die Tabu-Liste setzen.
Als gut verträgliche Lebensmittel gelten hingegen:
-Obstkompott
-Gegartes Gemüse
-Fein gemahlenes Getreide
-Nicht frittierte Kartoffelprodukte wie Salzkartoffeln, Püree etc.
-Mageres und zartes Fleisch
-Fettarm zubereiteter Fisch
https://www.crohn-colitis-info.at/leben-mit-der-erkrankung/ernaehrung/essen
Zusätzlich bieten sich auch Präparate mit entzündungshemmender Wirkung an. Dazu gehören Wirkstoffe wie Weihrauch, Myrrhe und Kamille, wie etwa in Myrrhinil-Intest® enthalten. Dadurch können oftmals die Beschwerden wie Durchfälle und Bauchschmerzen gelindert werden.
So konnte ich meinem Patienten etwas Mut machen und das Gefühl geben, dass er einiges tun könne, um die leidige Krankheit auf ein erträgliches Maß zu drücken.
Die Diagnose Morbus Crohn ist für Betroffene zweifellos erstmal ein herber Schlag. Da ist es tröstlich zu wissen, dass selbst in so einer Situation die Komplementärmedizin noch einiges „in petto“ hat. Passen auch Sie gut auf Ihre Freunde im Darm auf, füttern Sie sie immer „artgerecht“ und bleiben Sie gesund!
Herzlich
Ihre
Dagmar Praßler
* Name geändert
In meinen Blogs beschreibe ich Erfahrungen aus meiner Praxis, insbesondere den Verlauf einiger konkreter Behandlungen. Ich weise darauf hin, dass die beschriebenen Verläufe Einzelfälle sind und keine allgemein verbindlichen Rückschlüsse daraus gezogen werden können. Andere Menschen können anders reagieren, auch wenn sie die gleiche Behandlung erfahren. Es handelt sich um meine subjektiven Wahrnehmungen, ein Heilversprechen ist darin nicht zu sehen. Bei Beschwerden sollten Sie einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Bei meinen Blogs handelt es sich ausschließlich um redaktionelle Beiträge. Neben den beschriebenen Produkten gibt es noch weitere von anderen Herstellern.